Asyl- und Flüchtlingspolitik in Europa: Grenz- statt Menschenschutz?

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Im Jahr 2010 waren weltweit rund 44 Millionen Menschen auf der Flucht. Nach Einschätzungen des UNHCR fanden vier von fünf Flüchtlingen Zuflucht in einem Entwicklungsland, wo die Flüchtlinge unter oft widrigsten Verhältnissen überleben müssen. Die Bereitschaft der Industrieländer, Flüchtlinge auf ihren Territorien aufzunehmen und in ihre Gesellschaften zu integrieren, ist dagegen nach wie vor enttäuschend gering.

Auch die Europäische Union hat im letzten Jahrzehnt die Abschottung ihrer Grenzen immer weiter vorangetrieben, und ist weiterhin wenig geneigt, ihre Aufnahmekapazitäten zu erweitern und damit die Bemühungen internationaler Organisationen, Flüchtlingen aus Konfliktregionen einen sicheren Bleibeort zuzuweisen, zu unterstützen. So werden derzeit lediglich 6% (in Zahlen 4.700) der Aufnahmeplätze weltweit für die Umsiedlung von Flüchtlingen und Asylsuchenden in sichere Länder von den 27 EU-Ländern bereitgestellt. Auf diesem beschämend niedrigen Bereitschaftsniveau sind Anerkennungsverfahren und –quoten sowie die Lebensbedingungen von Asylsuchenden in den einzelnen EU-Ländern immer noch höchst uneinheitlich. Und obwohl sich die Europäische Union seit 1997 mit dem Vertrag von Amsterdam eine Harmonisierung der Flüchtlingsschutz- und Asylpolitik mit hohen menschenrechtlichen Standards zum Ziel gesetzt hat, scheint die Praxis eher weiter auseinander zu driften.

Deutschland, weit entfernt von den Grenzen Europas, hat sich schon 1993 mit dem so genannten Asylkompromiss eine Asylpolitik verordnet, die vor allem auf die Abwehr von Flüchtlingen setzt. Zentrales politisches Instrument ist hier das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLg), das die sozialen Lebensbedingungen von Flüchtlingen in Deutschland regelt. Nicht zuletzt aufgrund des zivilgesellschaftlichen Widerstands gegen die repressiven und inhumanen Vorschriften dieses Gesetzes steht seine Reform auf der politischen Agenda. Welche Vorschriften müssen aufgehoben werden? Und ist überhaupt ein Gesetz nötig, um den Flüchtlingen ein selbstbestimmtes Leben und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen? Muss nicht den jahrzehntelang „geduldeten“ Flüchtlingen in Deutschland endlich ein Bleiberecht eingeräumt werden?

In diesem Dossier werden diese Dynamiken in Europa und Deutschland analysiert, einzelne Entwicklungen und Missstände hervorgehoben und Ansätze eines Politikwechsels vorgestellt.

 

Produktdetails
Veröffentlichungsdatum
2011
Herausgegeben von
Heinrich-Böll-Stiftung
Seitenzahl
66
Inhaltsverzeichnis
  • Grenzen & Flucht
  • Rechtlicher Schutz & Hürden
  • Flüchtlinge in Deutschland
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