Warum es gut ist, dass Deutschland ein Antidiskriminierungsgesetz hat

 

1) Gleichbehandlung als gesellschaftspolitisches Ziel
Das Gesetz ist Ausdruck des politischen Willens, für das gesellschaftliche Ziel der Gleichbehandlung einzutreten. Es verbietet grundsätzlich, dass jemand aufgrund einer rassistischen oder ethnischen Diskriminierung, des Geschlechts, der Religion oder der Weltanschauung, bei Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität ungerechtfertigt benachteiligt wird.

2) Verbesserung des Rechtsschutzes für Diskriminierungsopfer
Das Gesetz gibt Betroffenen einen gegenüber den bisherigen rechtlichen Möglichkeiten verbesserten Rechtsschutz durch stärkere eigene Rechtsansprüche, so dass sie gegen Diskriminierungen in Zukunft wirksamer vorgehen können.

3) Stärkung von Grund- und Menschenrechten und Demokratie
Das Gesetz stärkt Grundrechte und Demokratie in Deutschland, indem es dem Einzelnen eine bessere Rechtsposition gegenüber Diskriminierenden verschafft. Es setzt Artikel 3 Grundgesetz, der unmittelbar lediglich die öffentliche Gewalt bindet, insoweit um, als dass das Diskriminierungsverbot jetzt auch im Arbeitsleben und im Zivilrecht gilt. Es ist damit eine Fortentwicklung der Menschenrechtspolitik über den rein staatlichen Bereich hinaus.

4) Unterstützung der Betroffenen
Das Gesetz wird dazu beitragen, dass betroffene Menschen für ihre Rechte eintreten, weil sie den Gesetzgeber und die Justiz auf ihrer Seite wissen. Sie werden bei ihrer Rechtsdurchsetzung durch Verbände, kommunale Antidiskriminierungsstellen, Nichtregierungsorganisationen und die Antidiskriminierungsstelle des Bundes unterstützt.

5) Verbesserte Teilhabechancen für alle Bürgerinnen und Bürger - Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts
Das Gesetz verbessert durch die Sicherung einer diskriminierungsfreien Chancengleichheit die Rahmenbedingungen für die Integration aller Menschen in die Gesellschaft. Es erhöht die faktischen Teilhabechancen aller Bürgerinnen und Bürger an gesellschaftlich relevanten Märkten (Wohnungsmarkt, Arbeitsmarkt, Waren und Dienstleistungen etc.).
Das Gesetz trägt zu einer konstruktiven Lösung von Konflikten bei und schafft somit die Voraussetzungen für ein spannungsfreieres Zusammenleben.

6) Sensibilisierung für unbewusste Diskriminierungen
Die Diskussion des Gesetzes sowie seine Anwendung wird das Problembewusstsein insbesondere auch bei der Mehrheitsgesellschaft schärfen und für – oftmals unbeabsichtigte – unmittelbare und mittelbare Diskriminierungen sowie Belästigungen im Alltagsleben sensibilisieren. Das Gesetz wird damit dazu beitragen, vorhandene Vorurteile in unserer Gesellschaft stärker bewusst zu machen und zu verringern. Den ArbeitgeberInnen wird aufgegeben, entsprechend präventiv tätig zu werden. 

7) Weiterentwicklung des horizontalen Diversity-Ansatzes
Das AGG wird zu einer stärkeren Vernetzung der im Zuständigkeitsbereich tätigen Nichtregierungsorganisationen führen. Dies bietet die Möglichkeit in einer stärker zielgruppenübergreifenden Vernetzung den horizontalen Ansatz in der Bekämpfung von Diskriminierungen fortzuentwickeln. Es geht zunehmend darum, von den jeweiligen Arbeitsansätzen zu lernen und zielgruppenübergreifende Kenntnisse auszutauschen.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wird durch einen Beirat beraten, in dem wichtige gesellschaftliche Kräfte, darunter die Tarifpartner, vertreten sind. Sie sind damit eingebunden in ein Netzwerk zur Aufklärung der Allgemeinheit und zur Unterstützung der Betroffenen.

8) Prävention gegen Gewalt wegen Fremdenfeindlichkeit
Vorurteile und Diskriminierungen stehen oft am Anfang gewaltsamer Übergriffe auf Menschen. Das Gesetz ist daher längerfristig ein wichtiges Element bei der Bekämpfung von Gewalt Menschen, die als „fremd“ oder „anders“ wahrgenommen werden. Dies gilt insbesondere im Kampf gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus.
 
9) Beginn der Entwicklung einer Antidiskriminierungskultur
Mit dem Gesetz wird auch in Deutschland beginnen, was bereits seit längerem in England, in den USA und in den skandinavischen Staaten Alltag ist: Eine Antidiskriminierungskultur, in der es selbstverständlich ist, dass sich Betroffene gegen Diskriminierungen zur Wehr setzen und in der sich Staat und Wirtschaft verantwortlich zeigen müssen, dass es nicht zu Diskriminierungen kommt.

10) Förderung gesellschaftlicher Vielfalt
Das Gesetz ist ein Baustein zur Unterstützung der gesellschaftlichen Vielfalt in Deutschland und zur Unterstützung des Managing-Diversity-Konzeptes in Unternehmen. Es schafft die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür, dass die Menschen in unserer Gesellschaft ihre individuellen Talente und Potenziale frei von Vorurteilen, Diskriminierungen und Belästigungen entfalten und einbringen können. Damit sind Chancen für wirtschaftlichen Gewinn in einem zukunftsfähigen, weltoffenen Standort Deutschland verbunden.

 

Bild entfernt.

Andreas Merx ist Politologe und Antidiskriminierungsexperte.