Managing Diversity und Intercultural Mainstreaming in deutschen Bibliotheken: Ein Plädoyer für eine veränderte Organisationskultur

von Wolfgang Kaiser

„Eine erfolgreiche Umsetzung von Diversity Management in Bibliotheken zeigt sich darin, dass das deutsche Bibliothekswesen als aufgeschlossen und weltoffen allen gegenüber gilt, attraktive Arbeitsplätze und Aufstiegschancen für unterschiedliche Talente und ebenso attraktive Angebote für NutzerInnen bietet.“ Hans Jablonski

Während sich Unternehmen und öffentliche Verwaltungen hierzulande bereits seit einiger Zeit mit dem Thema Intercultural Mainstreaming, Interkulturelle Öffnung und Diversity Management beschäftigen, sind Bibliotheken als Arbeitgeber und Dienstleister für eine heterogene Bevölkerung erst dabei sich allmählich zu öffnen. Bislang gab es noch keine weitreichenden Maßnahmen, die ganzheitlich von den Verbänden und der Politik strategisch gefördert werden. Die Entscheidung, ob sich eine Bibliothek interkulturell öffnet liegt in den meisten Fällen bei den Kommunen. Deshalb können Kommissionen oder Verbände eine bestimmte Richtung vorgeben, Empfehlungen aussprechen, aber bei der Umsetzung bestimmter Maßnahmen haben meist nur die Städte und Gemeinden die letzte Entscheidungsbefugnis. Im Fokus stehen sehr häufig Angebote eines mehrsprachigen Medienbestands und oder die frühkindliche Leseförderung (insbesondere für Kinder aus Zuwandererfamilien).

Bisher gibt es im deutschsprachigen Raum noch keine Zielgruppenarbeit mit der LGBT-Community (Abkürzung für die im angloamerikanischen Raum gebräuchliche Bezeichnung von Zielgruppen wie „lesbian, gay, bisexual und transgender“), die beispielsweise in Großbritannien (z.B. in Brighton) erfolgreich praktiziert wird. Das Potential zur Gewinnung von Senioren/Älteren NutzerInnen einer öffentlichen Bibliothek wird mehr und mehr genutzt. Menschen mit Behinderung tauchen meist nur als Zielgruppe auf, wenn es um speziell angepasste Medien (z.B. Bücher in Großbuchstaben oder Bücher in Brailleschrift) geht oder um RollstuhlfahrerInnen, die einen barrierefreien Zugang zur Bibliothek benötigen. Stellenausschreibungen im Bibliotheksbereich enthalten zunehmend AGG-konforme Formulierungen (Vgl. Kursawe 2010), welche die Gleichstellung und Chancengleichheit aller BewerberInnen betonen.

Die USA und Großbritannien als Vorreiter Diversity
Die Grundlage einer Bibliotheksarbeit, welche gleichermaßen Vielfalt und Chancengleichheit fördert und wertschätzt, bildete der im Jahre 1964 verabschiedete „Civil Rights Act“ aus den USA. Ende der 1970er Jahre, stellte Josey, ein afroamerikanischer Bibliothekar fest, dass in den meisten Organisationsstrukturen und -kulturen Frauen und ethnische Minderheiten in leitenden Führungspositionen der Bibliotheksverwaltung unterrepräsentiert sind. Während der Regierungszeit der ehemaligen US-Präsidenten Bush Senior und Clinton gab es einen Paradigmenwechsel von Affirmative-Action-Programmen hin zu Diversity-Konzepten. In der Zwischenzeit wurde durch den Amerikanischen Bibliotheksverband (ALA) damit begonnen die Politik der Vielfalt im dortigen Bibliothekswesen zu fördern. Die Umsetzung wurde 1997 durch die sogenannte “Spectrum-Initiative“ weiter vorangetrieben. Hierzu wurde beispielsweise ein “Staff Diversity and Inclusion Plan“ entwickelt, der mehr Angehörige der afroamerikanischen Community, der „Native Americans“ und US-AmerikanerInnen mit asiatischem und hispanischem Zuwanderungshintergrund für die Mitarbeit an Bibliotheken zu gewinnen. Das Leitbild der ALA sieht vor, allen NutzerInnen ungeachtet deren geographische Herkunft, deren Staatsangehörigkeit, die aufgrund von Behinderung, Ethnizität, sexueller Orientierung, Alter, Sprache oder sozialer Klasse diskriminiert werden, anzusprechen und diese Gruppen explizit zu fördern.

Seit 1998 verfügt der Amerikanische Bibliotheksverband über ein Büro für Diversity-Angelegenheiten , dessen Aufgaben die Ermittlung von Bedürfnissen und die Förderung von Vielfalt sind, die sich aus der Heterogenität der Bevölkerung und Mitgliederschaft ergibt. Weitere Aufgaben sind die Zusammenstellung von Best Practice Beispielen, welche als Service den Mitgliedern zur Verfügung gestellt werden. Hinzu kommen Mentoring-Programme und Stipendien, die an ethnische Minderheiten gerichtet sind, welche im Berufsfeld BibliothekarIn noch unterrepräsentiert sind. Es gibt zahlreiche Aktivitäten, Programme, Stipendien und Auszeichnungen, welche eine Erleichterung der Erhöhung von Vielfalt dieser Profession ermöglichen sollen. Hinzu kommt eine jährlich beim US-amerikanischen BibliothekarIntag der American Library Association stattfindende “Diversity-Messe“. Sie bietet einen Best Practice Austausch und die Möglichkeit erste berufliche Kontakte zu knüpfen. Zwei der wichtigen Diversity-Arbeitskreise sind der “Ethnic and Multicultural Information Exchange Round Table“  und der „Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender Round Table“  (Vgl. Kaiser 2008).

Großbritannien als Best Practice Beispiel im europäischen Bibliothekswesen
In Großbritannien wird gezielt ein ganzheitlichliches „Intercultural Mainstreaming“  im Bibliothekswesen verfolgt und eine jährliche Diversity Konferenz abgehalten. Mit dem Beginn der Regierungszeit Tony Blairs wurde an Bibliotheken, Museen und Archiven verstärkt eine Gleichstellungspolitik betrieben. Hinzu kommt der im April 2010 verabschiedete „Equality Act“, der sich zum Ziel setzt die bisherige Gesetzgebung zu vereinfachen und zu stärken, um ein modernes und zugängliches Rahmengesetz gegen Diskriminierung zu werden. Die Vergabe öffentlicher Gelder hängt in Großbritannien oftmals davon ab, ob Vielfalts- und Gleichberechtigungsquoten erfüllt werden. Öffentlichen Institutionen kann Geld verweigert werden, wenn nicht genügend Angehörige ethnischer Minderheiten an deren Aktivitäten partizipieren (Vgl. Nielitz-Hart, Hart 2009). Im europäischen Bibliothekswesen gilt deshalb Großbritannien als Paradebeispiel einer gelungenen Politik der Vielfalt. Diese Errungenschaften und erreichten Ziele werden derzeit von der neuen Regierung Cameron teilweise unterminiert. Ein weiteres Merkmal sind die weit verbreiteten needs-based-assesments, aus denen hervorgeht welche Bedürfnisse einzelne Gruppen eines Einzugsgebiets einer Bibliothek haben.

Die Situation der Bibliotheken in Deutschland - Interkulturalität statt Multikulturalität
“Libraries are not very keen on groupes, which don’t give a great output.”
John Vincent am 28.05.2010 in Stratford-Upon-Avon anlässlich des Deutsch-Internationalen Bibliotheksaustauschs

Bis weit in die 1980er Jahre waren Begrifflichkeiten wie „Bibliotheksdienste für Ausländer“ gebräuchlich. In der Folgezeit setzte sich die Bezeichnung „multikulturelle Bibliotheksarbeit“ durch, welche außerhalb des deutschsprachigen Sprachraums auch heute noch verwendet wird. Schneehorst merkte 2009 an, dass in Zukunft mehr mit Menschen mit Zuwanderungshintergrund diskutiert werden müsse, als nur über sie. 1992 stellte Carstensen  einen Fragenkatalog auf, ob sich der Berufsstand BibliothekarIn „befremden“ lässt, wie sie es nannte. Einige der Fragen können 19 Jahre später mit „Ja“ beantwortet werden. Doch es sind vor allem die heute noch aktuellen Fragenblöcke, welche bislang vernachlässigt und wenig beachtet wurden: Inwiefern wird versucht, im kulturellen Bereich mit ausländischen Vereinen/Institutionen, einzelnen Gruppen zusammenzuarbeiten; Räumlichkeiten anzubieten? Inwieweit sind Feste/Traditionen anderer Kulturen bekannt? Wie werden diese in die Programmarbeit miteinbezogen? Wird die (multikulturelle) Zielsetzung der Bibliothek von allen MitarbeiterInnen selbstverantwortlich mitgetragen?

Deren Antworten und deren konsequenten Verankerung in der Fort- und Weiterbildung könnten den eigenen Berufsstand mehr interkulturell öffnen und ein Stück weit gerechter gestalten. Bezugnehmend auf eine den dritten Frageblock Carstensens‘ kennt der Autor hierzulande nur eine Bibliothek (Hannah-Arendt-Bibliothek, Hannover), die Biodeutschen die Kulturen, Traditionen, Feste und Gebräuche von Neu-Deutschen verschiedenster Herkunft näherbringt.

Die Diskussion um interkulturelle Öffnung in Deutschland am Beispiel der Bibliotheken, Verbände und BibliothekarInnen
"Interkulturelle Öffnung und Teilhabe", interkulturelle oder Diversity-Kompetenz werden in vielen Kommunen diskutiert. Bibliotheken stehen (noch) nicht im Fokus der Überlegungen, als kommunale Einrichtungen sind sie jedoch ebenfalls betroffen.“

So lautet ein Statement auf der Webseite des deutschen Bibliotheksverbands (Kompetenznetzwerk für Bibliotheken). Bei der Vernachlässigung von Stuttgart, Hamm, Nürnberg, Heilbronn, München, Berlin, Hamburg, Frankfurt am Main und wenigen anderen Städten Deutschlands, in denen ein Diversity-orientiertes Personalmanagement ebenso die kommunalen Bibliotheken miteinbezieht, gibt es bislang noch zu wenig Städte, die sich interkulturell öffnen. Selbstverständlich gibt es auch einige wenige bikulturelle BibliothekarInnen mit polnischen, russischen oder türkischen Sprachkenntnissen. Es gab bereits Vorreiterbibliotheken in München, Berlin und Nürnberg, die schon vor 20-30 Jahren fremdsprachige Medien anschafften und mehrsprachige MitarbeiterInnen beschäftigten. Erst seit wenigen Jahren hat sich der Begriff der „interkulturellen Bibliotheksarbeit“ in Deutschland durchgesetzt. Lange Zeit wurde der Ausdruck „multikulturelle Bibliotheksarbeit“ verwendet, welcher heute mehr denn je als ein politisches Statement und als ein Reizwort verstanden werden kann (Vgl. Ulucan 2008).

Seit 2006 gibt es die Kommission “Interkulturelle Bibliotheksarbeit“ im Deutschen Bibliotheksverband (DBV). Auf der Webseite www.interkulturellebibliothek.de werden Materialien und Handlungsvorschläge zur freien Verfügung gestellt. Ihre Aufgabe wird wie folgt definiert:

[…] Sie regt interkulturelle Dienstleistungen in Bibliotheken an, und begleitet, evaluiert und dokumentiert sie. Sie entwickelt bibliothekarische Standards und Konzepte zu interkulturellen Bibliotheksangeboten weiter, und berät und unterstützt Bibliotheken in Sachen Einrichtung und Weiterentwicklung von interkulturellen Services. Sie vertritt die Thematik interkulturelle Bibliotheksarbeit in der (Berufs-) Öffentlichkeit, z.B. durch Vorträge und Diskussionsveranstaltungen auf Fachtagungen, durch Anregung und Organisation von Fortbildungsveranstaltungen und Veröffentlichung von Beiträgen in der Fachliteratur. Sie bindet deutsche Initiativen und Diskussionen in das internationale Netzwerk ein.

Diversität und Interkulturelle Kompetenz für (angehende) BibliothekarInnen
The professional commitment to serving patron communities, however, has never translated into librarianship becoming a truly diverse profession. A great number of studies document the lack of diversity among practicing librarians and library administrators, master students and doctoral students in library and information science (LIS) programs and faculty teaching in LIS programs.
(Vgl. Paul T. Jaeger, John Carlo Bertot and Renee E. Franklin 2010)

Das aus den USA kommende Zitat trifft noch umso mehr für das deutschsprachige Berufsfeld zu, da es hierzulande keine Maßnahmen und Förderprogramme gibt, welche unter (angehenden) BibliothekarInnen und Lehrenden der Bibliotheks- und Informationswissenschaften die Vielfalt erhöhen.

Ein Blick in das Curriculum angehender BibliothekarInnen an den unterschiedlichsten Bibliothekshochschulen, zeigt, dass die Vermittlung von interkultureller Kompetenz bzw. Diversity-Kompetenz kaum eine Rolle spielt, bis auf den Fachbereich Information der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg, der seit einigen Jahren hierzu Interkulturalitätstrainings zusammen mit anderen Fachbereichen durchführt (Vgl. Kaiser 2008). Bei Seminaren, die sich mit der gegenwärtigen pluralistischen Gesellschaft als Zielgruppe in Form von Bibliotheksdienstleistungen auseinandersetzen, gibt es ebenso nur eine Hochschule (Hochschule der Medien Stuttgart), die das Modul „Multicultural Services for multicultural populations“ bis vor kurzem angeboten hatte (Vgl. Kaiser 2010 a).

Eine wirkliche Zusammenarbeit auf der Ebene zwischen den Bibliotheks- und Informationseinrichtungen und den Hochschulen, welche BibliothekarInnen und InformationswissenschaftlerInnen ausbilden, existiert (noch) nicht. Bereits in der Ausbildung und im Studium zukünftiger BibliothekarInnen müsste der Berufsstand sich mehr „befremden“ lassen, wie es Carstensen 1992 formulierte.

Der niederländische Bibliotheksverband scheint sich bewusst, dass die imagebildende Außenwirkung der gesellschaftlichen Realität angepasst werden muss. So bildet er auf seiner Webseite «Ik werk bij de bibliotheek» BibliothekarInnen unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlichen Aussehens ab. Darunter sind auch zwei BibliothekarInnen türkischer und arabischer Herkunft, die explizit von ihrer Arbeit zum Beispiel der Leserförderung berichten. Eine öffentliche Sichtbarmachung des Berufes BibliothekarIn, der den in den Medien weit verbreiteten Klischees und Stereotypen nicht entspricht, könnte das Image verbessern und die Attraktivität der Bibliotheken und des Berufsstands insgesamt erhöhen. Ein positiver Nebeneffekt wäre auf lange Sicht eine größere Wertschätzung und ein größeres Potential an NutzerInnen, die mehr Milieus als bisher abdecken und einer pluralistischen Gesellschaft gerechter werden.

Welche Chancen für ein stärkeres Marketing zur Rekrutierung solcher StudentInnen und Auszubildenden ergeben sich daraus für Hochschulen und Bibliotheken?
2006 wurde in Dänemark eine speziell an MigrantInnen gerichtete Kampagne ins Leben gerufen, welche zum Ziel hatte junge mehrsprachige DänInnen mit  zu ermutigen Bibliothekswesen bzw. Bibliotheks- und Informationsmanagement zu studieren. Das dänische Ministerium für Flüchtlings-, Zuwanderungs- und Integrationsangelegenheiten hatte diese Kampagne in Zusammenarbeit mit der „Royal School of Library and Information Science“, der dänischen Gewerkschaft für BibliothekarInnen und deren Abteilung „Cross-Cultural-Librarianship“ (BITA) ins Leben gerufen. Hierzu wurden Flyer an Öffentlichen Bibliotheken ausgelegt, die zum Wohngebiet von einem höheren Anteil von Menschen mit Zuwanderungshintergrund zählen. Dadurch erhöhte sich der Anteil auf etwa 9 BewerberInnen, was in einem kleinen Land wie Dänemark schon als ein erster Erfolg bewertet werden kann. Das folgende Imagebild war Teil der Kampagne und sollte speziell junge Menschen mit Zuwanderungshintergrund ansprechen (Vgl. Kaiser 2008).

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Managing Diversity an Bibliotheken: Ansätze und Perspektiven für Deutschland
Beim Durchlesen verschiedener Leitbilder bzw. Proklamationen, in denen sich einzelne deutsche Stadtbibliotheken zu ihrer Diversitätspolitik bekennen, fallen auf, dass bestimmte Floskeln und Standardsätze wiederholt werden, die keinerlei Verbindlichkeit zur Folge haben, ähnlich wie die „Charta der Vielfalt“. Terkessidis merkte 2010 an, dass es sich dabei nur um eine symbolische Kampagne handele. Weiterhin fehlen standardisierten Audits und Evaluationsmessungen, welche darlegen, dass die Chancengleichheit und die Partizipationsmöglichkeiten in bestimmten Stadtteilen erhöht bzw. erreicht wurden. In Skandinavien und anderen Regionen Europas, aber auch aus Deutschland ist bekannt, dass Menschen mit Zuwanderungshintergrund die Stadtbibliotheken durchschnittlich häufiger nutzen als die biodeutsche Bevölkerung.

Ulucan kam 2008 in ihrer publizierten Masterarbeit „Interkulturelle Bibliotheksarbeit in Öffentlichen Bibliotheken – Plädoyer für einen Mentalitätswandel am Beispiel Berlins“ zu dem ernüchternden Fazit, dass interkulturelle Bestandskonzepte in Berlin auf den Fremdsprachenbedarf des „deutschen“ Bildungsbürgertums ausgerichtet. In Berlin und in den meisten Städten Deutschlands ist das bis auf wenige Ausnahmen strukturell immer noch zu beobachten. Das im Januar diesen Jahres inkraftgetretene „Berliner Partizipations- und Integrationsgesetz“ könnte bei einer ernsthaften und ganzheitlichen Umsetzung auch für die Bibliotheken Deutschlands ein Beispiel werden, wie die Verwirklichung einer Interkulturelle Öffnung möglich ist (Manap 2011). Bisher werden Forschungsergebnisse aus anderen Ländern, als auch von Bachelor- und MasterabsolventInnen von Seiten der Öffentlichen Bibliotheken und der Bibliothekswissenschaften noch zu selten berücksichtigt.

Öffentliche Bibliotheken in Deutschland werden unter den unflexiblen Bedingungen des öffentlichen Dienst- und Einstellungsrechts wohl nie das Niveau erfolgreicher Organisationen, die Diversity Management und Interkulturelles Mainstreaming betreiben, erreichen.

Der Zeitungsartikel „Mehrsprachig lesen: Vielfalt und Bücherwürmer“ aus der „Integrationszeitung“ (DasStandard) des Wiener Standard, in dem es um die Anwerbung von MitarbeiterInnen mit Zuwanderungshintergrund (insbesondere mit türkischer Muttersprache) geht, kann als ein Best Practice Beispiel betrachtet werden wie der aktuelle Stand an vielen deutschsprachigen Bibliotheken ist. Trotz aller Kritik gibt es an vielen Bibliotheken ein größeres Bewusstsein für den Erwerb und die Förderung der Muttersprachen ihrer NutzerInnen. Ein weiterer im Juni 2011 in der Berliner Zeitung erschienener Artikel „Mehr Migranten an die Ausleihe“ von Nikolaus Bernau zählt zu den wenigen Medienberichten, welche die Notwendigkeit einer Rekrutierung von Menschen mit mehrsprachigem Hintergrund erstmals thematisierten. Die Einstellung von Menschen, die aus bibliotheksfremden Berufen kommen gestaltet sich schwierig. Interkulturelles Lernen ist ein Prozess und was „Hänschen in der Bibliothekshochschule bzw. in der Ausbildung für Fachangestellte für Medien und Information nicht lernt, wird Hans nimmermehr lernen.“ Oftmals beklagen VertreterInnen des Berufsstandes, dass es schwierig bis unmöglich ist, alle MitarbeiterInnen einer Bibliothek davon zu überzeugen Interkulturalität zu verordnen und sich stärker mit dem Leitbild und dem Erwerb von Kompetenzen in diesem Bereich zu öffnen.

Fazit
In Zeiten knapper Kassen und klammer Kommunen, trifft es bei Sparmaßnahmen meist eher Bibliotheken als Theater oder andere Kultureinrichtungen, obwohl Bibliotheken von einem größeren Prozentsatz und unterschiedlicheren Milieus der Bevölkerung genutzt werden. In Stadtteil- und Gemeindebibliotheken, die einst von professionellen BibliothekarInnen geführt wurden, werden immer häufiger ehrenamtliche Kräfte eingesetzt und oftmals sogar ganz ersetzt. Es ist mehr und mehr Erhalt der Profession und dessen Attraktivität in Gefahr.

Nicht nur bei Menschen mit Zuwanderungsgeschichte gibt es Bedenken, was das Ergreifen des Berufs BibliothekarIn betrifft. Nach einer im Juni 2011 veröffentlichten repräsentativen Ver.di-Umfrage wurde deutlich, dass bei BibliothekarInnen Zufriedenheit, Begeisterung, Anerkennung und Verbundenheit mit ihrem Arbeitsplatz nur schwach ausgeprägt sind. Die Arbeitssituation liegt nahe an “Schlechter Arbeit“. Wenn sich diese Bedingungen nicht verbessern, wird es schwer werden Menschen mit Zuwanderungshintergrund für einen Beruf zu gewinnen, der im Vergleich zu anderen Studienberufen nicht besonders gut bezahlt ist, zweitens eine zunehmende Deprofessionalisierung erfährt und drittens äußerst geringe Aufstiegschancen bietet.

Bibliotheken können Orte sein, die Menschen unterschiedlichster Herkunft, Religion, unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher sozialer Schichten zusammenbringen und dazu beitragen Vorurteile und (Inter-) kulturelle Missverständnisse abzubauen, indem sie eine Willkommenskultur leben, wie sie Deutschland als “Einwanderungsland“ nie wirklich hatte.

Literatur

 

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Wolfgang Kaiser, Diplom-Bibliothekar und Autor von “Diversity Management - Eine neue Managementkultur der Vielfalt - für eine neues Image der Bibliotheken“. Er ist freiberuflich in der Jugend- und Erwachsenenbildung tätig.