INTEGRATIONSPOLITIK IN DEUTSCHLAND
Der Deutsche Integrationsgipfel |
Auf höchster politischer Ebene fand am 14. Juli 2006 der erste "Integrationsgipfel" im Kanzleramt statt. Kanzlerin Angela Merkel und Maria Böhmer, die Staatsministerin für Integration, haben 86 Gäste, darunter 30 VerteterInnen von Migrantenverbänden, eingeladen, um zentrale integrationspolitische Themen wie z.B. Bildungspolitik, Jugendförderung, Integrationskurse etc. zu beraten.
Schon der Titel der Veranstaltung erweckte hohe Erwartungen. Parteien und Verbände nutzten im Vorfeld des Gifels die Gelegenheit, sich zu positionieren. Das Präsidium der SPD verabschiedete Leitlinien zur Integrationspolitik, die Unionsfraktion das Positionspapier "Für einen Nationalen Aktionsplan zur Intergation". Die Fraktion von Bündnis90/Die Grünen hatte ihre Position mit dem Papier " Perspekitve Staatsbürgerin und Staatsbürger - Für einen gesellschaftlichen Integrationsvertrag" schon vor Wochen vorgestellt.
Auch viele Verbände äußerten sich im Vorfeld. So fragt beispielsweise die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften (GEW) in einer Pressemitteilung, ob "Einbürgerung nur noch ab Realschulniveau aufwärts?“ stattfinden solle und warnt vor integrationsfeindlichen Schnellschüssen wie zum Beispiel zu hoch angesetzten Sprachstandards, die eine ausgrenzende Wirkng haben könnten. Die Türkische Gemeinde Deutschlands (TGD), deren Vorsitzender Kenan Kolat zum Treffen eingeladen war, fordert in einem 30-seitigen Positionspapier, den künftigen Schwerpunkt der Integrationspolitik auf "Gleichstellungs- und Partizipationspolitik statt Ausländerpolitik" zu legen, während der Deutsche Caritasverband in seinen "Eckpunkten" aus Anlass des Gipfels betont, dass die aktuelle politische Konjunktur des Themas nicht den Blick dafür verstellen dürfe, dass Integration seit Jahren praktisch stattfinde: "Nach unseren Erfahrungen kann von einem generellen Scheitern der Integrationsbemühungen in Deutschland nicht die Rede sein." Vor allem Migrantenverbände, unter anderen VertreterInnen muslimischerorganisationen, beschwerten sich, nicht zum Gipfel eingeladen zu sein.
Unterschiedlich bewerteten die Gipfelteilnehmer auch den Verlauf des vierstündigen Gesprächs. Vor allem VertererInnen der Migranten waren unzufrieden damit, dass sie zu wenig zu Wort gekommen seien. Das Ergebnis begrüßen jedoch alle, dass nämlich jetzt die eigentliche Arbeit beginnen solle: sechs Arbeitsgruppen sollen bis zum nächsten Jahr Bausteine zu einem "nationalen Integrationsplan" erarbeiten . Themen der Arbeitsgruppen sind: Integrationskurse, Sprachförderung, Bildung und Ausbildung, die Lebenssituation von Frauen und Mädchen, Integration in den Städten und die Stärkung der Bürgergesellschaft.
Stellungnahmen zum Ersten Integrationsgipfel
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- SPD: Leitlinien zur Integrationspolitik
- Union: "Für einen Nationalen Aktionsplan zur Intergation".
- Bündnis90/Die Grünen: Perspektive Staatsbürgerin und Staatsbürger - Für einen gesellschaftlichen Integrationsvertrag
- GEW: Einbürgerung nur noch ab Realschulniveau aufwärts?
- TGD: Gleichstellungs- und Partizipationspolitik statt Ausländerpolitik
- Caritas: Integration zentrale Zukunftsaufgabe in Deutschland
Der zweite Integrationsgilfel
Ein Jahr später, am 12. Juli 2007, fand der zweite Integrationsgipfel statt. Ziel des Treffens war es einen Aktionsplan zu beschließen, der den Integrationsprozess durch die Verbesserung der Lebensbedingungen und Zukunftschancen der Einwanderer auf bessere Grundlagen stellt.
Doch im Vorfeld des Treffens gab es heftigen Streit: die vier großen Verbände der in Deutschland lebenden türkischstämmigen MigrantInnen (Föderation Türkischer Elternvereine in Deutschland, Türkisch-Deutsche Gesundheitsstiftung, Türkische Gemeinde in Deutschland, Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion DITIB) haben sich geweigert, am Integrationsgipfel teilzunhemen. Sie wollten damit ihre Ablehnung der Reform des kurz davor durch den Bundestag verabschiedete Zuwanderungsgetztes demonstrieren, das eine Ungleichbehandlung von MigrantInnen enthalte (siehe hierzu Beitrag Thorsten Jäger).
Das Gipfeltreffen fand ohne diese Verbände dennoch statt und die Bundeskanzlerin konnte das Ergebnis dieses Prozesses, den "Nationalen Integrationsplan" (NIP) der Öffentlichkeit vorstellen.
Lesen Sie unser Dossier Der Nationale Integrationsplan auf dem Prüfstand
Die Bundeskanzlerin Angela Merkel mit TeilnehmerInnen des Integrationsgipfels.
Vor dem dritten Integrationsgipfel: Ernüchternde Bilanz
von Mark Holzberger (weiter)