Bevor wir in diese Frage einsteigen, müssen wir kurz ein Paar Punkte klären, die für unsere Rechtslage wichtig und maßgeblich sind. Denn Visum ist nicht gleich Visum.
1. Kurzer oder langer Aufenthalt?
So werden wir immer danach unterscheiden müssen, ob der geplante Aufenthalt im Bundesgebiet kurzfristig oder langfristig ist. Kurzfristig ist ein Aufenthalt von maximal 90 Tagen in einem Zeitraum von 180 Tagen seit der ersten Einreise. Soll aber der Aufenthalt länger als 90 Tage dauern, gilt dieser als langfristig.
Dieser Unterschied ist deshalb entscheidend, weil mit ihm die Visumsfreiheit von vielen Staatsbürger_innen steht und fällt und weil die Voraussetzungen für die Erteilung eines Visums sich grundlegend je nachdem verändern.
2. Wer braucht ein Visum und wofür?
Nicht alle Ausländer_innen brauchen selbstverständlich ein Visum, um ins Bundesgebiet einzureisen. Hier können wir zwischen drei Gruppen nach dem Ampelprinzip unterscheiden:
- Grünes Licht…
haben alle Unionsbürger_innen, denn sie brauchen nichts (außer einen Personalausweis), um jederzeit einreisen und einen Wohnsitz im Bundesgebiet anzunehmen.
- Gelbes Licht…
haben privilegierte Staaten, mit denen auf europäischer Ebene die Visumsfreiheit vereinbart worden ist:
Albanien, Andorra, Antigua und Barbuda, Argentinien, Australien, Bahamas, Barbados, Bosnien und Herzegowina, Brasilien, Brunei, Chile, Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Israel, Japan, Kanada, Liechtenstein, Macau, Malaysia, Mauritius, Mazedonien, Mexiko, Moldau, Monaco, Montenegro, Neuseeland, Nicaragua, Panama, Paraguay, San Marino, Schweiz, Serbien, Seychellen, Singapur, St. Kitts und Nevis, Südkorea, Taiwan, Uruguay, Vatikanstadt, Venezuela, Vereinigte Staaten (einschließlich Puerto Rico).
Hier ist aber Vorsicht geboten, denn die Visumsfreiheit gilt nur für den kurzfristigen Aufenthalt. Die Staatsangehörigen dieser Staaten können deshalb ohne Visum ins Bundesgebiet für bis zu 90 Tage zwar einreisen, aber sie können nicht ohne weiteres nach der Einreise eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck eines weiteren Aufenthalts im Bundesgebiet erfolgreich beantragen. Dieses rare Privileg ist nur für die Staatsangehörigen
Andorras, Australiens, Brasiliens, El Salvadors, Honduras, Israels, Japans, Liechtensteins, Monacos, Kanadas, Neuseelands, San Marinos, Südkoreas und der USA
eingeräumt. Alle anderen Bürger_innen aber, die einen langfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet planen, müssen trotz der Visumsfreiheit immer noch ein Visum vorab bei der deutschen Auslandsvertretung im Heimatland beantragen.
- Rotes Licht…
haben die Staatsangehörigen aller anderen Staaten in dem Sinne, dass sie immer ein Visum für die Einreise ins Schengen-Gebiet benötigen, egal wie kurz oder lang ihr Aufenthalt geplant ist. Dies betrifft alle Staatsangehörigen der Weltgemeinschaft, mit denen keine Visumsfreiheit ausdrücklich vereinbart worden ist, wie etwa die Staaten aus dem afrikanischen und arabischen Raum sowie großenteils der Nachfolgestaaten der Sowjetunion, um nur einige Beispiele zu benennen.
3. Wo kann man das Visum beantragen?
Die Visa werden von den Ausländervertretungen, also den Botschaften und Generalkonsulaten, der Schengen-Staaten vergeben. Zu den Schengen-Staaten gehören:
Deutschland, Belgien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Island, Italien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik und Ungarn.
Wer nach Europa kommt und auch Deutschland besuchen will, braucht nicht unbedingt ein deutsches Visum. Es reicht, wenn das Visum von einem der Schengen-Staaten ausgestellt ist. Dies bedeutet also, dass man mit einem litauischen oder ungarischen Visum, zum Beispiel, auch nach Deutschland reisen kann. Das ist möglich, weil die Visavergabe im Schengen-Gebiet im Schengener Durchführungsübereinkommen sowie in einer Fülle von europäischen Rechtsverordnungen für das gesamte Schengen-Gebiet einheitlich geregelt ist. Dies führt dazu, dass das von einem Schengen-Staat ausgestellte Visum auch für alle anderen Schengen-Staaten gültig ist, so dass die Weiterreise innerhalb des Schengen-Gebiets unproblematisch innerhalb der Gültigkeitsdauer sein wird.
Anders verhält sich aber mit einem Visum für einen geplanten langfristigen Aufenthalt in Deutschland. In diesem Fall wird man das Visum bei der deutschen Botschaft bzw. dem deutschen Generalkonsulat im Heimatland beantragen müssen.
4. Wie läuft das Antragsverfahren und wie lange dauert es?
Das Verfahren beginnt immer mit einem Antrag der interessierten Person.
Die Antragssteller_innen müssen grundsätzlich immer diesen Visumsantrag im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei der deutschen Botschaft (oder dem Generalkonsulat) in ihrem Heimatland stellen.
Es empfiehlt sich sehr, sich vorab über das Procedere auf der Webseite der jeweiligen Botschaft zu erkundigen. Viele Auslandsvertretungen haben auf ihrer Webseite bereits die Antragsformulare in verschiedenen Sprachen kostenlos zum Downloaden und geben wichtige Auskunft über die erforderlichen Unterlagen, die man benötigen wird, sowie über die Kontaktdaten und Öffnungszeiten. Zudem gibt es einige Auslandsvertretungen, die ihre Vorsprachetermine nur online vergeben, so dass man sich eine lästige Reise umsonst ersparen kann, wenn man sich erst die Webseite anschaut. Das Auswärtige Amt pflegt eine Liste der Webseiten der verschiedenen Botschaften unter: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/03-WebseitenAV/Uebersicht_node.html
Bei der Antragsstellung ist, mit wenigen Ausnahmemöglichkeiten, eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 60,- Euro zu entrichten.
Die Dauer des Verfahrens schwankt sehr stark je nachdem, ob ein kurzfristiger oder langfristiger Aufenthalt beabsichtig ist.
Für ein Geschäfts- oder Besuchsvisum dürfte innerhalb weniger Tage/Wochen eine Entscheidung reif sein, während die Erteilung eines Visums für einen langfristigen Aufenthalt mehrere Monate in Anspruch nehmen kann. Der Grund für diese lange Bearbeitungszeit liegt vor allem darin, dass die Ausländerbehörde des zukünftigen Wohnorts im Bundesgebiet in der Regel mitbeteiligt werden muss, damit sie ihre Zustimmung erteilt. Auch die Bundesagentur für Arbeit muss manchmal eingeschaltet werden und, wenn auch sehr selten, in manchen Fällen sogar das Auswärtige Amt. Zudem werden üblicherweise für lange Aufenthalte Urkunden (wie etwa Geburts- oder Heiratsurkunde, akademischen Titel usw.) benötigt, die in manchen Staaten von den Vertrauensanwälten der Botschaft authentifiziert werden müssen. Hinzu kommen immer wieder Schwierigkeiten mit den beglaubigten Übersetzungen.
Die Erteilung eines Visums für einen langfristigen Aufenthalt ist deshalb oft ein beschwerlicher, steiniger Weg, den man aber den Antragssteller_innen leider nicht ersparen kann.
5. Wie kann ich ein Schengen-Visa für einen kurzen Besuch bekommen?
Für alle Schengen-Staaten gelten die gleichen Voraussetzungen, um ein solches Visum zu beantragen. Ob alle Schengen-Staaten die Voraussetzungen mit der gleichen Gründlichkeit prüfen, sei dahingestellt.
Der Visakodex normiert die wichtigsten Voraussetzungen, nämlich:
- Der Reisezweck muss plausibel sein, das heißt man muss nachvollziehbar erklären können, was man im Schengen-Gebiet (Tourismus, Geschäftstreffen, Freund_innen/Verwandte besuchen usw.) vor hat.
- Die Finanzierung muss gesichert sein, sei es weil die Antragssteller_innen sich die Reise aus eigener Kraft leisten können, sei es weil sie von einer finanzstarken Person im Bundesgebiet eingeladen werden. Diese Einladung wird dann in Form einer Verpflichtungserklärung abgegeben (mehr zu der Verpflichtungserklärung im nächsten Abschnitt).
- Außerdem müssen die Antragsteller_innen eine Reisekrankenversicherung mit einer Mindestdeckungssumme von 30.000 Euro für den gesamten Schengen-Raum und für die gesamte Aufenthaltsdauer nachweisen.
- Zuletzt muss Rückkehrbereitschaft vorliegen, das heißt die Bereitschaft der Visuminhaber_innen, vor Gültigkeitsablauf des Visums wieder aus dem Schengen-Raum auszureisen und nicht im Bundesgebiet einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für einen längeren Aufenthalt zu stellen oder sogar ohne gültigen Aufenthaltstitel unterzutauchen.
Die Erteilung vieler Visaanträge scheitert oft an der letzten Voraussetzung. Die Erteilung des Schengen-Visums liegt im Ermessen der Auslandsvertretung, es gibt also keinen Rechtsanspruch darauf. Die Auslandsvertretung prüft deshalb in jedem Einzelfall wie wahrscheinlich es ist, dass die Antragssteller_innen vor Ablauf des Visums wieder ins Heimatland zurückkehren. Wie eine solche Prüfung vorgenommen wird, lässt sich nicht allgemein beschreiben. Die Auslandsvertretungen nehmen die Umstände jedes Einzelfalls unter die Lupe, bevor sie über den Antrag entscheiden. Es empfiehlt sich daher, von vornherein sehr transparent zu sein. Wo die korrekte Ausübung des Ermessens endet und Willkür anfängt, ist aber manchmal schwer zu sagen. Sicherlich entsteht aber zum Beispiel ein völlig anderes Gesamtbild, wenn man im Bundesgebiet ansässige Verwandte zum ersten mal besucht (ein plausibler und keineswegs verdächtiger Besuchsgrund) oder wenn eine junge ledige Frau ihren im Bundesgebiet lebenden ledigen Freund besuchen will (wer weiß, ob sie auf die Idee einer Blitzhochzeit in Dänemark kommen und trotz Ablauf des Visums im Bundesgebiet zusammenbleiben wollen). Der erklärte Reisezweck gibt der Botschaft also Hinweise über die Rückkehrbereitschaft, ebenso aber die Verwurzelung der Antragssteller_innen im eigenen Heimatland (wer im eigenen Land Ehemann/-frau und Kinder zurücklässt, Immobilien besitzt und eine stabile Arbeit hat, wird wohl kaum auf die Idee kommen, im Bundesgebiet nach Ablauf der Visumsgültigkeit unrechtmäßig zu bleiben).
Im Übrigen werden Personen, für die eine gültige Einreisesperre im Schengeninformationssystem (SIS) aufgrund einer früheren Abschiebung oder Ausweisung eingetragen ist und/oder die als Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit und Gesundheit der Schengen-Staaten geführt werden, zunächst kein Visum erhalten können.
Die Vergabe des Visums erfolgt im Übrigen mit einem Klebeetikett auf dem Reisepass. Die Ablehnung des Antrags erfolgt schriftlich durch ein häufig vorformuliertes Schreiben mit Angabe des Ablehnungsgrunds und mit einer Rechtshilfebelehrung.
6. Was ist eine Verpflichtungserklärung?
Eine Verpflichtungserklärung wird teilweise als „Einladung von Ausländer_innen“ verniedlicht, ist aber nichts anderes als eine Bürgschaft gegenüber dem deutschen Staat für den Fall, dass die eingeladenen Ausländer_innen wider Erwarten Kosten verursachen.
Die Verpflichtungserklärung wird gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde und mancherorts auch dem Standesamt unter Nachweis von ausreichendem eigenem Einkommen/Vermögen abgegeben.
Durch die Abgabe der Verpflichtungserklärung verpflichten sich die Erklärungsgeber_innen nach §§ 66, 68 des Aufenthaltsgesetzes zur Übernahme sämtlicher Kosten, die der/die Eingeladene bis zur Erteilung eines neuen Aufenthaltstitels im Bundesgebiet den deutschen Behörden verursachen könnte, wie etwa Leistungen nach dem AsylbLG, evtl. Krankenbehandlungskosten sowie die Kosten einer etwaigen erforderlichen Abschiebung einschließlich Abschiebungshaft.
Eine Verpflichtungserklärung ist deshalb einem Blankoscheck sehr ähnlich. Besonders hohe Kostenrisiken ergeben sich vor allem, wenn der/die Eingeladene nach der Einreise einen Asylantrag im Bundesgebiet stellt; oder nötige medizinische Versorgung von der Auslandskrankenversicherung nicht gedeckt wird; oder wenn nach Ablauf des Visums keine freiwillige Ausreise erfolgt und eine Abschiebung veranlasst wird. Diejenigen, die die Verpflichtungserklärung abgegeben haben, werden letztendlich all diese Kosten begleichen müssen, obwohl sie viel zu oft darüber nicht in Kenntnis waren, als sie die Verpflichtungserklärung abgegeben haben. Es empfiehlt sich deshalb, mindestens eine Nacht darüber zu schlafen, bevor man eine Verpflichtungserklärung abgibt.
7. Wie kann ich ein Visum für einen langfristigen Aufenthalt bekommen?
Die deutsche Bürokratie hätte sicherlich nicht den Ruf, den sie hat, wenn es eine einfache Antwort auf diese Frage gäbe.
Die Erteilung eines Visums für einen langfristigen Aufenthalt nimmt eine lange Bearbeitungszeit in Anspruch und ist in der Regel mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden. Der Grund hierfür ist, dass die Auslandsvertretung - in der Regel in Verbindung mit der Ausländerbehörde des zukünftigen Wohnortes in Deutschland - für die Erteilung des Visums prüfen muss, ob die Antragsteller_innen anschließend eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland erteilt werden kann. Die Prüfung über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis wird deshalb auf das Visumsverfahren vorverlagert.
Die Visa werden anschließend zwar normalerweise nur für drei Monate erteilt. Die Visainhaber können aber während dieser Zeit nach Deutschland einreisen, sich hier anmelden und erhalten reibungslos eine Aufenthaltserlaubnis für den weiteren Aufenthalt.
Deshalb muss man für solche Visaverfahren manchmal viel Geduld aufbringen und sich immer wieder vor Augen führen, dass, einmal das Visum "geknackt" ist, alles andere wie am Schnürchen laufen wird.
Bei den Voraussetzungen für die Erteilung des Visums muss man zwischen allgemeinen und spezifischen Voraussetzungen unterscheiden. Die allgemeinen Voraussetzungen sind für alle Antragsteller_innen gleich, während die spezifischen Voraussetzungen sich auf den geplanten Aufenthaltszweck (wie etwa Studium, Familienzusammenführung oder Beschäftigung) beziehen und deshalb sehr unterschiedlich ausfallen.
7. a Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen
Die allgemeinen Voraussetzungen sind in § 5 Abs. 1 AufenthG geregelt und können sich in wenigen Worten auf folgende Punkte zusammenfassen:
- Der Lebensunterhalt der Antragsteller_innen muss gesichert sein (mehr dazu unten).
- Die Antragsteller_innen müssen einen Pass besitzen, so dass ihre Identität und Staatsangehörigkeit geklärt ist.
- Die Antragsteller_innen dürfen in der Vergangenheit nicht in Konflikt mit den Justizbehörden in Deutschland geraten sein, so dass ein Ausweisungsgrund gegen sie vorliegen könnte. Und sie dürfen auch keine Beeinträchtigung oder Gefährdung der Interessen der Bundesrepublik Deutschland darstellen.
Die Sicherung des Lebensunterhalts bedeutet nichts anders als dass die Antragsteller_innen nachweisen müssen, dass sie in Deutschland keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II (sogenanntes Hartz IV) haben werden, weil sie durch eigenes Einkommen oder Vermögen oder durch verbindliche Unterstützung von Dritten durch Verpflichtungserklärung ihren eigenen Lebensbedarf einschließlich Krankenversicherung decken können werden. Zudem müssen die Antragsteller_innen ausreichenden Wohnraum in Deutschland nachweisen können. Es gibt sehr wenige Sozialleistungen (wie etwa Kinder- oder Elterngeld sowie Arbeitslosengeld I), deren Bezug ihnen "verziehen" wird.
An der Sicherung des Lebensunterhalts scheitern auch viele Visumsanträge und, vor allem, Anträge von Menschen, die bereits in Deutschland leben und ihre Aufenthaltserlaubnis verlängern müssen, inzwischen aber ihren Arbeitsplatz verloren haben.
Für ausländische Studierende gilt eine Besonderheit in der Sicherung des Lebensunterhalts. Ihr Lebensunterhalt gilt als gesichert, wenn sie ein Sperrkonto mit dem BAföG-Höchstsatz für ein Jahr (das heißt 8040 Euro für das Jahr 2014) besitzen. Ansonsten können sie die Sicherung ihres Existenzminimums entweder durch regelmäßige Einnahmen oder durch eine Verpflichtungserklärung nachweisen.
7. b Spezifische Erteilungsvoraussetzungen
Es ist unmöglich, im Rahmen dieses Beitrags eine detaillierte Auskunft über die verschiedenen Fallkonstellationen zu geben. Allgemeine Aussagen darüber sind für Jurist_innen ein Gräuel. Es empfiehlt sich daher, notfalls auf der Webseite der jeweiligen Auslandsvertretung nach Information zu suchen oder eine professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen.
Meistens wird ein Visum für einen langfristigen Aufenthalt zum Zweck des Studiums, der Beschäftigung oder der Familienzusammenführungen erteilt, obwohl das Aufenthaltsgesetz durchaus andere Möglichkeiten wie etwa die Forschung, Ausübung einer Selbständigkeit oder Aufnahme aus dem Ausland aus völkerrechtlichen Gründen vorsieht.
Studium / Spracherwerb
Das Studienvisum wird für den Besuch von staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erteilt. Hierfür müssen die Antragssteller_innen bei der zuständigen Auslandsvertretung das Visum unter Vorlage von Nachweisen beantragen, dass sie von einer deutschen Universität zum Studium zugelassen worden sind. Falls sie noch nicht so weit sind, weil sie etwa eine Zugangsprüfung noch zu bestehen haben, können sie stattdessen ein Visum zum Zweck der Studiumbewerbung beantragen.
Außerdem gibt es die Möglichkeit, ein Sprachvisum zu beantragen. Dieses dient nicht dem Studium, sondern ausschließlich dem Spracherwerb in einem Intensivkurs und ermächtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit.
Beschäftigung
Das Aufenthaltsgesetz differenziert zwischen unqualifizierter, qualifizierter und hochqualifizierter Beschäftigung.
Im Falle der unqualifizierten Beschäftigung bestehen leider kaum Chancen auf ein Visum. Der Grund liegt darin, dass kein Bedarf an ausländischen Arbeitskräften für ungelernte Arbeitstätigkeiten besteht.
Im Falle der qualifizierten Beschäftigung, das heißt mit mindestens zwei Jahren Berufsausbildung, hängen die Chancen auf ein Visum vom jeweiligen Beruf ab. Gute Chancen haben diejenigen, die sogenannten Mangelberufe wie etwa Klempner_innen oder Altenpfleger_innen erlernt haben. In diesem Fall können sie ein Visum zusammen mit einem Nachweis ihrer Qualifikationen und einem Arbeitsplatzangebot in Deutschland mit guten Aussichten beantragen. Die Liste der Berufe, die Zugang zu diesem Arbeitsvisum ermöglichen, wird von der Bundesagentur für Arbeit auch in English veröffentlicht und auf ihrer Webseite unter dem Stichwort "Positivliste" gut auffindbar geführt. Das Visum wird allerdings nur dann erteilt, wenn bereits ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegt und das vereinbarte Einkommen für die Sicherung des Lebensunterhalts ausreichen wird.
Hochqualifizierte Ausländer_innen sind eigentlich die einzigen, für die der rote Teppich ausgerollt wird. Für sie besteht die Möglichkeit, die Blaue-Karte zu beantragen. Hierfür müssen sie aber einen Arbeitsplatz oder ein Arbeitsplatzangebot im Bundesgebiet mit einem Jahresgehalt von mindestens 47.600 Euro (bzw. 37.128 Euro bei Fachkräftemangel nach der oben genannten Positivliste) nachweisen, der ihren Qualifikationen entspricht. Im Antragsverfahren werden sie zudem auch einen deutschen Hochschulabschluss oder vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss nachweisen müssen. Wer sich unsicher ist, wie sein ausländischer akademischer Titel in Deutschland anerkannt wird, kann auf der Webseite von anabin (http://www.anabin.kmk.org/) wertvolle Information erhalten. Die Erteilung des Visums setzt allerdings auch hier voraus, dass die Antragsteller_innen bereits ein konkretes Arbeitsangebot in Deutschland haben. Im Übrigen besteht aber auch für Ausländer_innen, die in Deutschland studieren, eine Arbeit aber noch nicht gefunden haben, die Möglichkeit der Einreise für sechs Monate zur Arbeitsplatzsuche zu; dieses Visum erlaubt allerdings nicht die Ausübung einer Beschäftigung.
Familienzusammenführung
Üblicherweise handelt es sich bei Visa zum Zweck der Familienzusammenführung um getrennte Ehegatt_innen, die sich in Deutschland wieder vereinigen wollen, oder Kinder, die zu einem in Deutschland lebenden Elternteil ziehen möchten.
Der Ehegattennachzug zu deutschen Ehegatt_innen setzt ausnahmsweise nicht die Sicherung des Lebensunterhalts voraus, weil das Grundgesetzt diesen in Art. 6 ein Grundrecht auf Familie garantiert. Deutschen kann somit nicht zugemutet werden, das eigene Land zu verlassen, nur um das Eheleben fortzusetzen. Anders verhält es sich leider, wenn beide Ehegatt_innen ausländisch sind. In diesem Fall ist die Sicherung des Lebensunterhalts weiterhin eine Erteilungsvoraussetzung. Dies ist umso bitterer für viele Familien, weil viele Ausländer_innen im Niedriglohnsektor arbeiten und selten genug für sich, die Ehepartner_innen und die Wohnung verdienen.
Zudem wird das Visum nur dann erteilt, wenn die Antragsteller_innen Deutschkenntnisse A1 nachweisen können. Die Deutschkenntnisse müssen daher im Heimatland erworben werden, weil das Visum ansonsten gar nicht erteilt wird. Für viele Betroffene sind diese gesetzlichen Anforderungen absurd und bedeuten eine unfreiwillige Trennung. Nun hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einer Entscheidung vom 10.07.2014 (C-138/13) im Falle eines türkischen Ehepaares die Sprachanforderungen für europarechtswidrig erklärt. Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen dies in der Rechtslage und Behördenpraxis in Deutschland haben wird.
Der Kindernachzug, das heißt der Nachzug von Kindern zu ihren in Deutschland lebenden Eltern, ist in der Regel nicht problematisch. Schwierig wird es nur dann, wenn nur ein Elternteil in Deutschland lebt. In diesem Fall muss im Rahmen des Visumsverfahren nachgewiesen werden, dass der in Deutschland lebende Elternteil das alleine Sorgerecht innehat. Zudem unterscheidet das Gesetz nach dem Alter des Kindes: während Kinder bis 16 Jahren keine weiteren Voraussetzungen erfüllen müssen, müssen Kinder ab 16 Jahren Deutschkenntnisse C1 nachweisen können, um zur Mutter oder zum Vater nach Deutschland zu kommen.
Humanitärer Aufenthalt
Theoretisch ist die Erteilung eines Visums aus humanitären Gründen auch möglich. Tatsächlich werden aber solche Visa nur tröpfchenweise und unter hohen Anforderungen erteilt. Dies erfolgt in der Regel nach einer Entscheidung der Bundesregierung, eine bestimmte Anzahl von Flüchtlingen aus einem Land aufzunehmen - sogenannten Kontingentflüchtlinge. Beispielsweise wurde letztes Jahr die Aufnahme von 5.000 Menschen aus Syrien zunächst beschlossen und inzwischen auf insgesamt 20.000 Menschen erhöht. Solange das Kontingent nicht ausgeschöpft ist, können verfolgte Bürger_innen aus Syrien ein Visum aus humanitären Gründen beantragen. Die Visa werden aber nicht zwangsläufig an diejenigen erteilt, die am nötigsten Schutz bedürfen. Grund hierfür ist, dass weitere Erteilungsvoraussetzungen in der Regel auch hier gelten. So müssen zurzeit auch die Kontingentflüchtlinge Freund_innen oder Familienangehörige im Bundesgebiet haben, welche bereit sind, die Antragsteller_innen aufzunehmen und für ihren Lebensunterhalt aufzukommen. Wer keine finanziell starken Familienangehörigen im Bundesgebiet hat, wird deshalb trotz der schön geredeten Hilfsaktionen kaum Zugang zu einem Visum haben. Für diese Menschen bleibt nur die Alternative der illegalen Einreise.
8. Was kann ich gegen die Ablehnung meines Visumantrags unternehmen?
Gegen die Ablehnung kann man innerhalb eines Monats schriftlich remonstrieren. Das Wort remonstrieren klingt zwar sperrig, heißt aber nichts anderes als widersprechen.
Die Auslandsvertretung prüft anschließend den Fall erneut. Mit etwas Glück wird dann das Visum erteilt. Ansonsten trifft die Auslandsvertretung die endgültige Ablehnungsentscheidung in einem Remonstrationsbescheid. Dagegen kann vor dem Verwaltungsgericht Berlin innerhalb eines Monats ab Zustellung geklagt werden.