Von Asli Weheliye
Traditionelle Frauen- und Männerbilder dominieren die Werbung in Deutschland – auch klischeehafte Darstellungen sind weit verbreitet. Dennoch setzt sich der Trend zu modernen Rollenbildern fort. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Ungleich Besser Diversity Consulting.
Über den Zeitraum von drei Monaten (Juni 2007 – August 2007) wurden 686 Printanzeigen in auflagenstarken deutschen Nachrichtenmagazinen (Spiegel, Focus, Stern und Wirtschaftswoche) auf Basis eines medienwissenschaftlichen Merkmalkataloges untersucht. Es wurde der Frage nachgegangen, inwieweit die Printwerbung in deutschen Magazinen die Vielfalt des Marktes abbildet und wie Unternehmen in ihrer Werbung auf die Alterung und/oder die Internationalisierung der Gesellschaft reagieren.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Werbung an den Bedürfnissen der KonsumentInnen qualitativ und quantitativ vorbei geht. So fand die Untersuchung heraus, dass ethnische Minderheiten, Senioren sowie Schwule und Lesben sehr selten, und Frauen meist klischeehaft umworben werden. Nur rund 8% der dargestellten Personen sind erkennbar „Ältere“, während der Leseranteil der Gruppe 50+ bei allen untersuchten Magazinen mindestens 35% beträgt. Bei der Darstellung von Frauen und Männern dominieren traditionelle Rollenbilder.
Rollenbilder von Frauen und Männern
In 76% aller Printanzeigen, in denen Menschen gezeigt werden, werden Männer abgebildet, Frauen hingegen nur in 47% der Anzeigen. Zudem werden sie häufig gemeinsam mit Männern abgebildet: Nur in 22% der Motive werden Frauen alleine dargestellt, Männer dagegen in 52% der Anzeigen. Dem steht allerdings gegenüber, dass der durchschnittliche Anteil der Leserinnen an allen vier Magazinen laut Mediadaten 37,5% beträgt; beim auflagenstärksten Medium „Der Spiegel“ macht der Anteil an Leserinnen 52% aus.
Quelle: Ungleich Besser Diversity Consulting
Frauen werden der Untersuchung zufolge zu 36% in traditioneller Weise dargestellt: Als fürsorgliche Hausfrau oder mitfühlende Mutter, die sich um das Wohl der Familie sorgt. In 20 Prozent der Anzeigen stellen sie nur schmückendes Beiwerk dar: als technisch unbegabtes, aber hübsches Püppchen zum Beispiel.
Quelle: Ungleich Besser Diversity Consulting
Männer werden meist traditionell als Beschützer, Versorger oder Familienvater (46%) oder in iher Rolle im Beruf dargestellt (32%).
„Obwohl traditionelle Rollen statistisch stark zurück gehen, bilden sie weiterhin den Hauptteil der deutschen Werbung“, kommentiert Diversity-Experte Michael Stuber die Ergebnisse. Um erfolgreich zu sein, müsse Marketing den Wandel der Rollenbilder bei den Konsumenten berücksichtigen.
Quelle: Ungleich Besser Diversity Consulting
Ethnische Vielfalt von Frauen und Männern
Frauen, die nicht aus dem mitteleuropäischen Raum stammen, kommen in der Werbung nur äußerst selten (2%) vor. Und wenn werden sie meist als „ethnisch-exotisch“ dargestellt. Ethnisch-exotisch beschreibt eine übertriebene Exotisierung und Stereotypisierung einzelner ethnischer Gruppen. Häufig wird hierbei auf bestehende Vorurteile über bestimmte Bevölkerungsgruppen zurückgegriffen. Ein Beispiel hierfür wäre die Darstellung einer schwarzen Frau in lasziver und animalischer Pose, welche sexuelle Intentionen suggeriert.
Auch Männer mit anderen ethnischen Hintergründen werden nur in 5% der Fälle abgebildet. Doch im Gegensatz zu den Frauen wurden diese in keiner der untersuchten Anzeigen ethnisch-exotisch dargestellt. Die geringe ethnische Vielfalt in der Werbung überrascht in Anbetracht der Tatsache, dass Deutschland einen Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung von 19% hat (Mikrozensus 2005).
Generation 50+ in der Werbung
Nur 8% der in der Werbung dargestellten Frauen und 7% der Männer repräsentieren die Generation 50+ (Einzelfallsschätzung des Erhebungsteams). Die seltene Darstellung älterer Menschen steht im krassen Gegensatz zum realen Leseranteil, der bei allen untersuchten Magazinen den Mediadaten zufolge mindestens 35% beträgt.
Quelle: Ungleich Besser Diversity Consulting
Trendwandel zu mehr Vielfalt?
Im Vergleich zu einer früheren Untersuchung der TV-Werbung (vgl. Lotz, 2002) deutet sich indessen eine zaghafter Trendwandel an: Frauen werden inzwischen häufiger in einer Berufsrolle (24%) oder selbstbestimmt (29%) dargestellt. Männliche Protagonisten beteiligen sich im Gegenzug öfter im Haushalt und zeigen mehr Gefühle: In 28% der untersuchten Anzeigen verkörpert der Mann einen „modernen Typus“. Diese Art von Diversity Marketing wird der Untersuchung zufolge künftig an Bedeutung gewinnen. Denn die Kaufkraft von Bevölkerungsgruppen außerhalb des vermeintlichen Mainstreams wächst, und die Unternehmen werden auf diese Käufergruppen nicht verzichten wollen und entsprechend dem gesellschaftlichen Wandel zu mehr Rollenvielfalt und mehr ethnischer Vielfalt tragen.
Eine Zusammenfassung der Studie kann angefordert werden über Felix Wittig erhalten team@diversity-consulting.de
Asli Weheliye ist Betriebswirtin und Amerikanistin. Sie ist ausgebildet als Diversity Trainerin.