Intercultural Mainstreaming – Strategie für eine gerechtere Gesellschaft

von Uwe Ahlemeyer

Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Einwanderungsland. In kaum einer Stadt wird das deutlicher als in Berlin. Die Stadt ist vielfältig, lebendig und vereint Kulturen. Mehr als 450.000 Menschen aus anderen Ländern haben Berlin zu ihrer Heimat gemacht. Und sonimmt das Themenfeld Migration/Integration in den Wahlprogrammen der Parteien zur Abgeordnetenhauswahl im September 2006 breiten Raum ein, so auch bei Bündnis 90/Die Grünen. Hier wurde auf Antrag der bündnisgrünen Landesarbeitsgemeinschaft Migration zum Thema „Interkulturelle Öffnung der Verwaltung“ folgender Passus ins Wahlprogramm aufgenommen: „Ziel der interkulturellen Öffnung der Verwaltung ist die Etablierung eines ‚intercultural mainstreaming’. So soll bei allen Maßnahmen, Projekten und Entscheidungen die
unterschiedliche Situation von Menschen mit und Menschen ohne Migrationshintergrund einbezogen und beachtet werden.“ Dieser Antrag wurde folgendermaßen begründet: „Neben der erfolgreichen Etablierung des ,gender mainstreaming’ soll das ‚intercultural mainstreaming’ in der Verwaltung für die Lebenssituation von Menschen mit Migrationshintergrund sensibilisieren. Dieses Prinzip soll bei allen Maßnahmen, Projekten und Entscheidungen beachtet werden. Integrationspolitik soll also nicht nur Querschnittsaufgabe sein, sondern die Verwaltung muss darüber hinaus darlegen, wie sie die unterschiedliche Lebenssituation von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in ihr Handeln mit einbezogen hat.“ Was das im einzelnen heißt, was sich hinter dem Begriff „Intercultural Mainstreaming“ verbirgt wird im folgenden beleuchtet.

Die Wortverwandtschaft und die offenkundige strukturelle Nähe des „Intercultural Mainstreaming“ zum „Gender Mainstreaming“ legen nahe, an dieser Stelle zunächst einige Bemerkungen zum Thema „Gender Mainstreaming“ zu machen. Historisch liegen die Wurzeln dieser Strategie in der weltweiten Frauenbewegung. Diese musste nämlich feststellen, dass ihre in den UN-Weltfrauenkonferenzen beschlossenen Empfehlungen zur Verbesserung der Lage der Frauen keine Erfolge zeigten. Die nationalen Regierungen, die sich nur freiwillig selbstverpflichteten, setzten diese Empfehlungen nicht um. Den berechtigten Forderungen musste also mehr Nachdruck verliehen werden. So wurde 1995 auf der 4. UN-Weltfrauenkonferenz in Peking die Strategie „Gender Mainstreaming“ verabschiedet. Die Regierungen erhielten nun den Auftrag, in allen Politikbereichen und in jedem Fall nachzuprüfen, welche Auswirkungen ihre Politik auf die Situation der Frauen hat und wie geplante Maßnahmen die besondere Situation der Frauen verbessern können. Der Kontext UN-Weltfrauenkonferenz bezog Gender Mainstreaming speziell auf die Lage der Frauen, insgesamt geht es aber um die Berücksichtigung der Situation beider Geschlechter.

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Uwe Ahlemeyer, Politikwissenschaftler, ist stellvertretender Sprecher der Berliner Landesarbeits- gemeinschaft Migration von Bündnis 90/Die Grünen und altives Mitglied der BAG Migration und Flucht.