Gleichbehandlung ist Ihr gutes Recht! – Erfolgreiche Ansätze der Berliner Landesstelle für Gleichbehandlung - gegen Diskriminierung

von Eren Ünsal und Marlene Kölling

Zu den zentralen gesellschaftspolitischen Zielsetzungen des Berliner Senats gehört es, Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung durchzusetzen. Vor diesem Hintergrund wurde die Landesstelle für

Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung (verwaltungstechnisch liebevoll abgekürzt: LADS) eingesetzt. Sie ist dem Ressort Integration, Arbeit und Soziales zugeordnet. Zum besonderen Profil der Landesstelle gehört es, dass sie auch den Fachbereich gleichgeschlechtliche Lebensweisen umfasst.

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Berlin, Brandenburg und Hamburg sind die bisher einzigen Bundesländer, die – wenn auch mit unterschiedlichem Zuschnitt – auf ministerieller Ebene Antidiskriminierungsstellen eingerichtet haben.

Die LADS hat ihre Arbeit im April 2007 aufgenommen. Zentrales rechtliches und inhaltliches Fundament ihrer Arbeit ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Sein Ziel wie unseres ist es, Benachteiligungen aufgrund der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Lebensalters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Die LADS agiert auf der Basis eines horizontalen antidiskriminierungsrechtlichen Ansatzes: unter den Diskriminierungsmerkmalen darf es keine Hierarchien geben, alle sind gleichermaßen schützenswert und alle müssen mit der gleichen Entschlossenheit bekämpft werden.

Transparenz, Dialogbereitschaft und Offenheit sind die wichtigsten Grundprinzipien der Arbeit der Landesstelle. Zu diesen Grundprinzipien gehört es, zivilgesellschaftliche Akteur_innen in gemeinsame Strategien einzubinden. Interessengruppen- und Migrationsverbände sind inzwischen unverzichtbare Mittler zwischen den „Communities“ und den Angeboten der Mehrheitsgesellschaft. Die Landesstelle arbeitet eng mit zivilgesellschaftlichen Akteur_innen zusammen. Ziele der Zusammenarbeit sind der kontinuierliche Informationsfluss, der regelmäßige Abgleich von Aktivitäten, das Ausbalancieren unterschiedlicher Wahrnehmungen von Diskriminierung und die Entwicklung und Forcierung gemeinsamer Strategien.

Öffentlichkeit sensibilisieren
Die EURO-Barometer-Zahlen, nach denen nur ein knappes Drittel der EU-Bürger_innen (in Deutschland 27 %, in Finnland 65 %) Kenntnis über die eigenen Rechte im Diskriminierungsfall und die Existenz von Antidiskriminierungsgesetzen hat, unterlegen mehr als deutlich, dass Informations- und Öffentlichkeitsarbeit zentrale Elemente jeder wirksamen Antidiskriminierungspolitik sein müssen. In Fachkreisen besteht Einigkeit, dass gezielte Maßnahmen zur Erhöhung der Sensibilität gegenüber ungerechtfertigten Benachteilungen und zur Erhöhung des Kenntnisstandes über Rechte und Beratungswege dringend erforderlich sind, um wirksamer gegen Diskriminierungen vorgehen zu können.

Informationskampagne „Diskriminierung hat viele Gesichter!“
Gegen Diskriminierung vorzugehen, heißt zunächst, sie sichtbar zu machen. Vor diesem Hintergrund startete die LADS Im Dezember 2008 die Informationskampagne „Diskriminierung hat viele Gesichter!“. Im „Berliner Fenster“ – dem Fahrgastfernsehen der Berliner U-Bahn – wurden zwei alternierende 30-Sekunden-Spots der LADS gezeigt. Der Slogan „Diskriminierung hat viele Gesichter“ wurde für verschiedene Merkmalsbereiche visuell aufgegriffen und in einen Zusammenhang mit konkreten Ausgrenzungserfahrungen gestellt. Sind Menschen tatsächlich einfach

...zu alt für den Job ?
...zu lesbisch für die neue Wohnung ?
...zu behindert für den Restaurantbesuch ?
...zu religiös für den Ausbildungsplatz ?
...zu schwul für die Hinterbliebenenversorgung?
...zu weiblich für den Aufstieg?

Mit der Informationskampagne verfolgt die LADS das Ziel, viele Menschen zu erreichen und sie zu ermutigen, sich gegen Diskriminierung zu wehren. Das „Berliner Fenster“ erreicht an einem Wochentag mehr als 1 Mio. Fahrgäste, sodass die Ansprache einer breiten Öffentlichkeit gewährleistet werden konnte. Die Informationskampagne ist auf ein sehr positives Feedback gestoßen und wird in 2009 fortgesetzt sowie auf Printmedien ausgeweitet werden. Der Spot ist auf der Internet-Seite der LADS eingestellt.

Veranstaltungen und Fortbildungen
Von der LADS organisierte Fachveranstaltungen nehmen zentrale Fragen der Antidiskriminierungspolitik auf und bringen die jeweils relevanten Akteur_innen aus dem zivilgesellschaftlichen, wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Raum an einen Tisch. Auch auf diese Weise werden Kooperationsstrukturen aufgebaut und gestärkt. In den Jahren 2007 und 2008 sind die Veranstaltungen „Berlin: Für Vielfalt – gegen Diskriminierung“, „Altersdiskriminierung – (k)ein Thema?“ und „Homophobie in der Einwanderungsgesellschaft“ durchgeführt worden. Für 2009 sind Fachveranstaltungen zur „Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt“ sowie zur Problematik der „Mehrfachdiskriminierung und Chancengleichheitsstrategien“ vorgesehen.

Die LADS bietet mehrmals im Jahr Fortbildungen im Themenfeld Antidiskriminierungsberatung für NGOs an. Es werden merkmalsbezogene Workshops angeboten, wie z.B. die Fortbildung „Altersdiskriminierung“ für Koordinierungsstellen rund ums Alter und AGG-Beschwerdestellen.

Ferner bietet die LADS Diversity-Trainings zu wechselnden Schwerpunkten (in 2008 und 2009 zu „Behinderung“) an und führt Qualitätsfortbildungen zu Interkultureller Öffnung für die geförderten Projekte im Handlungsfeld gleichgeschlechtliche Lebensweisen durch.

Materialien für Bürger_innen und Beratungsstellen
Die LADS veröffentlicht Materialien, um einerseits Bürger_innen zu informieren und andererseits die Arbeit der AD-Projekte zu unterstützen. So hat die LADS ein AGG-Faltblatt in fünf verschiedenen Sprachen (Deutsch, Türkisch, Russisch, Englisch und Französisch) veröffentlicht. Die Faltblätter enthalten die wichtigsten Informationen zum AGG und geben Antworten auf Fragen wie „was ist eine Diskriminierung?“, „Welche Rechte habe ich als Beschäftigte/r?“ und „Wo finde ich Rat und Hilfe im Diskriminierungsfall?“.

Einen Überblick über die wichtigsten Anlaufstellen bietet der Beratungsführer der LADS. Er hilft Berliner_innen im Bedarfsfall die richtige Unterstützung zu finden, listet Adressen der Beratungseinrichtungen auf und enthält ein Protokollmuster, das der Dokumentation von Diskriminierungssituationen dient.

Besonderen Anklang finden die themenbezogenen Broschüren und Dokumentationen wie „Mit Kopftuch außen vor?“, „Alterdiskriminierung – (k)ein Thema?“ oder „Homophobie in der Einwanderungsgesellschaft“.

Alle genannten Materialien können über die Broschürenstelle bestellt werden. Das Faltblatt und die Dokumentationen stehen auch auf der LADS-Internetseite zum Download zur Verfügung.

Beratungsinfrastruktur stärken und Datenerfassung sichern
Die LADS setzt sich dafür ein, dass von Diskriminierung Betroffene kompetente Beratung und Hilfe erhalten. Hierfür koordiniert und unterstützt die LADS ein berlinweites Projekte-Netzwerk.

Berlin ist in der glücklichen Lage, einerseits auf diese engagierte Trägerstruktur verweisen zu können, die schon bisher für die von Diskriminierung bedrohten Zielgruppen gute Arbeit geleistet hat. Beispielsweise das ADNB (Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin), die Landesvereinigung Selbsthilfe (Menschen mit Behinderung), die Verbraucherzentrale, der Landesseniorenbeirat oder die Lesben- und Schwulenprojekte sind Mitglieder des LADS Beratungsnetzwerkes. Darüber hinaus kann auf das Know-how und die Erfahrungen der Ansprechstellen auf Landes- und Bezirksebene (Landes- und Bezirksbeauftragte für Menschen mit Behinderungen, bezirkliche Integrations- und Gleichstellungsbeauftragte etc.) gesetzt werden.

Um die Qualität der Beratungsarbeit weiter zu erhöhen und insbesondere auch deren rechtliche Dimension zu stärken wurde in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien der Humboldt-Universität ein praxisnahes System zum Austausch relevanter und aktueller Rechtsinformationen und -einschätzungen aufgebaut. Hierzu gehört u. a. eine (bundesweit einmalige) Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung zum AGG, die auf der LADS-Website eingestellt ist.

Die Verwaltung ist als Arbeitgeberin und von ihrem Selbstverständnis als moderne und kundenorientierte Dienstleisterin gefordert, die Vorgaben des AGG umzusetzen. Zwischenzeitlich sind in allen Senatsverwaltungen und Bezirken behördeninterne AGG-Beschwerdestellen eingerichtet worden und kommen auf Einladung der LADS zweimal jährlich zum Erfahrungsaustausch zusammen.

Diskriminierungstatbestände und -bereiche aufzuhellen sowie die kontinuierliche und aussagekräftige Datenerfassung von Beschwerdefällen in Berlin zu ermöglichen ist wichtiges Anliegen der LADS. Langfristiges Ziel der diesbezüglichen Anstrengungen ist eine differenzierte Datenaufbereitung und -analyse, aus der heraus sich Rückschlüsse über Ausmaß und neuralgische Bereiche von Diskriminierung in Berlin ziehen und Handlungsempfehlungen ableiten lassen. Mit dem Beratungsnetzwerk wurde für die begleitende Datenerfassung ein Raster zur Sammlung und Auswertung der Beratungsfälle entwickelt, welches derzeit erprobt wird.

Anerkennung unterschiedlicher sexueller Orientierungen ausbauen
Ein wichtiger Bestandteil der Arbeit der LADS ist es, für eine Kultur der Anerkennung unterschiedlicher sexueller Orientierungen einzutreten. Da der Fachbereich für gleichgeschlechtliche Lebensweisen als Teil der LADS die Belange von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgenderpersonen vertritt, werden in diesem Themenfeld Projekte und Aktivitäten unterstützt, die die Emanzipation fördern, Diskriminierungen abbauen und die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Lebensweisen weiter entwickeln.

Ein besonderes Augenmerk gilt dem Abbau von Homophobie. Als zentrales Vernetzungs- und Planungsgremium zu diesem Arbeitsfeld hat die LADS den Arbeitskreis „Für gegenseitigen Respekt – gegen Homophobie“ ins Leben gerufen. Um den Dialog zwischen relevanten Akteur_innen zu diesem Themenfeld zu stärken hat die LADS zudem gemeinsam mit dem Integrations- und Migrationsbeauftragten des Berliner Senats im Oktober 2008 den ersten Runden Tisch gegen Homophobie durchgeführt. Mit diesem Schritt wurden eine Reihe von Initiativen angestoßen, beispielsweise die Initiative „Kreuzberg für Akzeptanz und Gleichbehandlung“ von LesMigras, Gladt, ADNB des TBB und dem Migrationsrat Berlin-Brandenburg.

Die Frage, wie verschiedene Ausgrenzungen von Lesben und Schwulen mit und ohne Migrationshintergrund verhindert werden können, stand auch im Mittelpunkt der im November 2008 durchgeführten LADS-Fachtagung „Homophobie in der Einwanderungsgesellschaft“.

Am 2. April 2009 hat das Abgeordnetenhaus die Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt“ beschlossen. Die LADS hat für deren Umsetzung die Federführung übernommen und koordiniert die zuständigen Senatsverwaltungen, die inzwischen vielfältige Maßnahmen zu dem Programm erarbeiten haben. Die LADS hat zahlreiche zivilgesellschaftliche Akteur_innen in den Planungsprozess einbezogen. Die Verwaltungsverantwortlichen haben mit großem Engagement und in enger Zusammenarbeit mit den beteiligten NGOs eine Bedarfsanalyse erstellt und daraus Empfehlungen für ein umfangreiches Maßnahmenpaket für Berlin formuliert.

Gesetzesfolgen abschätzen und Politik beraten
In den zwei Jahren ihres Bestehens hat die LADS rund 20 Kleine Anfragen beantwortet, was das parlamentarische Interesse an ihrer Arbeit und dem Handlungsfeld Antidiskriminierungspolitik deutlich unterstreicht. In Bezug auf Gesetzesinitiativen, Senatsvorlagen und Bundesratsanträge sind immer wieder Voten der LADS gefordert. Zu nennen sind hier beispielsweise die fachlichen Stellungnahmen zur Gleichstellung von Lebenspartnerschaften in der beamtenrechtlichen Hinterbliebenenversorgung, zum Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus oder auch zum neuen antidiskriminierungsrechtlichen Richtlinienvorschlag der EU-Kommission.

Rassismus und Ethnische Diskriminierung bekämpfen
Im März 2006 ist Berlin der Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus und Diskriminierung beigetreten. Es gehört zu den Aufgaben der LADS, Berlin in diesem Bündnis aktiv zu vertreten. Die im Rahmen der Städtekoalition eingegangenen Verpflichtungen werden im Rahmen eines Bündels vielfältiger Maßnahmen und Strategien verfolgt, mit denen der Senat Fremdenfeindlichkeit und Rassismus begegnet. In diesem Zusammenhang ist das Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus von besonderer Bedeutung, dass vom Integrations- und Migrationsbeauftragten des Berliner Senats umgesetzt wird. Zu dessen zentralen Schwerpunkten gehört die Stärkung der demokratischen Jugendkultur und der Zivilgesellschaft.

Der Senat setzt darüber hinaus gehende deutliche Zeichen und hat den Berliner Ratschlag für Demokratie ins Leben gerufen, mit dem prominente Berlinerinnen und Berliner aus Politik, Sport und Kultur, Kirchen, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden für den Einsatz gegen Rassismus gewonnen werden konnten.

Ferner fördert der Senat im Rahmen des Landesprogramms gegen Rechtsextremismus zahlreiche Projekte, die zivilgesellschaftliches Engagement befördern, Institutionen beraten und Opferhilfe anbieten. Gerade im Bildung- und Erziehungsbereich leisten die vielen Projekte vor Ort, wie „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ sehr wichtige präventive Arbeit. Gleichermaßen unverzichtbar sind die vom Senat geförderten Beratungsstellen für Opfer rechter und rassistischer Gewalt, die den Betroffenen Unterstützung und Hilfe geben.

Im Juli 2007 wurde die Erarbeitung eines Landesaktionsplan gegen Rassismus und ethnische Diskriminierung (LAP) vom Landesbeirat für Integration und Migration beschlossen. Damit setzt Berlin auch in dieser Legislaturperiode einen Schwerpunkt bei der Bekämpfung von Rassismus und ethnischer Diskriminierung. Der LAP wird als konzeptionelle Grundlage für die Umsetzung von Antidiskriminierungsarbeit als Querschnittsaufgabe in allen Politik- und Verwaltungsbereichen dienen. Die LADS hat Ende 2008 die Federführung für den LAP übernommen. Mit der Erarbeitung und Umsetzung des Landesaktionsplans gegen Rassismus und ethnische Diskriminierung steht ein besonders gewichtiges, strukturell und präventiv wirksames Vorhaben auf der Agenda der LADS. Innerhalb des nächsten Jahres werden für Handlungsfelder der Berliner Verwaltung mittel- und langfristige Ziele definiert, Empfehlungen formuliert und Handlungsschritte zur Zielerreichung festgelegt, um im darauf folgenden Jahr in die konkrete Umsetzung zu gehen. Auch in diesem Prozess ist die enge Zusammenarbeit mit Organisationen der Zivilgesellschaft wichtiges Erfolgskriterium.

Diversity-Management in der Berliner Verwaltung umsetzen
Berlin ist als erstes Bundesland im Dezember 2007 der Charta der Vielfalt beigetreten. Mit dem Beitritt hat der Berliner Senat erneut unterstrichen, dass er seiner Verantwortung als Arbeitgeber und Dienstleister, der gleiche Chancen nachhaltig fördert, nachkommt. 2009 hat die LADS die Zuständigkeit für die Koordinierung der Umsetzung übernommen.

Nach Auffassung des Senats tragen gezielte Diversity-Prozesse dazu bei, Fortschritte auf dem Weg zu einer modernen Verwaltungskultur zu erzielen, die von Wertschätzung jeder und jedes Einzelnen und von einem vorurteilsfreien Arbeitsumfeld geprägt ist. Davon profitieren die Beschäftigten des Landes ebenso wie seine Bürgerinnen und Bürger.

Dies zeigt sich konkret durch den umfassenden Diversity-Umsetzungsprozess, in dem sich das Land Berlin befindet. Dieser Prozess hat u. a. zum Ziel, die Personalabläufe unter Diversityaspekten systematisch zu prüfen, die Umsetzung des AGG in der Berliner Verwaltung voranzutreiben, die Charta der Vielfalt zum Thema des internen und externen Dialogs zu machen und Diversity-Richtlinien für den Öffentlichen Dienst zu entwickeln.

Um die Zielsetzungen der Charta der Vielfalt, die über die Abwehr von Diskriminierungen hinausgehen, zu erreichen, bedarf es eines langfristigen Prozesses. In dessen erster Phase muss das Schwergewicht auf Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen liegen. Vor diesem Hintergrund hat der integrative Ansatz des Diversity Managements zwischenzeitlich Eingang in das Programm der Verwaltungsakademie Berlin (VAk) gefunden. So werden insbesondere im Rahmen der Persönlichkeitsentwicklung Veranstaltungen zum persönlichen Führungsstil und der Akzeptanz menschlicher Vielfalt vermittelt. Weiterhin findet er als Querschnittsthema Aufnahme im betrieblichen Gesundheitsmanagement, in den Angeboten zur Stärkung der interkulturellen Kompetenz sowie zur strategischen Teamsteuerung. Zudem ist er Inhalt von Schulungen für Beschäftigte der Ordnungsämter, Gesundheitskoordinator_innen, Dozent_innen und Multiplikator_innen sowie generell für Führungskräfte. Grundsätzlich ist es Ziel des Senats, Diversity-Aspekte in die Entwicklung eines gesamtstädtischen Konzeptes zur Personalplanung und -entwicklung zu integrieren.

Nicht zuletzt geht es darum, jüngere Menschen schon frühzeitig zu ermutigen, sich für Chancengleichheit und gegen Ungleichbehandlung einzusetzen. Mit dieser Zielrichtung beteiligt sich die LADS in diesem Jahr erstmals auch an den Initiativen rund um den Diversity-Day, der von der Europäischen Grundrechte-Agentur ins Leben gerufen wurde. In seinem Mittelpunkt steht ein Schulwettwerb, in dessen Rahmen Projekte ausgezeichnet werden, die sich der Förderung von Vielfalt, der interkulturellen Öffnung und der Antirassismus- und Antidiskriminierungsarbeit besonders erfolgreich angenommen haben

Das Verständnis dafür, dass ein aktives Vorgehen gegen Diskriminierung und die Förderung einer Kultur der Vielfalt zwischenzeitlich zentrale Kriterien geworden sind, an denen sich auch eine moderne Verwaltung messen lassen muss, ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Das Land Berlin hat deswegen jetzt im Rahmen seiner Verwaltungsmodernisierungsprozesse gezielt Mittel für das von der LADS beantragte Projekt „Berlin – Stadt der Vielfalt bereitgestellt, um die bisherigen Diversity-Prozesse zu bündeln, weiterzuentwickeln und zu optimieren.

Im Zusammenhang mit der Diversity Implementierung in der Berliner Verwaltung ist die Interkulturelle Öffnung ein wichtiges Instrument. Mit dem Berliner Integrationskonzept hat der Senat eine Grundlage geschaffen, interkulturelle Öffnung und strukturelle Verbesserungen im Bildungs- und Ausbildungssystem miteinander zu verbinden. Die Kampagne „Berlin braucht Dich!“ zielt darauf ab, den Anteil junger Menschen mit Migrationshintergrund an den Auszubildenden im Öffentlichen Dienst zu erhöhen. Sie will dazu beitragen, dass der Öffentliche Dienst zum einen in immer stärkerem Maße die Vielfalt der Bevölkerung Berlins repräsentiert und zum anderen seine Kund_innenorientierung ausbaut und qualifiziert. Der Prozess der interkulturellen Öffnung der Verwaltungen wird forciert fortgesetzt und auch über diesen Bereich hinaus ausgeweitet. Der Senat verfolgt ausdrücklich das Ziel, den Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst deutlich zu erhöhen.

Ausblick 2010: Antidiskriminierungsarbeit im Bildungsbereich stärken
Ein wichtiges Anliegen der Landestelle ist es, nicht nur gegen vorhandene Diskriminierung anzugehen, sondern auch der Entstehung von diskriminierendem Verhalten entgegen zu wirken. Dem Bildungsbereich kommt hier eine besondere Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang soll eine langfristig angelegte Sensibilisierungsstrategie entwickelt werden, die den vorschulischen und schulischen Bildungsbereich stärker in den Fokus nimmt. In enger Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Bildung und fachbezogenen Projekten sollen Maßnahmen zur Förderung von diskriminierungsfreien und diversitysensiblen Strukturen in Schule und Kindertagesstätten entwickelt werden.

Vielfalt und Weltoffenheit sind wichtige Kennzeichen der Metropole Berlin und sie leisten zu ihrer besonderen Stellung einen unschätzbaren Beitrag. Menschen aus 186 Staaten leben in Berlin, die Stadt hat eine der größten schwul-lesbischen Communities in Europa und mehr als 250 Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sind in Berlin angesiedelt. Doch diese Vielfalt ist Chance, Herausforderung und Verpflichtung zugleich.

Sie stellt uns vor Herausforderungen, weil Vielfalt auch bedeutet mit Diversität im Denken und Handeln umzugehen. Das Zusammenleben unterschiedlicher Menschen geschieht nicht immer reibungslos und gemeinsame Grundlagen zu definieren ist oft ein schwieriger Prozess. Vielfalt ist eine Verpflichtung, weil Berlin eine besondere Verantwortung dafür trägt, eine Kultur der Antidiskriminierung und Chancengleichheit zu etablieren. Fördermaßnahmen und rechtlicher Diskriminierungsschutz können und müssen von Seiten der Politik implementiert werden. Doch eine Kultur der Wertschätzung von Vielfalt benötigt gleichermaßen die Offenheit und die Unterstützung der Berlinerinnen und Berliner. Und nicht zuletzt ist Vielfalt Chance, da gerade sie es ist, die Berlin für viele Menschen so lebens- und liebenswert macht.

Für das Zusammenleben und für den sozialen Zusammenhalt der Stadt ist es ein Muss, dass sich alle Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit mit Respekt und gegenseitiger Achtung begegnen, sowohl in der Öffentlichkeit als auch am Arbeitsplatz. Es kann keine Toleranz gegenüber Diskriminierungen geben. Die Beseitigung von Diskriminierung und die Förderung einer Kultur der Vielfalt ist allerdings eine langfristige Aufgabe, für die Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft gemeinsam die Verantwortung tragen. Erfolgreiche Antidiskriminierungsarbeit benötigt die breite öffentliche Aufmerksamkeit, einen festen gesellschaftlichen Rückhalt und ausreichende gesetzliche Grundlagen. Das Land Berlin wird auch weiterhin seinen aktiven Beitrag dafür leisten.
 

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Eren Ünsal ist Leiterin der Landesstelle für Gleichbehandlung - gegen Diskriminierung (LADS) des Landes Berlin, Marlene Kölling (r.) ist stellvertretende Leiterin der LADS.