Chancen und Risiken Positiver Maßnahmen: Grundprobleme des Antidiskriminierungsrechts und drei Orientierungen für die Zukunft

 

von Susanne Baer

In § 5 des AGG ist von „Positiven Maßnahmen“ die Rede. (1) Das ist ein rechtspolitischer Fortschritt. Der Gesetzgeber bekennt sich zu der Notwendigkeit, strukturelle Ungleichheiten auch aktiv ausgleichen zu müssen, um tatsächlich Chancengleichheit zu erzielen. Zudem spricht der Gesetzgeber nicht von „umgekehrter Diskriminierung“ (wie einige Gegner von Fördermaßnahmen in der rechtswissenschaftlichen Literatur) oder von „Bevorzugung“ (wie, neben Benachteiligung, in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes). Vielmehr stellt das AGG auch schon in § 1 klar, dass „Diskriminierung“ ein Verhalten ist, das benachteiligend wirkt, während „Differenzierung“ auch Nachteile beseitigen kann, ohne dass dies in gesellschaftlich ungleichen Verhältnissen einer Bevorzugung gleich käme. Der Fortschritt, der in § 5 AGG liegt, ist aber nur ein Teil der Geschichte. Das Recht und die politische Debatte um Fördermaßnahmen werfen gleichzeitig komplizierte Fragen auf und bergen erhebliche Herausforderungen.

In diesem Beitrag geht es darum, was juristisch, also im engeren Sinne und insbesondere nach dem AGG, unter „Positiven Maßnahmen“ zu verstehen ist (2) , aber auch darum, wie politisch und praktisch sinnvoll damit umgegangen werden sollte. Ausgangspunkt sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für gleichstellungsorientierte Praxis und Thema sind die Probleme, die Herausforderungen, die Ambivalenzen, die uns beim Thema Positive Maßnahmen bewegen müssen. Ich stelle die Frage, wie sinnvoll es ist, sich in der bisher gängigen Weise auf „Positive Maßnahmen“ zu konzentrieren, und plädiere dafür, über differenzierte Gleichstellungsmaßnahmen breiter gefächert zu diskutieren. Dabei wende ich mich gegen jede Form von Gruppismus, auch wenn sie gut gemeint ist, weil sie essentialisiert und das Problem wiederholt, das wir lösen wollen. Alternativ scheint es wichtiger, eine postkategoriale Politik gegen Diskriminierung zu entwickeln.

Der rechtliche Ausgangspunkt: jedenfalls fördern dürfen, vielleicht auch müssen

Die Rede von den „Positiven Maßnahmen“ kommt – rechtspolitisch und dogmatisch betrachtet – aus dem Europarecht, mit Blick auf „affirmative action“ auch aus den USA. Ausgangspunkt der Diskussionen in Deutschland ist § 5 AGG, der in Umsetzung europäischer Richtlinien gegen Diskriminierung und auch im Einklang mit ihnen (3) ausdrücklich „Positive Maßnahmen“ nennt. Das dient, so § 1 AGG, der Umsetzung des Zieles des AGG, „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“ Eine Positive Maßnahme ist nach § 5 AGG also keine benachteiligende, sondern „eine unterschiedliche Behandlung“, „wenn durch geeignete und angemessene Maßnahmen bestehende Nachteile wegen eines in § 1 genannten Grundes verhindert oder ausgeglichen werden sollen“. (4) Das klingt sehr schön. Aber es wirft auch Fragen auf.

Rechtlich stellt sich zunächst die Frage, ob Positive Maßnahmen nur ergriffen werden dürfen oder ob sie auch ergriffen werden müssen – vom Staat, vom Arbeitgeber, von Dienstleistenden etc. Das AGG zwingt hier ausdrücklich zu nichts, es lässt nur zu. Allerdings gibt es einige weitere juristische Regeln, aus denen sich erhöhter rechtlicher Druck ableiten lässt, auch tatsächlich etwas zu tun. So verpflichten das Grundgesetz und einige Landesverfassungen ausdrücklich dazu, Gleichstellung zu fördern. Im Grundgesetz normiert Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG für den Staat seit 1994 zumindest, aktiv auf die Gleichstellung von Männern und Frauen hinzuwirken. Es ist allerdings durchaus ernüchternd, dass eine geschlechtsbezogene Fördervorschrift für die Privatwirtschaft einschließlich der Aufsichtsräte oder Vorstände großer Unternehmen immer noch fehlt. Daneben suggeriert Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG, dass aktiv gegen Diskriminierung wegen einer Behinderung, also eigentlich: gegen Behinderungen vorgegangen werden soll, was die UN-Konvention gegen Behinderungen von 2006, die seit 2009 verbindlich gilt, verstärkt.

In aller Regel eröffnet internationales Recht - die Konventionen gegen Rassismus (CERD), für Rechte der Frauen (CEDAW), der Kinder (CRC) oder gegen Behinderungen (CRDP) - ebenso wie die EU allerdings gerade bei Positiven Maßnahmen lediglich Spielräume für Staaten. Menschenrechtsverträge fordern aber Rechenschaft und enthalten Selbstverpflichtungen, auf die sich durchaus – politisch und anlässlich der Berichterstattungsverfahren vor den Ausschüssen der Vereinten Nationen – Bezug nehmen lässt. Im Bereich Behinderung tut der Gesetzgeber auch Einiges, nicht zuletzt auf Druck einer starken Lobby. Das Bundesverfassungsgericht hat schließlich aus dem Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG schon vor 1994 auch herausgelesen, dass der Staat durchaus zugunsten der Gleichstellung wirken darf (5). Doch wie soll das konkret aussehen, wo jetzt § 5 AGG Positive Maßnahmen erlaubt?

Ein Problem: Gruppismus

Die Regeln zu Positiven Maßnahmen sind erfreulich, aber auch problematisch. In der Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung heißt es, man wolle „gezielte Maßnahmen zur Förderung bisher benachteiligter Gruppen nicht nur durch den Gesetzgeber (wie etwa im Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen und im Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern), sondern auch durch ArbeitgeberInnen, Tarifvertrags- und BetriebspartnerInnen sowie seitens der Parteien eines privatrechtlichen Vertrags“ ermöglichen. Hier wird also anerkannt, dass aktive Politik benötigt wird, um Gleichstellung zu erreichen, nicht nur passive Verbote. Aber im Detail irritiert es, dass der Gesetzgeber auf „Gruppen“ Bezug nimmt. Wer soll das sein?

Die Rede von „benachteiligten Gruppen“ ist sehr geläufig. Die Politik orientiert sich dann an Zielgruppen, Menschen fühlen sich einer Gruppe zugehörig und in Debatten beziehen sich viele auf Gruppen: „die Frauen“, „die MigrantInnen“, „die Behinderten“, usw. Individuell mag es auch wichtig sein, sich irgendwo sozial zu Hause zu fühlen, ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu entwickeln, gemeinsam auch politisch zu handeln. Die Gruppe scheint aber auch zentral, wenn Diskriminierung als Phobie beschrieben wird: Homophobie, Ausländerfeindlichkeit und Fremdenangst.

Dann werden Ungleichheiten nicht nur psychologisiert, sondern man konzentriert sich auch auf TäterInnen. So schreibt auch die Bundesregierung in der Begründung zum AGG, Ziel sei ein „möglichst lückenloser Schutz vor ethnisch motivierter Benachteiligung“. Es geht aber nicht um Motive der Benachteiligenden, sondern um Nachteile Diskriminierter. Gleichstellungsrecht darf sich nach der überzeugenden europäischen Rechtsprechung deshalb auch nicht an Motiven oder Beweggründen orientieren, also auch keinen Vorsatz verlangen, um Diskriminierung ahnden zu können. Die Rede von „Motivation“ verweist ebenso wie die Diskussion um „hate crimes“, also Strafverschärfung wegen diskriminierender Gesinnung, auf eine tief verwurzelte und eben problematische Gewohnheit, Diskriminierung als Ausdruck einer kollektiven Psyche in Reaktion auf konstruierte Kollektive zu sehen.

Was ist falsch, wenn „Gruppen“ gefördert werden sollen?

In Diskussionen um Positive Maßnahmen ist es ebenfalls ganz üblich, von Gruppen zu sprechen, die als Benachteiligte jetzt endlich gefördert werden sollen. Auch hier ist es falsch, weil politisch und juristisch gefährlich, sich auf Gruppen zu beziehen. Noch schärfer formuliert: Der Bezug auf Gruppen und Gruppenrechte ist keine Lösung, sondern ein zentrales Problem von Recht gegen Diskriminierung. Warum?

Gruppenrechte essentialisieren Differenz und Ungleichheiten. Wer Menschen in Gruppen einteilt, reduziert sie auf ein Merkmal oder eine Eigenschaft, homogenisiert also Menschen, die Einiges, aber nie alles gemeinsam haben. Wer sich an Gruppen orientiert, tendiert dazu, kollektive Identitätskonzepte als Identitätspolitiken zu verfestigen. Das begünstigt elitäre Repräsentationspolitiken, denn in Gruppen sprechen dann „leader“ für andere, mit denen dann nicht gesprochen werden muss. Das ist ein zentraler Faktor nationalistischer Politiken, die Rogers Brubaker (6) in seiner Kritik des Gruppismus analysiert hat; es ist auch ein wesentlicher Aspekt multikultureller Politik, die Anne Phillipps in ihrem Plädoyer für „Multikulturalismus ohne Kultur“ (7) kritisiert. Ein Beispiel für die Probleme gruppistischer Politiken ist die von der Bundesregierung initiierte Islamkonferenz, in der von Anfang an umstritten ist, wer da für wen sprechen darf. Ein weiteres Beispiel ist aber auch dem AGG selbst eigen, da es für bestimmte Gruppen, nämlich für Religionsgemeinschaften, kollektive Privilegien sichert, die diesen selbst wieder ermöglichen, andere zu diskriminieren. (8) Das Problem, mit dem Bezug auf Gruppen auch elitäre Fürsprache für diese zu fördern und die Individuen in den Gruppen zu ignorieren, ist ein Problem aller Minderheitenrechte.

Grund- und Menschenrechte für sozial situierte Individuen

Der Gruppismus widerspricht auch der Tradition der Grund- und Menschenrechte. Den Menschenrechten und auch den deutschen Grundrechten einschließlich des Rechts auf Gleichheit in Art. 3 GG liegt kein Kollektivismus, sondern ein normativer Individualismus zugrunde. Mehr noch: die Grund- und Menschenrechte richten sich historisch gerade gegen Politiken, in den Individuen verfolgt und ausgegrenzt worden sind, weil sie einer Gruppe zugerechnet wurden, die als minderwertig galt. Der Antisemitismus lebt davon ebenso wie jeder andere Rassismus. Auch Sexismus lässt sich so verstehen: „Die Frauen“ werden diskriminiert, indem sie auf eine bestimmte Variante von Weiblichkeit reduziert werden, und Menschen werden benachteiligt, wenn und soweit eine bestimmte Norm des Sexuellen für alle gilt, wo dann die eine Gruppe heterosexuell normgetreu lebt und die andere Gruppe homosexuell abweicht.  Grund- und Menschenrechte waren und sind jedoch gerade ein „Nie wieder“ zum Holocaust und, für Einige, zur Sklaverei und deren Varianten im Kolonialismus und auch gegen sexuelle Diskriminierung. Grund- und Menschenrechte lassen sich insgesamt ebenso wie das Antidiskriminierungsrecht als Normen verstehen, mit denen kritisiert wird, wenn Menschen ihre Individualität abgesprochen wird, indem sie auf Gruppen reduziert werden.

Das Problem des Gruppismus verschwindet nun nicht, wenn es gut gemeint ist, Vielmehr ist Gruppismus auch problematisch, wenn eine Gruppe in guter Absicht konstruiert und gefördert wird. Wer Fördermaßnahmen als Gruppenrechte konstruiert, beteiligt sich daran, Identitäten aufzuzwingen. Das ist als Dilemma der Differenz (9) beschrieben worden. Es bedeutet jedoch nicht, dass Förderung undenkbar wäre. Es bedeutet schon gar nicht, dass nach langjähriger Diskriminierung z.B. durch Segregation, also Trennung in unterschiedliche Lebensbereiche, nicht dringend auch Maßnahmen gefragt sind. Dann geht es jedoch nicht darum, Menschen zu „integrieren“, sondern eher darum, Menschen partizipieren zu lassen. Es geht nicht darum, der Gruppe zu sagen, was gut für sie ist, sondern Einzelnen zu ermöglichen, zu entscheiden, was gut für sie ist. Problematisch ist es, wenn ein zentrales Problem wiederholt wird, um es zu lösen; produktiv wird es, wenn ein Problem benannt, aber nicht normiert wird, um es zu beseitigen. Gibt es also auch, wie ich sie nennen würde, postkategoriale Gleichstellungsmaßnahmen, also Politiken und Argumente, die den Gruppismus hinter sich lassen?

Ein weiteres Problem: Symmetrie

Bevor wir uns dem zuwenden, müssen wir einige weitere Probleme der gängigen Deutungen von „positiven Maßnahmen“ lösen. Eines liegt in einer symmetrischen Weltsicht, die wie auch der Gruppismus sehr geläufig ist. Danach sind grundsätzlich Menschen gleichberechtigt und nur ausnahmsweise diskriminiert; die Symmetrie also die Regel, die Asymmetrie die Ausnahme. Nach Auffassung des Gesetzgebers soll bei der Interpretation von § 5 AGG daher ein objektiver Maßstab gelten und es soll eine „Abwägung mit Rechtspositionen der von ihnen negativ Betroffenen“ stattfinden. Unter Hinweis auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) heißt es, dass ein „absoluter Vorrang der zu fördernden Gruppe“ nicht zulässig ist (10). Hat das irgendwer gefordert – oder sind das eher Fantasien und Unterstellungen, die Politik hier prägen?

In der Sache gibt die europäische Rechtsprechung vor, in jedem Einzelfall einer Fördermaßnahme darauf zu achten, dass niemand ungerecht behandelt wird, und zwar auch nicht der- oder diejenige, die angesichts einer Fördermaßnahme zugunsten Benachteiligter zurückstehen muss. (11) Von „absolut“ kann also keine Rede sein.

„Bevorzugung“ – von wem?

Zum AGG heißt es in der Begründung weiter, „aus sonstigen Gründen erlaubte Bevorzugungen“ seien „durch die Vorschrift nicht berührt“, wie z.B. der Vaterschaftsurlaub. Es kann durchaus irritieren, warum es strategisch in Deutschland sinnvoll ist, dieses Beispiel zu nennen. Wem müssen hier welche Ängste genommen werden? Männern, die meinen, zu kurz zu kommen? Hier wird jedenfalls suggeriert, dass auch weithin Privilegierte – hier: Männer - von Maßnahmen gegen Diskriminierung mit profitieren werden.

Wenn zudem von „Bevorzugung“ gesprochen wird, fällt der Begründungstext in eine Rhetorik zurück, die durch das AGG mit seinem § 1 gegen Benachteiligungen überwunden werden sollte. Es ist ein Rückfall in eben die politisch konservative Vorstellung, Gleichstellungsrecht sei ein Recht gegen unsachliche Unterschiede – mal für die Einen, mal für die Anderen. Es ist eine blinde, eine unhistorische Vorstellung – als ginge es bei Sexismus mal um die Frauen, mal um die Männer, bei Rassismus mal um Schwarze, mal um Weiße usw. – und nicht etwa um tradierte, verfestigte, in Strukturen manifeste Benachteiligungen, die nicht automatisch oder immer, aber im sogar empirisch nachweisbaren Regelfall „die Anderen“ treffen, also hierzulande: Frauen, Migrant_innen, Nicht-Christ_innen, Alte und Kinder, Behinderte etc. Demgegenüber geht eine symmetrische – oder formale – Vorstellung von Gleichstellungsrecht davon aus, dass eigentlich alle gleiche Chancen haben, einige nur ausnahmsweise benachteiligt und einige dann ebenso ausnahmsweise bevorzugt werden sollten.

Eine symmetrische IIllusion

Eine solche Sichtweise entspricht schlicht nicht der gesellschaftlichen Realität, die von zahlreichen Mustern der Ungleichheit durchzogen ist. Es ignoriert den Kern von Diskriminierung – die ungleiche Verteilung von Chancen, Ressourcen, Anerkennung, die eben nicht willkürlich oder gar zufällig, sondern historisch gewachsen tief in gesellschaftliche Strukturen eingeschrieben ist, die Privilegien der Normalität sichern. Es handelt sich also um eine problematische symmetrische Illusion.

Diese Illusion hat auch mehrere problematische Folgen. Sie führt dazu, dass Positive Maßnahmen auch für die diskutiert werden, die hinsichtlich der Merkmale, die eigentlich Benachteiligung indizieren, eher profitieren, also auf der Seite der Privilegien stehen. Dann erscheint entgegen aller Befunde zu sozialen Ungleichheiten plausibel, dass Menschen gefördert werden, die eine Merkmalsdividende erhalten, die also von einer strukturellen Ungleichheit eher profitieren. Connell hat das mit Blick auf Männer als patriarchale Dividende beschrieben (12). Es lässt sich beobachten, wenn Männer gefördert werden sollen, obwohl die meisten in der Erwerbsarbeit auch wegen des Geschlechts weithin mehr Zugang, mehr Verdienst, mehr Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung haben als die meisten Frauen, oder wenn Frauenförderung ausschließlich Menschen zugute kommt, die der Mittel- oder Oberschicht angehören, heterosexuell in einer Normpartnerschaft leben, nicht behindert sind usw. In Deutschland gibt es solche Diskussionen über Fördermaßnahmen für GrundschullehrerInnen. Diese sind nicht völlig deplatziert. Wichtig wäre es jedoch, über die Abwertung von Berufen zu sprechen, in denen überwiegend Frauen tätig sind, und die Abwertung der Tätigkeiten, die den Dingen nahe sind, die kulturell Frauen zugewiesen werden, also Fürsorge und frühe Erziehung, und über Vorstellungen, pädagogisch Abschied von „männlichen Vorbildern“ alten Zuschnitts oder von sexistischer Differenzierung zwischen Mädchen und Jungen zu nehmen.

Unterschiede oder Diskriminierung?

In Deutschland sind demgegenüber bislang Forderungen, „Deutsche“ oder „Weiße“ zu fördern, nur bei Rechtsradikalen etabliert. Doch gibt es durchaus bereits Verhältnisse, wo „Positive Maßnahmen“ denen dienen sollen, die von in einer Gesellschaft, die sich im Anschluss an Rommelspacher (13) als Weiße Dominanzkultur beschreiben lässt, durchweg profitieren, wie z.B. an Hochschulen in Kalifornien in den USA. Zudem folgt das AGG selbst an einer Stelle der symmetrischen Illusion. Nach § 19 Abs. 3 AGG darf „im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse“ bei der Vermietung von Wohnungen rassistisch - in der Sprache des AGG: "aufgrund von Rasse oder Ethnizität" - differenziert werden. Gemeint sind Entwicklungen, in denen Wohngebiete „kippen“, sich also die demografischen Verhältnisse so ändern, dass die Wohnqualität massiv abgewertet wird. Das AGG konstruiert Maßnahmen gegen dieses Kippen implizit als Positive Maßnahmen zur Förderung von Vielfalt. Konkret handelt es sich aber regelmäßig um Ausgrenzung der „Anderen“ aus Weißen und für bestimmte soziale Schichten gedachten Räumen. Auch hier zeigt sich: Wer Unterschiede sät, kann Diskriminierung ernten. (14)

Gesellschaften sind nicht symmetrisch, sondern durch Strukturen und individuelle Erfahrungen der Ungleichheit geprägt. Wer Regeln symmetrisch fasst, konstruiert Wirklichkeit aus der Sicht derer, die privilegiert sind, deren Leben nicht auch durch Diskriminierung geprägt ist. Dann werden Unterschiede behauptet, wo Benachteiligung vorliegt, oder, nach Catharine MacKinnon: das fixiert symmetrische Differenz und bekämpft nicht asymmetrische Dominanz. (15) Es werden – im Anschluss an Spivak (16) – Erfahrungen der Subalterne ausgeblendet. Es wird Differenz – und oft auch Diversität – gesagt, wo über Rassismus, Sexismus etc. gesprochen werden sollte. Die symmetrische Illusion verhindert es nicht zuletzt, auch schmerzliche Gespräche zu führen, aber sie tut damit, vereinfacht formuliert, nur Einigen weniger weh.

Noch ein Problem: Subtilisierung

Schließlich gibt es noch ein weiteres Problem der „Quoten“. Positive Maßnahmen wecken Hoffnungen, die sich nicht nur so ohne weiteres nicht erfüllen. Vielmehr zeigen die Erfahrungen mit den seit Jahrzehnten etablierten Regeln gegen Sexismus jedenfalls im Öffentlichen Dienst, dass Förderregeln auch dazu führen, Diskriminierung besser zu verstecken, Benachteiligung also subtiler werden zu lassen. Daher nenne ich diesen Effekt Subtilisierung: Wenn eine Förderregel gilt, wird nach unauffälligeren Dingen als zuvor gesucht, um weiter zu machen wie bisher. Da, wo es bislang in Deutschland rechtlich zwingend qualifikationsabhängige Quoten gibt, werden dann eben ungleiche Qualifikationen festgestellt, um die Quote nie zur Anwendung zu bringen. Oder es werden in Bewerbungsverfahren gerade die nicht in die engere Wahl gezogen, die tatsächlich konkurrieren und dann von Positiven Maßnahmen profitieren würden, um der Vorgabe insgesamt auszuweichen. Oder es werden Positionen ad personam besetzt, also insgesamt ohne Verfahren, um erst gar keine Diskussion zu führen zu müssen.  Dann verschiebt eine Quote die Vorurteile, anstatt ihnen entgegen zu treten.

Sinnvoller ist es, genau zu diskutieren, was wo zu welchem Zweck Qualifikation bedeutet. Die Berliner Polizei hat – so Polizeipräsident Glietsch auf der Veranstaltung des ADNB 2009 - u.a. ihre Assessments umgestellt, also überprüft, inwiefern Auswahlkriterien mittelbar dazu führen, MigrantInnen aus der Polizei auszugrenzen. Dazu gehört folgende Formulierung zu Stellenausschreibungen: „Die Berliner Polizei, die als Hauptstadtpolizei bei ihrer Aufgabenerfüllung den vielfältigen Anforderungen einer multikulturellen Metropole Rechnung zu tragen hat, ist besonders an Bewerberinnen/Bewerbern interessiert, die über - möglichst muttersprachliche - Fremdsprachenkenntnisse verfügen, insbesondere Arabisch, Chinesisch, Englisch, Französisch, Italienisch, Kroatisch, Polnisch, Russisch, Serbisch, Spanisch, Tschechisch, Türkisch oder Vietnamesisch.“ Das fördert zumindest im Ansatz Vielfalt ohne Gruppismus, ohne Symmetrie, ohne Subtilisierung.

Essentialismus

Mit dem Bezug auf scheinbar klar bestimmbare Gruppen wird also eine Minderheit, eine Subalterne, werden die Anderen als solche konstruiert und zementiert. Zum Einen werden ein Merkmal, eine Eigenschaft und eine Erfahrung zu einem bestimmenden Aspekt kollektiver Identität. Das ist zwar unproblematisch, wenn sich Menschen für so etwas zu Zeiten selbst entscheiden, weil es dann immer wieder auch verändert werden kann. Nichts spricht dagegen, sich heute „als Frau“ oder „als Mann“ oder „als Christin“ oder „als Muslim“ oder „als Behinderte“ oder auch als „Wohlhabende“ etc. zu fühlen, zu geben und zu engagieren. Es ist aber etwas ganz anderes, darauf staatlich, juristisch festgelegt zu werden.

Wer Menschen bezogen auf bestimmte Merkmale fördert, festigt aber genau diese Merkmale auch als Stigma. Eine „Frauenquote“ ist deshalb ebenso problematisch wie eine ethnische Quote, die als „Schwarzenquote“, wie sie 2009 auf der Fashion-Week in Sao Paulo in Brasilien für die Auswahl von Models in der Modebranche vorgeschlagen worden ist, schwierig ist, nicht weil es sich um Positive Maßnahmen handelt, sondern weil und soweit diese Gruppen fixieren. Beide sind gleichstellungsorientiert gemeint, wirken sich aber so auch gleichstellungsfeindlich aus. Sie naturalisieren ein Merkmal – Frau, schwarz – und bestätigen Alltagsstereotype („die brauchen das, weil sie es sonst nicht schaffen“). Sie reduzieren Menschen auch auf ein Merkmal, privilegieren das politisch und ignorieren Andere. Wer Eine/n fördert, lässt auch Andere außen vor. Es geht ja regelmäßig nicht darum, schlicht Chancen zu eröffnen, sondern es geht um ganz konkrete Verteilungsentscheidungen mit begrenzten Mitteln: Positive Maßnahmen für eine Stelle, einen Ausbildungsplatz, ein Mandat. Solche „Quoten“, die sich so an „Merkmalen“ orientieren, müssen dann aber Vorrangregeln haben: erst die Frauen, dann die Behinderten, dann die MigrantInnen? So spielen Normen Menschen gegeneinander aus. Kurz: Wer Differenzierung sät, wird auch Diskriminierung ernten, und wer eine Differenzierung setzt, wird hierarchisierte Ungleichheiten (17) erzeugen.

Das Beispiel des § 20 AGG

Ein Beispiel aus dem AGG ist dessen § 20. Dort werden hinsichtlich der Religion, einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Identität oder des Geschlechts Unterschiede am Markt zugelassen, wenn dafür ein sachlicher Grund vorliegt (§ 20 Abs. 1). Als solche Gründe anerkennt das AGG insbesondere die Vermeidung von Gefahren oder Schäden, den Schutz der Intimsphäre oder der persönlichen Sicherheit und wieder die Selbstbestimmung von Religionsgemeinschaften, sowie (Abs. 2) bestimmte versicherungsmathematische Kalkulationen. Ausdrücklich nennt der Gesetzgeber aber auch Maßnahmen, mit denen „besondere Vorteile gewährt“ werden „und ein Interesse an der Durchsetzung der Gleichbehandlung fehlt“ (Nr. 3). Hier geht es also deutlich um Fördermaßnahmen, aber: die „Merkmale“ „Rasse“ und Ethnizität werden nicht genannt. Der Gesetzgeber hat an „Preisnachlässe oder andere Sonderkonditionen bei der Anbahnung, Durchführung oder Beendigung von Massengeschäften“ gedacht, die niemanden benachteiligen. Was soll das sein? Ermäßigungen für alte oder junge Menschen bei Eintrittspreisen? Benachteiligen diese tatsächlich niemanden, wenn doch die Gesamtkalkulation stimmen muss? Das AGG geht jedenfalls davon aus, dass solche Maßnahmen zulässig sind. Eine positive - und vielleicht auch öffentlichkeitswirksame - Aktion, Benachteiligte umsonst in die Theater zu lassen, ins Kino oder ins Schwimmbad, wäre also zulässig. Aber wäre es nicht auch höchst problematisch, dann damit zu werben, dass endlich „Schwule, Schwarze und Behinderte, Frauen und Lesben,“ usw. willkommen sind?

Jenseits des Dilemmas der Differenz?

Eine symmetrische und essentialisierende Vorstellung von Positiven Maßnahmen birgt also insgesamt große Probleme. Es sind Probleme für jede Arbeit gegen Diskriminierung, aber spezifische Probleme im Recht: das Dilemma der Differenz. Auch wer es gut meint, nutzt ein Stigma – wie also lässt sich, erneut, „postkategorial“ gegen Diskriminierung arbeiten? Wir müssen immer wieder diskutieren, was es bedeutet, wenn das ADNB des TBB den Schwerpunkt auf Arbeit mit und für Menschen nicht-deutscher Herkunft und People Of Colour legt. Was genau wird da markiert, mit welchen auch unbeabsichtigten Wirkungen? Klar ist, dass Rassismus, also Merkmale wie Herkunft oder Hautfarbe, ebenso wie andere Markierungen von Ungleichheiten nie isoliert von Geschlecht und sexueller Identität, von Alter und Befähigung, von Glauben und Weltanschauung und was sich sonst noch hierarchisierend auswirkt, zu verstehen ist. Diskriminierung ist immer mehrdimensional. Daher ist es sinnvoll, nicht von MigrantInnen, sondern von Menschen oder „people“ mit Migrationserfahrungen zu sprechen. Aber ist das genug? Und wann ist die Orientierung auf „nicht-deutsch“ angemessen? Was suggeriert die Kombination „Nicht-deutsch“ und „Colour“? Wir müssen uns mit dem Zusammenwirken und der Mehrdimensionalität wie mit der Hierarchie der Ungleichheiten ebenso wie mit der Angemessenheit der sprachlichen Bezeichnungen befassen, um Diskriminierung und die Arbeit gegen Ungleichheiten mehrfach - intersektional, interdependent – zu begreifen.

Hier liegen also – zumindest für mein Nachdenken über „Positive Maßnahmen“ – die derzeit größten Probleme. Es ist überhaupt nicht klar, wie sich ohne erneute Stigmatisierung und Essentialisierung und eingedenk der Mehrdimensionalität, also „postkategorial“ juristisch eindeutig benennen ließe, auf wen sich Positive Maßnahmen konkret beziehen sollen. Das AGG arbeitet mit „Merkmalen“ wie „Rasse“ (18) und „Ethnizität“. Das ADNB arbeitet für People of Colour und Menschen mit Migrationshintergrund oder Nicht-Deutsche. So wird keine Gruppe markiert, sondern eine Wahrscheinlichkeit benannt, benachteiligt zu werden. Konkrete Erfahrungen sind das eben nicht, denn diese sind nicht kollektiv identisch. In der politischen Arbeit mag daher die Markierung von Benachteiligungswahrscheinlichkeiten - oft „Strukturen“ genannt – wichtig sein. Für Regeln und Maßnahmen trägt das aber eher nicht.

Was folgt daraus?

Was folgt daraus für die Arbeit gegen Diskriminierung? Wie gelingt es, Menschen „positiv“ zu adressieren, ohne das Negative damit immer wieder festzuschreiben? Wie wichtig sind da bestimmte Zusammenhänge, muss sich also eine „Positive Maßnahme“ in Berlin auf andere Merkmale beziehen als in, z.B., München? Muss sie sich in Schulen auf andere Menschen beziehen als im Lebensmittel-Einzelhandel, eine Maßnahme in der Politik auf andere Merkmale abstellen als eine Maßnahme im Sport?

Jede Regelung, die positive Maßnahmen auf „Merkmale“ bezieht, wird die „Zielgruppe“ oft zu weit und manchmal zu eng fassen. Dann werden von einer Maßnahme oft auch genau die erfasst, die es auch ohne sie schaffen würden. So haben Maßnahmen zur Frauenförderung durchaus auch die Tendenz, gerade die Frauen zu fördern, die ansonsten eher privilegiert sind. Desgleichen lässt Männerförderung schwule oder behinderte Männer tendenziell außen vor; sie fördert die hegemoniale Männlichkeit (Connell). Und die Förderung von Muslimen privilegiert tendenziell Männer und zeigt einen konservativen Drall. Merkmalsbezogene positive Maßnahmen normieren, zementieren, essentialisieren und aktivieren Stereotype, und das in institutionell vermachteten Zusammenhängen.

Postkategoriales Antidiskriminierungsrecht

Wie sollen wir also nennen, was auch juristisch wahrgenommen, kompetent adressiert und was bekämpft werden soll? Warum nicht Recht - und damit auch Maßnahmen - gegen Rassismus, und damit, allgemeiner: postkategoriales Antidiskriminierungsrecht? Warum nicht Recht gegen Sexismus, damit für all die Männer und Frauen und Intersexuellen, die von einer rigiden Zweigeschlechtlichkeit nachteilig betroffen sind? Warum nicht Recht gegen jede Orientierung am biochronologischen Alter, damit also für alle, die gern nach genaueren Kriterien als dem Geburtsjahrgang beurteilt werden? Das AGG erlaubt derzeit eine unterschiedliche Behandlung hinsichtlich des Alters, wenn eine Maßnahme „objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt“ sowie „angemessen und erforderlich“ ist (§ 10). Danach dürfen ArbeitgeberInnen also Menschen eines bestimmten Alters fördern, um die Personalstruktur zu diversifizieren. Das ist eine Positive Maßnahme. Aber ist es überhaupt je sinnvoll, an ein biografisches Lebensalter anzuknüpfen? Sollten wir uns nicht eher an Fähigkeiten und Einschränkungen orientieren? Es ist mehr als fraglich, ob normierte Unterschiede jemals  „positiv“ wirken können. Gibt es eine Maßnahme zu Geschlecht, die nicht sexistisch wirkt, zu sexueller Orientierung, die nicht im heteronormativen Muster steht, zu „Rasse“, die nicht Rassismus ist? Ich bezweifle das.

Was genau ist „positiv“ für wen?

Juristisch signalisiert also sogar die an sich erfreuliche Möglichkeit, aktiv gegen Diskriminierung vorzugehen, die § 5 AGG mit den „Positiven Maßnahmen“ regelt, einige Schwierigkeiten. Der deutsche Gesetzgeber sagt deutlich, dass „Positive Maßnahmen“ grundsätzlich zulässig sind, und europarechtlich ist klar, dass sie zulässig sind, wenn sie niemanden automatisch fördern, den Einzelfall ausreichend beachten und verhältnismäßig sind. (19) Dasselbe statuiert mit Blick auf rassistisch markierte Menschen auch Art. 2 Abs. 2 der Antirassismus- Konvention der Vereinten Nationen (CERD), die Deutschland seit langem ratifiziert hat. Das AGG erlaubt damit Fördermaßnahmen, jedenfalls unter bestimmten Bedingungen und auch für rassistisch Benachteiligte. Die Ambivalenz bleibt, solange es mit „Merkmalen“ arbeitet, gruppistisches Denken begünstigt und „Unterscheidungen“ zulässt, also einer symmetrischen Illusion folgt. Die Diskussion um Positive Maßnahmen muss sich daher sehr intensiv mit der Frage befassen, für wen genau da was genau getan werden soll.

Insbesondere bietet es sich an, „Positive Maßnahmen“ nicht mehr so eng zu fassen wie bisher. „Positive“ Maßnahmen sind doch eigentlich all jene, die darauf zielen, zur Gleichstellung und Vielfalt ohne Ausgrenzung beizutragen. Sie sind „positiv“, weil und wenn sie einen Beitrag zum übergeordneten Ziel darstellen, Diskriminierung zu beenden. Die deutsche, bis zur Klärung auf europäischer Ebene sehr kontroverse und öffentlich fast nur hinsichtlich der geschlechtsbezogenen Ungleichheit geführte Debatte wurde demgegenüber weithin auf eine ganz bestimmte Positive Maßnahme verkürzt, auf „die“ Frauenförderung. Diese wurde dann in meist feindseliger Absicht auch noch auf eine scheinbar formalmathematische Formel gebracht, die tendenziell immer ungerechte, mechanistisch klingende „Quote“. Bei Positiven Maßnahmen geht es jedoch um weit mehr.

Was der Gleichstellung tatsächlich dient …

Radikaler gesagt: Es ist meines Erachtens unsinnig, Positive Maßnahmen so eng zu fassen und von anderen – von welchen eigentlich: negativen Maßnahmen? -abzugrenzen. Ob ich Diskriminierung verbiete oder einen Menschen direkt fördere – entscheidend ist, bei wem, wann und wo eine Maßnahme ansetzt, wenn denn beides der Gleichstellung dient.

Sinnvoll ist es dann wohl, zeitlich zu differenzieren: Nachträgliche Maßnahmen - Beschwerden und Klagen, Schadensersatz für Verletzungen, Unterlassensanordungen für die Zukunft – sind anders zu beurteilen als vorgängige Maßnahmen - präventive Aufklärung usw. Sinnvoll scheint es daneben aber nicht, positive (nicht zwingende) von negativen (zwingenden?) Maßnahmen zu unterscheiden.

Drei Typen positiver Maßnahmen

Produktiv scheint mir auch zu fragen, wo, bei wem und wie genau Maßnahmen ansetzen. Daher schlage ich die Orientierung an drei Typen vor:

  1. Maßnahmen zur Ermächtigung Benachteiligter (empowerment),
  2. Maßnahmen zur Gestaltung von Entscheidungen (anti-bias, Antidiskriminierung i.e.S.), und
  3. Maßnahmen zur Gestaltung von Verhältnissen (Pluralismus).

1 Empowerment

Der erste Typ sind die Maßnahmen zur Ermächtigung, das empowerment. Es ist aus guten Gründen z.B. ein Prinzip der Arbeit des ADNB im TBB und zielt darauf, Menschen, die diskriminiert werden, also Benachteiligungen erfahren, zu stärken. Dazu gehört die „Förderung“ - aber eben die ermächtigende, nicht die paternalistische - z.B. eben des ADNB mit öffentlichen Geldern. Das sind auch Maßnahmen zur Stärkung von Netzwerken oder Vereinigungen. Dazu gehören auch Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen. Sie setzen in erster Linie direkt bei Benachteiligten an. Es können aber auch Maßnahmen sein, die Privilegierte dazu bringen, sich mit Diskriminierung auseinander zu setzen, um zu verstehen, wie Benachteiligte ermächtigt werden können und wollen.

Ermächtigungsmaßnahmen sind im Bereich der Erwerbsarbeit ebenso sinnvoll wie in der Sozial- oder Bildungspolitik, der Familien- oder Gesundheitspolitik, der Infrastruktur- und Regionalpolitik – um nicht mehr über Andere, sondern miteinander zu sprechen - let the subaltern speak -, um Wirklichkeiten nicht als symmetrische, sondern auch als ungleiche Verhältnisse begreifen zu können. Das ist eine Querschnittsaufgabe demokratischer Politik im aktivierenden Gewährleistungsstaat.

2 Gestaltung von Entscheidungen

Der zweite Typ Positiver Maßnahmen zur Gleichstellung sind Maßnahmen zur Gestaltung von Entscheidungen, also anti-bias, Antidiskriminierung im engeren Sinne. Sie wenden sich direkt an Menschen mit Entscheidungsmacht, um diese dazu zu bringen, gerecht zu be/urteilen. Das zielt auf alle Menschen, die Macht haben und (auch) so privilegiert sind. Entscheidungsbezogene Maßnahmen sind Verbote diskriminierender Entscheidungen mit Sanktionen (z.B. bei Auswahl, Einstellung, Beförderung, aber auch Benotung usw.), Trainings für Personalauswahl oder - beurteilung, Aus- und Fortbildung für Lehrende, strategische und fachliche Kompetenzentwicklung für Politik und Verwaltung usw.

Solche Maßnahmen sind für die Erwerbsarbeit wichtig - Ausbildung, Einstellung, Beförderung, Kündigungsschutz -, was sich auch mit der Häufung dieses Lebensbereichs im Beschwerdebild des ADNB deckt. Aber Entscheidungen werden auch in der Politik, im Ehrenamt, in der Bildung usw. gefällt. Auch hier sind Maßnahmen gegen Vorurteile eine Querschnittsaufgabe.

3 Gestaltung von Verhältnissen

Der dritte Typ Positiver Maßnahmen gegen Diskriminierung sind Maßnahmen zur Gestaltung von Verhältnissen mit dem Ziel der Pluralität. Offiziell heißt das Ziel „Gleichstellung“ oder „Integration“ oder „Diversität“ bzw. „Vielfalt“; ich denke an Pluralität, weil ich nicht bestimmte Unterschiede betonen will, sondern unzählige Lebensentwürfe ermöglichen möchte. Solche Maßnahmen zielen darauf, bestimmte Ergebnisse abzusichern, also die Resultate der Entscheidungen. Sie adressieren wieder Menschen mit Entscheidungsmacht (und deshalb sind viele dieser Versuche auch nur sehr bedingt wirksam), wie die Entscheidungsvorgaben, bei gleicher Qualifikation – oder im öffentlichen Dienst: bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung – im Zweifel zugunsten der Unterrepräsentierten – eigentlich: Benachteiligter - zu entscheiden und nicht mehr wie bislang im Zweifel zugunsten der Passung ins Privileg (das ist „die Quote“).

Solche Gestaltungsmaßnahmen sind in der Erwerbsarbeit wichtig und bekannt - deutlich für Schwerbehinderte, weiter kontrovers für Frauen, laut gefordert für Männer, diskutiert für rassistisch benachteiligte Menschen, Migrantinnen und auch Migranten, so und anders Benachteiligte. Dann müssen sie qualifikationsabhängig gestaltet werden. Solche Vorgaben können sich aber auch auf Repräsentation oder Ressourcen beziehen. Dann kommt es nicht immer auf Qualifikationen an. Diese „Quoten“ oder Vorgaben zu „Parität“ richten sie sich an Organisationen, z.B. im Rahmen der Vergabe öffentlicher Gelder (20) oder durch die Pflicht, Beschwerdestellen einzurichten. Weiter können sie Orte eröffnen, z.B. durch die Überlassung von Räumen an Menschen, die bislang dort keinen Ort haben. Weitere Beispiele sind Quotierungen z.B. von Ausbildungsplätzen oder Vorgaben zur Zusammensetzung von Gremien, zu Kandidaturlisten. Vorgaben für pluralistische Verhältnisse.

Kein Passe-partout - sondern das Passende wählen

Die Herausforderung guter Antidiskriminierungspolitik liegt darin, sich aus der Palette Positiver Maßnahmen gegen Diskriminierung das Passende auszusuchen. Dazu müssen wir wissen, was warum passt, und um das zu beurteilen, müssen wir wissen, was wie wirkt, welche Vorteile mit sich bringt und welche Nachteile erzeugt. Genau da lauern die Probleme, die ich zu benennen versucht habe: Fördermaßnahmen sind weithin und meist doppelgesichtig. Sie verfestigen im Zuge eines problematischen Gruppismus oft, was individuell sehr unterschiedlich erlebt wird. Sie sind mit dem Dilemma der Differenz konfrontiert, mit dem symmetrischen Bezug auf Unterschiede, die doch eigentlich nicht mehr entscheidend sein sollen, weil sie Benachteiligung bzw. Privilegierung bedeuten. Recht ist eine wichtige Ressource, um gegen Diskriminierung vorzugehen. Aber in den Foren des Rechts und an den Orten juristischen Entscheidens – also in Verwaltungen und anderen Trägern von Hoheitsgewalt und in Gerichten, aber auch in den vorgelagerten Stufen der Beratung und Verhandlungen – müssen wir immer wieder klären, warum aus der Palette der „Positiven Maßnahmen“ was genau zulässig und auch richtig sein soll.

Wir können und sollten nicht naiv fordern, was sich dann kontraproduktiv auswirkt. Eine Hierarchie der Ungleichheiten ist nicht akzeptabel. Wir müssen intensiv diskutieren, wozu Akteure gezwungen sein sollten, oft weit jenseits von Quotierungsdiskussionen. Das AGG zwingt bereits zum vorurteilsfreien, nicht diskriminierenden Handeln, es ermöglicht eine Ermächtigungspolitik und es lässt unter bestimmten Bedingungen auch Entscheidungs- und Zielvorgaben zu. (21) Genügt das für gute Maßnahmen gegen Rassismus, die Benachteiligte ermächtigen, Entscheidungen verändern, Verhältnisse gestalten? Wir suchen wirksame und nicht durch die Hintertür wieder ausgrenzende Regeln für Menschen gegen Diskriminierung. Das AGG ermöglicht hier Vieles. Der Gesetzgeber könnte - im Bund und in den Ländern - deutlicher und sollte auch schlauer werden. Die Fortentwicklung des Rechts der Europäischen Union wird seitens der deutschen Bundesregierung derzeit blockiert, weil man ja schon sehr viel getan habe und Barrierefreiheit für die Wirtschaft zu viel koste; hier muss rechtspolitisch interveniert weren. (22) Diese Debatten werden mit entscheiden, was dann auch rechtlich zu erreichen ist.

Susanne Baer ist Professorin für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien an der Humboldt Universität zu Berlin und Global Law Faculty an der University of Michigan Law School, USA. Sie arbeitet seit Jahren zu Antidiskriminierungsrecht, kritischer Rechtsforschung und vergleichendem Konstitutionalismus.

 

Dieser Beitrag geht auf einen Vortrag der Autorin zum 6. Geburtstag des Antidiskriminierungsnetzwerkes Berlin (ADNB) im TBB Berlin 2009 zurück. Er ist der Arbeit der in diesem Netzwerk Engagierten gewidmet.

Endnoten

1  Die weiteren Regeln zu zulässigen Unterschieden im AGG ermöglichen zwar „positive Maßnahmen“, können aber die allgemeine Regel des § 5 AGG auch wieder einschränken. Das Verhältnis zwischen den jeweiligen Vorschriften ist bislang nicht überzeugend geklärt. Wenn § 5 AGG besagt, dass andere Regeln unberührt bleiben, kann das eben auch bedeuten, Fördermaßnahmen nur für zulässig zu halten, wenn sie auch den weiteren Anforderungen des Gesetzes genügen. Zum Gesetz auch Baer, Diskriminierung beenden - Toleranz fördern. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, in: Die Renaissance der Rechtspolitik. Zehn Jahre Politik für den sozialen Rechtsstaat (Brigitte Zypries, Hg., 2008), S. 135-140.
2  Neben dem AGG spielt die Verfassung – das Grundgesetz, GG - und die Regeln des „Völkerrechts“ oder internationalen Rechts eine wichtige Rolle (dazu unten). Neben dem AGG gelten allerdings auch zahlreiche Gesetze in Bund und Ländern zu einzelnen Diskriminierungsgründe, insbesondere Behinderung und Geschlecht.
3  Artikel 5 der Richtlinie 2000/43/EG, Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG und Artikel 2 Abs. 8 der Richtlinie 76/207/EWG.
4  In der Begründung zum Gesetzentwurf lässt der Gesetzgeber um „Maßnahmen zur Behebung bestehender Nachteile ebenso zu wie präventive Maßnahmen zur Vermeidung künftiger Nachteile“. Es ist also weniger an ausgleichende Gerechtigkeit i.S.v. Kompensation für vergangene Benachteiligung gedacht, sondern eher an Chancengerechtigkeit, die Hürden aus dem Weg räumen und das Aufstellen weiterer Barrieren verhindern soll.
5  Wichtige Entscheidungen des BVerfG behandelten die Witwenrente und dann das Nachtarbeitsverbot gegen Frauen; ausführlich dazu Ute Sacksofsky, Das Grundrecht auf Gleichberechtigung (2. Aufl. (mit Nachtrag) 1996). Für Anregungen zu dieser Argumentation danke ich Nora Markard.
6  Rogers Brubaker, Ethnizität ohne Gruppen, 2007.
7  Das diskutiert u.a. Anne Phillips, Multiculturalism without Culture, 2007.
8  Hinsichtlich des Glaubens erlaubt das AGG Differenzierungen bei Maßnahmen der Religionsgemeinschaften, wenn dies „eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt“, und zwar für „eine bestimmte Religion oder Weltanschauung unter Beachtung des Selbstverständnisses … im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit“ (§ 9 Abs. 1) oder aber, wenn Loyalität im Sinne des Selbstverständnisses verlangt wird (§ 9 Abs.2). Hier dürfen Religionsgemeinschaften – aber nur diese, nicht Weltanschauungsgemeinschaften – die eigenen Leute fördern. Es ist umstritten, inwieweit sie aber auch andere ausgrenzen dürfen, also diejenigen, die den Glauben teilen, aber hinsichtlich eines anderen Merkmals nicht passen, also schwule Männer in der katholischen Kirche oder Frauen in religiösen Positionen zahlreicher Glaubensgemeinschaften. Viele gehen davon aus, dass Religion hier alle anderen Toleranzgebote überspiele. Ich halte das für höchst problematisch. Auch hier wirkt sich das Problem des Gruppismus aus, denn die Rechte des Kollektivs dienen dazu, die Rechte des (gläubigen) Individuums, selbstbestimmt zu leben, zu verletzen.
9  Vgl. grds. Baer, Dilemmata im Recht und Gleichheit als Hierarchisierungsverbot - Der Abschied von Thelma und Louise, Kriminologisches Journal 4/1996, 242. Zu den Debatten um Quoten in einigen westdeutschen Frauenprojekten in den 1980er Jahren Dagmar Schultz, Whiteness – ein persönliches Zeugnis, in: Mythen, Maske, Subjekte (Eggers, Kilomba, Piesche, Arndt, Hrsg, 2005), S. 525. Zur weiterhin einschlägigen Diskussion um Gleichheit und Differenz Andrea Maihofer, Geschlecht als Existenzweise, 1995.
10  EuGH Rs. C-450/93 vom 17. Oktober 1995 – Kalanke. Auf die Entscheidungen in den Fällen Marschall und Badeck wird meist nicht verwiesen, die in der Sache interessanter sind; danach sind Fördermaßnahmen zulässig, solange die Einzelfallgerechtigkeit gewahrt ist; im Rahmen von bereichsspezifischen Plänen sind feste Quoten zulässig, wenn der Staat sie für Ausbildungsplätze vorsieht, auf die er kein Monopol hat.
11  Der EuGH betont in der Rechtsprechung zu „Positiven Maßnahmen“, dass dabei auch durch die Hintertür – bei der Betrachtung der Einzelfallgerechtigkeit – keine diskriminierenden Argumente benutzt werden dürfen. So ist es unzulässig, einen Mann entgegen einer Vorgabe der Frauenförderung einzustellen, nur weil er Alleinernährer ist, weil dieses Kriterium mittelbar ungleiche Geschlechterverhältnisse zementiert und sich zu Lasten von Frauen auswirkt, also selbst diskriminiert.
12  Robert Connell, Der gemachte Mann, Konstruktion und Krise von Männlichkeiten, 1999.
13  Birgit Rommelspacher, Dominanzkultur. Texte zu Fremdheit und Macht, 1995.
14  Problematisch ist auch die Möglichkeit zur „Unterscheidung“ bei familien- und erbrechtlichen Schuldverhältnissen (§ 19 Abs. 4), die regelmäßig Privilegierte fördern wird. So ist eine private Erbentscheidung zugunsten merkmalsbestimmter Menschen ebenso erlaubt wie bei zivilrechtlichen Schuldverhältnissen, „bei denen ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis der Parteien oder ihrer Angehörigen begründet wird“, insbesondere bei Vermietung auf demselben Grundstück und bei Vermietungen von weniger als 50 Wohnungen (§ 19 Abs. 5), um die Privatsphäre zu schützen.
15  Catharine A. MacKinnon, Gleichheit der Geschlechter - Über Differenz und Dominanz, in Erna Appelt / Gerda Neyer: Feministische Politikwissenschaft, 1994, 7-71.
16  Guayatri Spivak, Can the subaltern Speak? Postkolonialität und subalterne Artikulation, (Übers. v. Alexander Joskowicz, Stefan Nowotny, mit einer Einleitung von Hito Steyerl, 2007).
17  Dazu Baer, Ungleichheit der Gleichheiten? Zur Hierarchisierung von Diskriminierungsverboten, in: Universalität - Schutzmechanismen – Diskriminierungsverbote (Hg. v. Eckart Klein/Christoph Menke, 2008), S. 421-450.
18  Das wird als Problem gesehen. Im Entwurf der Bundesregierung BT-Drs. 15/… S. 28 heißt es: „Die Verwendung des Begriffs der „Rasse“ ist nicht unproblematisch“, unter Hinweis auf Göksu, Rassendiskriminierung beim Vertragsabschluss als Persönlichkeitsverletzung, 2003, S. 8 ff. doch wolle man – wieder im Einklang mit der EU mit „Rasse“ den sprachlichen Anknüpfungspunkt zu „Rassismus“ „und die hiermit verbundene Signalwirkung – nämlich die konsequente Bekämpfung rassistischer Tendenzen“ – nutzen. In Übereinstimmung mit Erwägungsgrund 6 der RL 2000/43/EG weist der Gesetzgeber Theorien zurück, mit denen versucht wird, die Existenz verschiedener menschlicher Rassen zu belegen: „Die Verwendung des Begriffs „Rasse“ in der Antirassismusrichtlinie 2000/43/EG bedeutet keinesfalls eine Akzeptanz solcher Vorstellungen. Zur Klarstellung wurde daher – auch in Anlehnung an den Wortlaut des Artikels 13 des EG-Vertrags – die Formulierung „aus Gründen der Rasse“ und nicht die in Artikel 3 Abs. 3 GG verwandte Wendung „wegen seiner Rasse“ gewählt. Sie soll deutlich machen, dass nicht das Gesetz das Vorhandensein verschiedener menschlicher „Rassen“ voraussetzt, sondern dass derjenige, der sich rassistisch verhält, eben dies annimmt.“ Dasselbe gelte für das Merkmal der „ethnischen Herkunft“. Es sei in einem weiten Sinne zu verstehen, EG-rechtlich auszulegen und umfasse auch Kriterien, wie sie das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (CERD) vom 7. März 1966 (BGBl. 1969 II S. 961) nennt: Benachteiligungen auf Grund der Rasse, der Hautfarbe, der Abstammung, des nationalen Ursprungs oder des Volkstums (im Sinne des ethnischen Ursprungs). Dies gilt auch dann, wenn scheinbar auf die Staatsangehörigkeit oder Religion abgestellt wird, in der Sache aber die ethnische Zugehörigkeit gemeint ist.
19  Die rechtlichen Vorgaben sind für die Frauenförderung mittlerweile sehr differenziert und auf alle anderen „Merkmale“ übertragbar. Sie ergeben sich aus der Rechtsprechung des EuGH und finden im gesamten Gleichstellungsrecht Anwendung. Weitere Informationen
20  Vgl. dazu das Gutachten Baer mit Ipek Ölcüm, Diskriminierungsschutz im Rahmen der Öffentlichen Auftragsvergabe (für die LADS Berlin, 2008).
21  Das gilt in der Erwerbsarbeit bei allen Merkmalen „wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.“ (§ 8) Damit lassen sich Zielvorgaben sachlich rechtfertigen, also z.B. das multikulturelle Team des ADNB für eben diese Arbeit. Nicht zulässig sind jedoch tätigskeitsunabhängige Vorgaben zur Chancengerechtigkeit in allen Lebensbereichen, also eine allgemeine Förderklausel nur um des Merkmals willen.
22  Die Fortentwicklung läge in einer Harmonisierung des Schutzes hinsichtlich aller Merkmale für alle Anwendungsbereiche; vgl. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung, KOM(2008) 426 endgültig, v. 2. Juli 2008.

 

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Susanne Baer ist Professorin für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien an der Humboldt Universität zu Berlin und Global Law Faculty an der University of Michigan. Sie arbeitet u.a. zu Antidiskriminierungsrecht und kritischer Rechtsforschung.