Interkulturelle Öffnung des Personalmanagements: Beispiel Landeshauptstadt München

München

 

von Hubertus Schröer und Franziska Szoldatits

Kommunale Integrationspolitik mit langer Tradition

Die kommunale Integrationspolitik der Landeshauptstadt München steht in einer bemerkenswerten Tradition. Als eine der ersten Großstädte der Bundesrepublik hat sie bereits zu Beginn der 1970er Jahre erkannt, welche Herausforderungen sich aus der Anwerbung von ausländischen Arbeitskräften und dem zunehmenden Familiennachzug für die Kommunen ergeben werden. Das damalige Referat (Dezernat) für Stadtentwicklungsplanung hat schon 1972 eine gründliche „Problemstudie“ vorgelegt: „Kommunalpolitische Aspekte des wachsenden ausländischen Bevölkerungsanteils in München“. Darin werden die Ursachen der Ausländerbeschäftigung aufgezeigt, die unterschiedlichen Interessenlagen deutlich gemacht sowie die Entwicklungslinien und sozialpolitischen Folgen für Kommunen analysiert und entsprechende Konsequenzen und Maßnahmen vorgeschlagen. Darauf aufbauend wurde 1974 ein detailliertes Vollzugs- und Initiativprogramm, das „Münchner Ausländerprogramm“ verabschiedet. Im gleichen Jahr wurde auch das damals besondere Münchner Modell eines Ausländerbeirats beschlossen und so eine Beteiligungsmöglichkeit und Interessenvertretung der ausländischen ArbeitnehmerInnen geschaffen.

Konzeptionelle Entwicklungen in den 90er Jahren

In den 1990er Jahren wurden erneut Bestandsaufnahmen und Maßnahmenkataloge vorgelegt, etwa 1997 die Studie „Lebenssituation ausländischer Bürgerinnen und Bürger“. Die gesamttädtischen Integrationsvorstellungen der Landeshauptstadt waren in ihrer Stadtentwicklungsplanung - der „Perspektive München“ - seit 1998 festgelegt. Das waren aber Ziele, die eher auf der programmatischen Ebene lagen, also „Leitlinien“ für die weitere Konkretisierung und Umsetzung in den jeweiligen Fachbereichen. Ein konsistentes Integrationskonzept mit Vorstellungen und Zielen für eine Integrationspolitik im 21. Jahrhundert gab es lange Jahre nicht.

So blieb Raum für Eigeninitiative und Innovation in den einzelnen Fachreferaten (Dezernaten), den vor allem das Sozialreferat nutzte. Das Stadtjugendamt hat Mitte der 1990er Jahre damit begonnen, interkulturelle Qualifizierungsmaßnahmen für die MitarbeiterInnenschaft zu entwickeln und systematisch den Ansatz der interkulturellen Orientierung und Öffnung zu etablieren (vgl. Handschuck/Schröer 1997 und 2002). Beispielhaft war die Entstehungsgeschichte des Fortbildungsprogramms „Interkulturelle Verständigung“ (vgl. Handschuck/Klawe 2004), das Ansätze aus der Wirtschaft für die kommunale und Soziale Arbeit adaptiert hat, das beteiligungsorientiert mit den Betroffenen erarbeitet und ausprobiert wurde und das inzwischen mit seiner „Philosophie“ die Fortbildungsgrundsätze der Stadt bestimmt. Die Fortbildungsangebote wurden sehr bald für den gesamten Sozialbereich geöffnet. Ähnlich haben die Erfahrungen und Erfolge interkultureller Öffnungsprozesse des Jugendamtes anregend auf die gesamte Sozialverwaltung gewirkt mit dem Ergebnis, dass seit Ende der 1990er Jahre gemeinsam interkulturelle Zielsetzungen für alle Ämter der Sozialverwaltung verfolgt werden. Die interkulturelle Orientierung und Öffnung galt für alle Arbeitsbereiche und Ebenen von den Kinderkrippen über die sozialen Dienste bis zur Altenhilfe sowie für Beschäftigte an der Basis wie für die Führungsebene. Das Fortbildungsprogramm ist inzwischen für alle MitarbeiterInnen verbindlich und wird bis etwa 2012 alle rund 1.900 Beschäftigten der dezentralen Sozialbürgerhäuser einschließlich der MitarbeiterInnen der Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung (ARGE) erreicht haben. Das zunehmende interkulturelle Profil des Sozialreferates hatte 2003 dann auch die Ansiedlung der stadtweit verantwortlichen „Stelle für interkulturelle Arbeit“ im Sozialreferat zur Folge. Seither ist das Sozialreferat stadtweit federführend für Integrationspolitik und interkulturelle Öffnungsprozesse.

Die Entwicklung eines Interkulturellen Integrationskonzepts

Die wichtigste Aufgabe der Stelle war es zunächst, die integrationspolitische Lücke zu schließen, die Kommunalpolitik und Kommunalverwaltung hatten entstehen lassen: die Erarbeitung eines aktuellen Integrationskonzeptes. Nach einem gemeinsamen Prozess mit allen städtischen Fachreferaten und nach einer intensiven Öffentlichkeitsbeteiligung ist 2008 das „Interkulturelle Integrationskonzept der Landeshauptstadt München“ (Landeshauptstadt München 2008) vom Stadtrat einstimmig beschlossen worden. Damit liegt ein verbindlicher Rahmen mit einer klaren Zielsetzung, mit gemeinsamen Visionen und Grundsätzen, einer einheitlichen Definition von Integration, mit Beteiligungs- und Koordinationsstrukturen sowie mit eindeutigen Umsetzungsaufträgen vor (vgl. Sorg/ Szoldatits 2009). Die Ressourcen für die Umsetzung  wurden auf sechs zentrale Handlungsfelder gebündelt. Exemplarisch zeigen „Leitprojekte“, wie das Integrationskonzept umgesetzt werden kann. Zentrales Leitprojekt ist die „Interkulturelle Orientierung und Öffnung der Stadtverwaltung und der städtischen Einrichtungen“.

Interkulturelle Öffnung und interkulturelle Orientierung

Unter Interkultureller Orientierung wird eine sozialpolitische Strategie verstanden, die Fragen der Anerkennung, der sozialen Gerechtigkeit, der Gleichstellung, der Inklusion in die Teilsysteme der Gesellschaft, der gesellschaftlichen Integration sowie der Teilhabe an Entscheidungsprozessen aufgreift. Interkulturelle Orientierung bedeutet eine sozialpolitische Haltung von Institutionen und Personen, die anerkennt, dass in jeder Gesellschaft unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Interessen leben. Das Verhältnis zwischen Mehrheit und Minderheit ist dabei immer auch als Machtverhältnis zu reflektieren. Neben diesen sozialpolitischen Grundsätzen, die die Veränderung von Institutionen in der Einwanderungsgesellschaft erfordern, gibt es auch ganz praktische, für die Institution gewinnbringende Erwägungen: zum Beispiel die Kompetenzen neuer MitarbeiterInnengruppen für die Neuausrichtung von Organisationen zu nutzen, für neue KundInnen- oder NutzerInnengruppen attraktiv zu sein oder dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken.

Interkulturelle Öffnung meint die Umsetzung der Interkulturellen Orientierung und zielt darauf ab, bestehende Strukturen kritisch zu analysieren, auf Ausgrenzungsmechanismen hin zu untersuchen und daraus Ziele sowie konkrete Maßnahmen abzuleiten. Sie ist Querschnittspolitik, das heißt, sie ist auf allen Hierarchieebenen und in allen Arbeitsfeldern umzusetzen. Die Steuerungsverantwortung in Organisationen beinhaltet zu prüfen, ob alle Maßnahmen, Projekte und Einrichtungen Vielfalt berücksichtigen. Methodisch ist interkulturelle Öffnung durch Qualitäts- und Organisationsentwicklung umzusetzen. In München hat sich die Verzahnung mit dem Modell der Neuen Steuerung bewährt. Teil der Gesamtstrategie ist die interkulturelle Qualifizierung von Fach- und Verwaltungskräften.

Die Umsetzung des Interkulturellen Integrationskonzepts

Die Umsetzung des Interkulturellen Integrationskonzeptes wurde als top-down-Prozess angelegt, da ohne die Unterstützung der Referatsspitzen keine nachhaltige Veränderung möglich ist. Hierfür wurde den Referaten ein einheitliches Vorgehen vorgeschlagen, das jedoch an die Voraussetzungen in jedem Referat angepasst werden konnte. Zunächst hat die Stelle für interkulturelle Arbeit das Integrationskonzept in den Führungsgremien fast aller Referate präsentiert. Daran schloss sich ein Strategieworkshop an, der von der Stelle für interkulturelle Arbeit moderiert wurde und an dem alle Abteilungsleitungen teilgenommen haben. In diesen Workshops wurde zunächst eine Bestandsaufnahme durchgeführt, da davon auszugehen war, dass in jedem Referat bereits erste Ansätze, teilweise auch bewährte Strategien vorhanden waren. Anschließend wurden die wichtigsten Handlungsbereiche identifiziert und ein Umsetzungsfahrplan mit Zielen und Maßnahmen erstellt. Die Stelle für interkulturelle Arbeit berät, unterstützt und kooperiert bei den vereinbarten Maßnahmen und gibt - soweit möglich - finanzielle Unterstützung. Sie ist für die Steuerung des Gesamtprozesses verantwortlich. Die Verantwortung für die Umsetzung des Integrationskonzepts liegt bei den Referaten.

Neben den Strategieworkshops haben sich im weiteren Verlauf Jahresgespräche zwischen der jeweiligen Referatsspitze und der Stelle für interkulturelle Arbeit, in denen jährlich Ziele und Maßnahmen besprochen werden, sowie eine eintägige interkulturelle Fortbildung mit allen Amtsleitungen bewährt. Es ist vorgesehen, diese beiden zusätzlichen Umsetzungsbausteine zukünftig in allen Referaten einzuführen und bei der Vorlage des ersten Integrationsberichtes Anfang 2011 vom Stadtrat für alle verbindlich beschließen zu lassen.

Das Personalmanagement hat Auswirkungen auf die gesamte Stadtverwaltung, daher wird auf die interkulturelle Öffnung dieses Bereichs in München besonderer Wert gelegt. Prozesse der interkulturellen Öffnung haben schon lange vor Inkrafttreten des AGG begonnen. Das AGG hat mit seinen Diskriminierungsverboten und der Möglichkeit „Positiver Maßnahmen“ nach § 5 AGG vielen dieser Bemühungen erstmals ansatzweise eine rechtliche Grundlage gegeben. Wenn im Folgenden die interkulturelle Öffnung des Münchner Personalmanagements als Gesamtkonzeption beschrieben wird, wird zugleich deutlich, wie sehr die einzelnen Maßnahmen geeignet sind, bestehende Benachteiligungen insbesondere junger Menschen mit Migrationshintergrund auszugleichen und künftig zu verhindern. Es werden bereits umgesetzte sowie geplante Maßnahmen im Personalmanagement vorgestellt.

Interkulturelles Personalmanagement

Personalmarketing

Die Stadt München nutzt alle Möglichkeiten modernen Marketings, um sich als attraktive, von Vielfalt geprägte Arbeitgeberin darzustellen. Es soll vermittelt werden, dass Vielfalt als Bereicherung verstanden wird und BewerberInnen aus allen gesellschaftlichen Gruppen erwünscht sind. Dies drückt sich sowohl in der Sprache als auch in den ausgewählten Bildern aus, welche die Verschiedenheit der für die Stadt München arbeitenden Menschen aufgreifen ohne dabei klischeehaft zu wirken. Die Grundlage bildet die „Arbeitgebermarke“, die das Personal- und Organisationsreferat 2009 einführte. Sie ist ein Marketinginstrument, das dabei helfen soll, die Stadt München als interessante Arbeitgeberin darzustellen, von anderen Wettbewerbern im Arbeitsmarkt positiv abzuheben und damit als „Marke“ zu etablieren. BewerberInnen können sich online in einer Präsentation über fünf zentrale Aspekte bzw. Werte, welche die Tätigkeit bei der Stadt München auszeichnen, informieren. Ein Aspekt davon ist „Vielfalt“. Es wird die von Vielfalt, Offenheit, Respekt und Anerkennung geprägte Unternehmenskultur der Stadt präsentiert und Chancengleichheit von Frauen und Männern, unabhängig von ihrer sexuellen Identität, von Alter, Behinderung, Hautfarbe, Religion sowie kultureller und sozialer Herkunft als besonderes Anliegen dargestellt.

Der hier beschriebene Gedanke spiegelt sich in allen Personalmarketinginstrumenten der Stadt München wider, sei es bei der Gewinnung von ErzieherInnen oder IT-Fachkräften, sei es bei der Anwerbung von Nachwuchskräften.

Personalgewinnung

1. Gewinnung von Nachwuchskräften mit Migrationshintergrund

Mit dem städtischen Integrationskonzept wurde auch das Leitprojekt „Ausbildung bei der Landeshauptstadt München - Interkulturelle Kompetenz erwünscht“ verabschiedet. Mit diesem Projekt sollen zum einen mehr Jugendliche mit Migrationshintergrund als Nachwuchskräfte gewonnen, zum anderen soll die interkulturelle Kompetenz aller Nachwuchskräfte gefördert werden. Drei zentrale Bausteine wurden seither umgesetzt: 

  • ein für Nachwuchskräfte verändertes Auswahlverfahren, 
  • ein neues Ausbildungsmarketing sowie 
  • die Fortbildung „Vielfalt macht´s möglich“.

 

  • Verändertes Auswahlverfahren

    Die Stadt München bietet jährlich mindestens 270 neue Ausbildungsplätze an. 780 Nachwuchskräfte befinden sich ständig in Ausbildung. Bereits 2006 hat die Ausbildungsabteilung des Personal- und Organisationsreferats ein neues Auswahlverfahren für Nachwuchskräfte eingeführt und damit einem veränderten Anforderungsprofil für städtische Beschäftigte mit stärkerer Kunden- und Dienstleistungsorientierung Rechnung getragen. Das neue Verfahren wurde gemeinsam mit der Ludwig-Maximilians-Universität entwickelt. Getestet werden fachliche, methodische, soziale und persönliche Kompetenzen. Letztere haben im Vergleich zum früheren Auswahlverfahren eine weitaus größere Bedeutung, wodurch nicht mehr allein die Zeugnisnoten entscheidend sind. Mehrsprachige BewerberInnen können zusätzliche Punkte gewinnen. Das Auswahlverfahren umfasst eine Selbstbeschreibung, eine Gruppendiskussion sowie ein strukturiertes Einzelinterview und beinhaltet u.a. ein Fallbeispiel, das auf die interkulturelle Kompetenz der Interessenten abzielt. Für jede/n BewerberIn wird ein persönliches Profil erstellt, aus dem die Eignung für den von ihr/ihm angestrebten Ausbildungsberuf hervorgeht.

     

  • Neues Ausbildungsmarketing

    Das Ausbildungsmarketing möchte die Botschaft „Vielfalt erwünscht“ vermitteln. Dies wird vor allem durch die Bildersprache erzielt. Zudem sollen ansprechende Slogans wie z.B. „Du arbeitest nicht für jeden? Dann arbeite doch für alle“ oder „Du willst nicht nur für Geld arbeiten? Sondern auch für Menschen?“ Jugendliche für eine Tätigkeit bei der Stadt interessieren. Mehrere Initiativen wurden gestartet, um insbesondere Jugendliche mit Migrationshintergrund zu gewinnen. So z.B. die Werbekampagne „Die Welt lernt bei der Stadt“ für das Berufsinformationszentrum der Arbeitsagentur München, die später durch das neue Ausbildungsmarketing abgelöst wurde und mehrere Interviews mit dem Personal- und Organisationsreferenten in der türkischen Zeitschrift „Sultans Magazin“. Der Münchner Ausländerbeirat fungiert als Multiplikator und macht bei Mitgliedern und Vereinen Werbung für die Ausbildung bei der Stadt. Bei öffentlichen Veranstaltungen oder in Schulen, wo sich die Ausbildungsabteilung präsentiert, sind nach Möglichkeit immer auch Nachwuchskräfte mit Migrationshintergrund vertreten.

     

  • Fortbildung „Vielfalt macht´s möglich“

    Die Fortbildungsreihe „Vielfalt macht´s möglich“ wurde speziell für alle Nachwuchskräfte der Stadt München entwickelt und umfasst in drei bis vier Projekttagen, die über die gesamte Ausbildungszeit verteilt sind, die Module „Achtung(+)Toleranz“ sowie „Interkulturelle Verständigung“. Ziele sind das Bewusstwerden des eigenen kulturellen Hintergrunds, das Erfahren von Grenzen und das Aushalten von Widersprüchlichkeiten sowie das Feststellen von Gemeinsamkeiten und Unterschieden. Neben klassischen Seminarmethoden finden Gespräche mit MitarbeiterInnen der Ausländerbehörde, Besuche von AsylbewerberInnenunterkünften, sowie Führungen in einer Moschee, der Synagoge oder den interkulturellen Gärten statt.

     

  • Neue Bachelor-Studiengänge

    Nicht-EU-Staatsangehörige haben seit Kurzem die Möglichkeit, über zwei neu geschaffene Bachelor-Studiengänge den Zugang zum Gehobenen Dienst zu bekommen, was ihnen vorher verwehrt war, da dieser bisher nur über die Beamtenlaufbahn und somit nur für EU-Staatsangehörige möglich war. In Kooperation mit der Fachhochschule für angewandtes Management in Erding wurde 2008 der duale Studiengang Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Public Management eingerichtet. Studierende, die den Zugang erhalten, absolvieren in Anlehnung an das duale Ausbildungssystem ein Hochschulstudium und arbeiten gleichzeitig in wechselnden Aufgabenbereichen bei der Stadt München. Die Kosten für den Studiengang sowie für das Gehalt werden von der Stadt München übernommen. Ähnliches gilt für den Studiengang Informatik an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München.

    2. Wirkung der durchgeführten Maßnahmen

    Die beschriebenen Maßnahmen zeigen Wirkung. Bei allen Nachwuchskräften wird zu Beginn der Ausbildung anonym und freiwillig der Migrationshintergrund erhoben. Der Anteil der Nachwuchskräfte mit Migrationshintergrund konnte seit 2006 von 11,6 % auf 16,2 % in 2009 gesteigert werden. In 2007 lag der Anteil bereits bei 17,9 %. In einzelnen Ausbildungsberufen liegt er weit höher: bei den Auszubildenden zur/zum Verwaltungsfachangestellten in 2009 bei 25 % (2008: 40 %), bei den Kaufleuten für Bürokommunikation sogar bei 34,5 % (2008: 31,58 %). Bis 2005 wurden die Zahlen nur nach ausländischer Staatsangehörigkeit erhoben. Damals lag der Anteil der ausländischen Jugendlichen bei 1,9 % bzw. bei 6,4 % ohne Beamtenlaufbahnen.

    Die Zahlen zeigen zum einen, dass gezielte Maßnahmen zur Anwerbung neuer MitarbeiterInnengruppen Erfolge mit sich bringen. Zum anderen machen sie deutlich, dass der eingeschlagene Weg weiter fortzusetzen ist, um noch mehr Nachwuchskräfte mit Migrationshintergrund zu gewinnen.

    3. Gewinnung von Beschäftigten mit Migrationshintergrund

    Die positiven Erfahrungen bei den Nachwuchskräften sollen in den nächsten Jahren auf alle Beschäftigten übertragen werden. Dass dies dringend notwendig ist, zeigt ein Blick auf die Zahlen. Der Stadt München liegen - außer bei den Nachwuchskräften - nur Zahlen nach ausländischer Staatsangehörigkeit vor. Der Migrationshintergrund kann nur auf freiwilliger und anonymer Basis erhoben werden. Eine vollständige Erfassung aller MitarbeiterInnen wäre mit sehr viel Aufwand verbunden und wurde bisher nicht in Angriff genommen. Hierfür müsste ein Verfahren entwickelt werden, das alle 30.000 Beschäftigten erreicht und ihnen verständlich macht, warum diese Angaben erhoben werden, um Vorbehalte z.B. vor Stigmatisierung abzubauen. Nur ein möglichst hoher Rücklauf würde zu verlässlichen Ergebnissen führen. Hochrechnungen wären bei zu geringem Rücklauf nicht möglich.

    2009 arbeiteten in der Münchner Stadtverwaltung insgesamt 9,9 % MitarbeiterInnen mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Eine Differenzierung nach BeamtInnen und Tarifbeschäftigten verändert die Situation erheblich. Bei den Tarifbeschäftigten liegt der Anteil bei 17,2 % Mitarbeitenden mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Im Bereich der BeamtInnen ist ihr Anteil mit 0,4 % verschwindend gering, was daran liegt, dass aus rechtlichen Gründen grundsätzlich nur Deutsche und EU-BürgerInnen verbeamtet werden können. Dennoch könnte der Anteil der EU-Staatsangehörigen in dieser Gruppe höher sein. Es ist davon auszugehen, dass die Zahlen nach Migrationshintergrund in beiden Bereichen (Tarif und BeamtInnen) höher liegen. Bei genauerer Betrachtung der Zahlen fällt auf, dass ausländische Beschäftigte überwiegend in gering qualifizierten Bereichen tätig sind. In München - aber auch in allen anderen Verwaltungen deutscher Großstädte - besteht also ein hoher Handlungsbedarf.

    4. Ausgewählte Maßnahmen zur besseren Gewinnung von Beschäftigten mit Migrationshintergrund

     

  • Stärkere Gewichtung der Interkulturellen Kompetenz in der Personalgewinnung und -entwicklung

    Um mehr Beschäftigte mit Migrationshintergrund zu gewinnen und die interkulturelle Kompetenz aller Beschäftigten insbesondere bei Führungskräften zu erhöhen, hat der Münchner Stadtrat 2009 verschiedene Maßnahmen beschlossen, die das Personal- und Organisationsreferat und die Stelle für interkulturelle Arbeit u.a. mit dem Projekt „Interkulturelle Kompetenz“ umsetzen werden. Interkulturelle Kompetenz und Mehrsprachigkeit werden in Stellenausschreibungen zukünftig, wo für die Arbeit notwendig, verstärkt gefordert werden. Voraussetzung hierfür ist die Möglichkeit, diese Kompetenz bei der Personalauswahl einschätzen bzw. erfassen zu können.

    Hierfür hat die Stelle für interkulturelle Arbeit eine wissenschaftliche Ausschreibung vorbereitet, um gemeinsam mit ExpertInnen aus dem Bereich der interkulturellen Kommunikation sowie der Personalauswahl und -entwicklung geeignete Instrumente und Verfahren für die Erfassung interkultureller Kompetenz in den Bereichen Personalauswahl, Dienstliche Beurteilung und Assessment Center (Potenzialförderseminare) zu entwickeln. Zunächst wird es darum gehen, sich auf eine für die Stadt München geeignete Definition von interkultureller Kompetenz zu einigen. Hierbei steht nicht die z.B. in Wirtschaftsunternehmen bei Auslandsentsendung erforderliche Kompetenz für ein bestimmtes Zielland im Vordergrund. Es geht um einen kompetenten Umgang mit gesellschaftlicher Vielfalt in einer durch Zuwanderung geprägten Stadt (in München leben 35,7 % Menschen mit Migrationshintergrund). Im Projekt sollen Interviews mit städtischen Dienstkräften und Führungskräften aus ausgewählten Arbeitsbereichen der Stadt München durchgeführt werden.

    Ziel ist es dabei heraus zu filtern, welche interkulturellen Herausforderungen in den städtischen Referaten in bestimmten Tätigkeitsbereichen bestehen und was interkulturelle Kompetenz in diesen Arbeitsfeldern ausmacht. Die Auswertung der Interviews bietet die Basis für die weitere Erarbeitung geeigneter Instrumente und Methoden. Für die Personalauswahl sollen Fragen entwickelt werden, mit Hilfe derer in Bewerbungsgesprächen die interkulturelle Kompetenz der Interviewten bewertet werden kann. Ein „Bewertungsraster“ wird den für Personalauswahl Zuständigen im Sinne eines Erwartungshorizontes für gute Antworten dabei helfen, die Aussagen der BewerberInnen einzuschätzen. In einem Leitfaden zur Einschätzung interkultureller Kompetenz bei der Stellenbesetzung soll auch auf wichtige Aspekte bei der Bewertung von Bewerbungsunterlagen und der weiteren Auswahl von BewerberInnen mit Migrationshintergrund eingegangen werden.

     

  • Durchführung von Potenzialförderseminaren

    MitarbeiterInnen der Stadt München, die sich für eine Führungsaufgabe interessieren, haben bei der Stadt München die Möglichkeit, an einem „Potenzialförderseminar“ teilzunehmen, das in Form eines Assessment Centers stattfindet. Auch hier wird in Zukunft interkulturelle Kompetenz erfasst werden. Hierfür werden Fragen, Übungen und Aufgaben inklusive Bewertungsbögen entwickelt, mit denen die interkulturelle Kompetenz der TeilnehmerInnen beurteilt werden kann. Das Projekt „Interkulturelle Kompetenz“ mit den Bausteinen Personalauswahl, Dienstliche Beurteilung (siehe Personalentwicklung - Dienstliche Beurteilung) und Assessment Center wird voraussichtlich im Mai 2011 abgeschlossen sein.

     

  • Antidiskriminierungszusatz bei Stellenausschreibungen

    In ihren Stellenausschreibungen verwendet die Landeshauptstadt München seit 1999 folgenden „Antidiskriminierungszusatz“: „Die Landeshauptstadt München fördert aktiv die Gleichstellung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir begrüßen deshalb Bewerbungen von Frauen und Männern, unabhängig von deren kultureller und sozialer Herkunft, Alter, Religion, Weltanschauung, Behinderung oder sexueller Identität. Schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber werden bei gleicher Eignung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls bevorzugt.“ Damit wird ein Signal gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz gegeben. Es drückt aus, dass Bewerbungen aus allen gesellschaftlichen Gruppen willkommen sind und fördert die Attraktivität der Stadt München als potentielle Arbeitgeberin. Über diesen Zusatz bei den Stellenausschreibungen hinaus hat die Stadt München 2005 eine Antidiskriminierungsvereinbarung abgeschlossen, die für alle städtischen Beschäftigten gilt und in der u.a. Konsequenzen für den Fall einer Diskriminierung benannt werden.

    Personalentwicklung

    1.  Dienstliche Beurteilung

    Nicht nur bei der Besetzung neuer Stellen wird zukünftig interkulturelle Kompetenz gefordert und beurteilt, sondern auch in der alle vier Jahre stattfindenden Dienstlichen Beurteilung wird von den Führungskräften neben weiteren Kompetenzen wie z.B. Teamfähigkeit oder Genderkompetenz, zukünftig interkulturelle Kompetenz bewertet werden. Damit Führungskräfte diese Kompetenz beobachten und einschätzen können, wird eine „Beurteilungshilfe“ erstellt werden, die sowohl auf die Bewertung interkultureller Kompetenz bei allen Beschäftigten als auch auf die Beurteilung von Beschäftigten mit Migrationshintergrund eingehen wird. Dies ist ein weiterer Baustein des bereits beschriebenen Projekts „Interkulturelle Kompetenz“.

    2. Fort- und Weiterbildung

    Interkulturelle Fortbildungen stellen eine wesentliche Maßnahme im Rahmen der Umsetzung des Münchner Integrationskonzepts dar. Sie werden vom Pädagogischen Institut, vom Personal- und Organisationsreferat und von der Stelle für interkulturelle Arbeit durchgeführt. Hierbei ist es wichtig, stadtweit nach demselben Konzept mit einheitlichen Standards vorzugehen. Um dies zu erreichen, sind von der Stelle für interkulturelle Arbeit gemeinsam mit dem Personal- und Organisationsreferat „Qualitätsstandards für interkulturelle Fortbildungen“ erarbeitet und im Arbeitsgremium Integration, in dem VertreterInnen fast aller städtischen Referate sitzen, verabschiedet worden. In diesen Standards sind die wichtigsten Inhalte dieser Fortbildungen festgelegt. Teilnehmende sollen in den Trainings, die sich am bereits erwähnten Konzept „Interkulturelle Verständigung“ orientieren, für den Umgang mit gesellschaftlicher Vielfalt sensibilisiert werden, die eigene Sozialisation bzw. Rolle als städtische/r MitarbeiterIn und unbewusste Ausgrenzungsmechanismen reflektieren sowie interkulturelles Wissen aufbauen. In den Standards wird neben den Inhalten auf wichtige Schritte bei der Konzepterstellung und Vorbereitung von interkulturellen Fortbildungen eingegangen und es werden Voraussetzungen benannt, die geeignete TrainerInnen mitbringen müssen.

     

  • Strategieprojekt Bildungsplanung

    Das Personal- und Organisationsreferat hat 2009 das „Strategieprojekt Bildungsplanung“ durchgeführt. Ziel des Projekts war es, vorausschauend Fortbildungsbedarfe zu planen und an den Herausforderungen einer modernen Stadtverwaltung auszurichten. Als ein wichtiger Fortbildungsbereich wurden interkulturelle Fortbildungen benannt und Arbeitsbereiche identifiziert, in denen fehlende interkulturelle Kompetenz zu schlechterer Arbeitsqualität führt wie zum Beispiel in der Ausländerbehörde oder in der Bezirkssozialarbeit. Im Sinne von Good-Practice-Beispielen wurden interkulturelle Fortbildungskonzepte für bestimmte Arbeitsbereiche wie z.B. Kundenorientierung in der Friedhofsverwaltung oder Konfliktmanagement in der Ausländerbehörde erstellt.

     

  • Interkulturelle Fortbildungen

    Aus dem oben beschriebenen Projekt „Interkulturelle Kompetenz“ wird neuer Fortbildungsbedarf entstehen. Denn wie sollen BeobachterInnen in Assessment Centern, für Personalauswahl und -entwicklung Zuständige oder Führungskräfte interkulturelle Kompetenz bewerten können, ohne selbst interkulturell kompetent zu sein? Der Besuch einer interkulturellen Fortbildung kann hierzu beitragen.

    Die Stelle für interkulturelle Arbeit hat einen Pool an geeigneten interkulturellen TrainerInnen zusammen gestellt, der Ende 2010 in einem gemeinsamen Markterkundungsverfahren mit dem Personal- und Organisationsreferat ausgebaut werden wird. Im bereits vorhandenen TrainerInnenpool sind auch vier städtische Beschäftigte des Sozialreferats. Ihnen wurde eine eineinhalbjährige, berufsbegleitende Weiterbildung zur/zum interkulturellen TrainerIn bezahlt. Die Vorteile liegen auf der Hand: interne Fortbildner kennen die Arbeitsbereiche ihrer Teilnehmenden besser als externe und sind zudem kostengünstiger, auch wenn zunächst in deren Ausbildung investiert werden muss. Diese Überlegungen haben dazu geführt, vier weitere MitarbeiterInnen ausbilden zu lassen.

    Nicht nur Beschäftigte mit direktem KundInnenkontakt oder konzeptionell Verantwortliche, sondern auch Führungskräfte sollten an interkulturellen Fortbildungen teilnehmen, u.a. um zu erfahren, welches Wissen und welche Kompetenzen darin vermittelt werden, um dann die Durchführung der Trainings im eigenen Arbeitsbereich zu unterstützen. Die Spitzenführungskräfte des Direktoriums (Querschnittsbehörde, vergleichbar einem Hauptamt), des Personal- und Organisationsreferats sowie des Sozialreferats sind in München mit gutem Beispiel voran gegangen. Weitere Referate wie zum Beispiel das Kreisverwaltungsreferat (Innenbehörde) werden in den nächsten Jahren folgen.

    Auch bei den interkulturellen Fortbildungen werden Fortschritte anhand von Zahlen gemessen. Von 2005 bis 2009 sind 3.104 Personen meist in zweitägigen Fortbildungen fortgebildet worden, davon 267 Führungskräfte, was in etwa ihrem Anteil an allen Beschäftigten entspricht.

    3. Anerkennung von ausländischen Qualifikationen und Nachqualifizierung

    Die Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen ist seit einiger Zeit bundesweit ein stark diskutiertes Thema in der Integrationsdebatte. Schätzungen der Universität Oldenburg zufolge leben in Deutschland ca. 500.000 zugewanderte AkademikerInnen, deren Abschluss nicht anerkannt wurde. Es kündigt sich ein bundesweites Gesetz zur Anerkennung von ausländischen Abschlüssen an, denn die Wege zur Anerkennung sind derzeit kompliziert, für Außenstehende undurchsichtig und aufwendig. Vorhandene Potenziale und Kompetenzen hier lebender Menschen gehen dadurch verloren.

    Die Stadt München ist sich dieser Problematik bewusst. Auch wenn die Spielräume sehr klein sind, wird versucht, Wege zu finden, die dabei helfen, Menschen mit ausländischer, aber nicht  anerkannter Qualifikation eine bessere Beschäftigungsperspektive zu geben. Der Bereich der Beschäftigten in Kindertageseinrichtungen ist ein Beispiel hierfür. Durch die Einführung des Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetzes wurde eine erheblich flexiblere Anerkennung von ausländischen Berufs- und Studienabschlüssen möglich, die sich auch die Stadt München zunutze macht. Zusätzlich bietet sie Interessierten einen einjährigen, kostenlosen Lehrgang an, der auf die Externenprüfung an der Fachakademie vorbereitet. BewerberInnen deren Berufsabschluss nicht anerkannt ist, werden über diese Möglichkeit der Nachqualifizierung informiert. Dieser Weg wird auch tatsächlich beschritten, was auch durch Schnupperwochenenden zur Personalgewinnung in Kindertageseinrichtungen, die das Personal- und Organisationsreferat seit 2009 anbietet, befördert wird.

    In Arbeitsbereichen, in denen Beschäftigte unterhalb ihres Qualifikationsniveaus arbeiten, jedoch Entwicklungsmöglichkeiten bestehen, werden über betriebsinterne Programme Qualifizierungsmaßnahmen durchgeführt. Dies betrifft vor allem gewerblich-technische Bereiche im Baureferat und dem Abfallwirtschaftsbetrieb.

    Fazit: Erfolgsfaktoren

    Die zahlreichen Maßnahmen des interkulturellen Personalmanagements der Stadt München wurden bei den von der Bundesregierung deutschlandweit ausgelobten Wettbewerben „Vielfalt in der Ausbildung“ und „Vielfalt am Arbeitsplatz“ im Rahmen der Kampagne „Vielfalt als Chance“ von Staatsministerin Prof. Böhmer mit Platz 1 und Platz 2 in der Kategorie öffentliche Verwaltung prämiert.

    Interkulturelle Orientierung und Öffnung sind politisch zu weithin anerkannten Paradigmen geworden. Über Ziele und Instrumente scheint Einigkeit zu bestehen, so dass häufig eine Bestimmung der Begriffe und eine Reflexion des Vorgehens bei der Umsetzung nicht mehr ausreichend erfolgen. Interkulturelle Öffnung stellt aber eine komplexe und integrierte Strategie dar, die dann erfolgreich ist, wenn sie dafür grundlegende Erfolgsfaktoren berücksichtigt. Das sind nach den Münchner Erfahrungen im Wesentlichen:

    • Interkulturelle Orientierung und Öffnung müssen als kommunale Veränderungsprozesse politisch gewollt sein und sollten von einer breiten politischen Mehrheit in den parlamentarischen Gremien mitgetragen werden.
    • Interkulturelle Öffnung ist ein strategischer Ansatz im Rahmen eines integrationspolitischen Gesamtkonzeptes, das als Organisations-, Personal- und Qualitätsentwicklungsprozess zu verstehen ist und wofür es ausreichend Zeit, Wissen und finanzielle Ressourcen braucht.
    • Interkulturell orientierte Organisationsentwicklung ist die wesentliche Grundlage von interkulturellen Öffnungsprozessen. Die Umsetzung liegt in der Verantwortung der Leitung und kann nicht von außen erfolgen. Der Veränderungsprozess muss als gemeinsamer Lernprozess einer Institution organisiert werden, um nachhaltige Wirkungen zu erzielen.
    • Interkulturelle Orientierung und Öffnung ist Querschnittpolitik und betrifft alle Bereiche  und Ebenen einer Organisation. Sie ist Führungsaufgabe „top down“, kann aber nur mit der Mitarbeiterschaft „bottom up“ realisiert werden.
    • Interkulturell orientierte Personalentwicklung ist ein unabdingbares, aber nicht hinreichendes Element von Interkultureller Öffnung. Sie verfolgt die Ziele, Menschen mit Migrationshintergrund als Beschäftigte zu gewinnen sowie alle MitarbeiterInnen interkulturell zu qualifizieren. Interkulturelle Trainings, die festen Standards entsprechen müssen, sind dafür ein anerkanntes Lernformat.
    • Interkulturelle Öffnung bedarf einer zentralen institutionellen Absicherung in der Organisation (z.B. Stelle für interkulturelle Arbeit) und ist erfolgreich in vernetzten Strukturen (institutionalisierte Gremien), die die Koordination der Prozesse nach innen und nach außen gewährleisten. Gleichzeitig muss die Verantwortung für die Umsetzung dezentral in den einzelnen Referaten (Dezernaten) liegen.
    • Interkulturelle Öffnung ist als partizipativer Prozess zu gestalten. Das gilt nach innen in die Organisation hinein im Blick auf die MitarbeiterInnen und nach außen für die Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund und ihrer Organisationen.

    Interkulturelle Orientierung und Öffnung stellen – vergleichbar mit Diversity Management – in einem weiten Verständnis ein Gesamtkonzept zur Anerkennung und Förderung von Vielfalt dar (vgl. Franke/ Merx 2007:238), mit dem Ziel der Gleichbehandlung u.a. durch positive Maßnahmen und durch den Abbau diskriminierender Strukturen. Der Ansatz bietet damit einen strategischen Anknüpfungspunkt an § 5 AGG, was bisher noch zu wenig genutzt wird.

    Perspektiven: Offene Fragen

    Auch wenn in München vor dem Hintergrund einer langjährigen Entwicklung interkulturelle Orientierung und Öffnung als Haltung und Umsetzungsstrategie für die gesamte Stadtverwaltung verbindlich sind und tatsächlich in vielen Bereichen aktiv realisiert werden und gerade das Personalmanagement sich zum Teil vorbildlich und anerkannt interkulturell geöffnet hat, so bleiben doch noch viele Herausforderungen bestehen. Diese Aufgaben sollen im Folgenden wenigstens angesprochen und als offene Fragen formuliert werden. Antworten müssen in der Zukunft noch gefunden werden.

    Attraktivität als Arbeitgeberin

    Obwohl es zunehmend qualifizierte junge Menschen mit Migrationshintergrund gibt, die für kommunale Verwaltungen interessante Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wären, finden noch zu wenige den Weg in die öffentliche Verwaltung. Was kann getan werden, um die Kommune als Arbeitgeberin attraktiv zu machen? Wie können Personalauswahlverfahren so gestaltet werden, dass mehr Bewerberinnen und Bewerber mit Migrationshintergrund gewonnen werden und was muss veranlasst werden, um diese dann als Beschäftigte zu halten?

    Aufstiegsförderung

    Auch wenn erfreulicherweise die Mitarbeiterschaft mit Migrationshintergrund in Kommunen jenseits von unqualifizierten Tätigkeiten allmählich steigt, zeigt sich doch, dass es bisher nur wenige geschafft haben, in das mittlere oder gar höhere Management aufzusteigen. Was muss unternommen werden, um Aufstiegschancen und damit auch die Attraktivität der Kommune als Arbeitgeberin zu erhöhen?

    PatInnen- und MentorInnenprogramme sowie Netzwerke

    Im Rahmen von Frauenförderung oder als Aspekt von Gender Mainstreaming sind Mentorinnenprogramme erfolgreich. In der Bildungsförderung werden gute Erfahrungen mit Patenschaften gemacht, insbesondere mit PatInnen, deren eigener Migrationshintergrund Beispielscharakter hat. Bei der Umsetzung von Diversity Management werden neben vielen anderen Maßnahmen selbst organisierte Interessens- und Unterstützungsgruppen in Form von Netzwerken z.B. von Frauen in Führungspositionen gegründet und damit gute Erfahrungen gemacht. Wie können solche positiven Erfahrungen auf die Gewinnung, Förderung und Begleitung von Menschen mit Migrationsuntergrund in der Verwaltung übertragen werden?

    Multikulturelle Teams

    Teamentwicklung ist in jeder Konstellation eine Herausforderung für Personalführung. Für die Führung multikultureller Teams gilt das in besonderem Maße. Interkulturelle Teamentwicklung und Coaching für Führungskräfte multikultureller Teams sind wichtige Aufgaben, für die es in der Verwaltung noch wenige Erfahrungen gibt. Was kann getan werden zur Förderung der Teamzusammenarbeit und Unterstützung von Führungskräften?

     

    Literatur

    • Franke, Bernhard/Merx, Andreas (2007): Positive Maßnahmen – Handlungsmöglichkeiten nach § 5 AGG. In: Arbeit und Recht, Heft 7-8, S.235-239.
    • Handschuck, Sabine/Klawe, Willy (2004): Interkulturelle Verständigung der Sozialen Arbeit. Ein Erfahrungs-, Lern- und Übungsprogramm zum Erwerb interkultureller Kompetenz. Weinheim und München.
    • Handschuck, Sabine/Schröer, Hubertus (1997): Interkulturelle Kompetenz und Jugendhilfe. In: Migration und Soziale Arbeit, Heft 3-4, S. 42-46.
    • Handschuck, Sabine/Schröer, Hubertus (2002): Interkulturelle Orientierung und Öffnung von Organisationen. Strategische Ansätze und Beispiele der Umsetzung. In: neue praxis, Heft 2, S. 511-521.
    • Landeshauptstadt München, Personal- und Organisationsreferat (2005): Vereinbarung für Chancengleichheit und gegen Diskriminierung in der Arbeitswelt. pdfBild entfernt.
    • Landeshauptstadt München, Personal- und Organisationsreferat (2009): Arbeitgebermarke, unter: „Landeshauptstadt München als Arbeitgeberin“. pdfBild entfernt.
    • Landeshauptstadt München, Sozialreferat/Stelle für Interkulturelle Arbeit (2008): Interkulturelles Integrationskonzept. Grundsätze und Strukturen der Integrationspolitik der Landeshauptstadt München. München.
    • Sorg, Uschi/Szoldatits, Franziska (2009): Umsetzung des Interkulturellen Integrationskonzeptes der Landeshauptstadt München. In: Migration und Soziale Arbeit, Heft 3-4, S.179-182.

 

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Dr. Hubertus Schröer ist Geschäftsführer im Institut „Interkulturelle Qualitätsentwicklung München“. Franziska Szoldatits ist Mitarbeiterin der Stelle für interkulturelle Arbeit der Stadt München und zuständig für Interkulturelle Öffnung.