„Istanbul Bootleg“ Leseprobe von Gerrit Wustmann

09 / ornamentler (II)

die ornamente
im staubigen boden 
lösen sich auf die gegenwart
vergeht auf nassen wänden
zeichnen sich muster ab
die schrift an der wand
wölbt sich zur nacht die schrift
ein bröckelndes gold
ein brackendes wasser und
flüsternde algen die ornamente
in den händen der betenden
zur morgenröte bricht der klang
wo das licht sich trifft
an diesem einen punkt aus
tausend fenstern unter der kuppel
die ornamente auf marmor
und staub

 

1o / zaman

vom möwenturm ans goldene
ufer wachsen lichtflecken aus flüsternden steinen
sie flüstern vom dichter
milli hain milli hain
vom flug nach asien und dem blattgold
auf postkarten: was die verblichenen gesichter
erzählen was die zigeuner verkaufen am stacheldraht
an der kirche am zeitgewächs
an zeilen

 

27 / pera

mach mir ein tape
mit songs und gerüchen
und den geräuschen
der französischen straße
deine haare nachts
und dein katzenblick
wo bleibt die musik
jener tage wo bleibt
die melodie deiner sprache
die ich verstehe ohne ein wort
die melodie
deines gesangs von
salzigen nüssen
und tee

© Gerrit Wustmann
Aus: „Istanbul Bootleg“, Binooki Verlag 2013
Alle Rechte vorbehalten ©

 

Bild entfernt.
Gerrit Wustmann - Foto: Franko Jakobs

 

Gerrit Wustmann
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„Ich liebe den Klang der türkischen Sprache.“
Interview mit Gerrit Wustmann geführt von Safiye Can (weiter)