Arbeitsverbot für Geflüchtete

Zu einem selbstbestimmten Leben gehört es, dass jeder Mensch eine Chance hat, den Lebensunterhalt durch eigene, selbst gewählte Arbeit verdienen zu können, so dass er/ sie nicht auf die Almosen anderer oder die Unterstützung des Staates angewiesen ist. Aus diesem Grund bestimmt Artikel 23 Abs. 1 der - rechtlich nicht verbindlichen – Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte:

"Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit."

In einer Marktwirtschaft heißt zwar „Recht auf Arbeit“ nicht „Recht auf einen Arbeitsplatz“. Aber eine Chance, durch Arbeit das Leben in die eigene Hand nehmen zu können, haben grundsätzlich alle Menschen, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und ihrem Aufenthaltsstatus, verdient.

In Deutschland können heute viele Menschen – viel mehr als früher – diese Chance wahrnehmen. Es gibt aber nach wie vor Defizite bei der Zulassung von Asylbewerber_innen und Geduldeten zum Arbeitsmarkt. Dieser Artikel erläutert zunächst in einem kurzen Überblick die historische Entwicklung des Arbeitsmarktzugangs von Flüchtlingen (1) und dann die gegenwärtige Rechtslage (2).

Historische Entwicklung

1950 - 1970
Der Zugang von Flüchtlingen zum deutschen Arbeitsmarkt war zunächst nicht umfassend geregelt. Das Grundgesetz gewährt in Art. 12 Abs. 1 GG nur Deutschen ein Grundrecht auf Zugang zu einer frei gewählten Erwerbstätigkeit. Ein einfachgesetzlicher Anspruch von Flüchtlingen auf Arbeitsmarktzugang existierte nicht. Das änderte sich auch mit Inkrafttreten der Genfer Flüchtlingskonvention nicht, da diese einen solchen Zugang nicht zwingend vorsieht. Lediglich für die nach dem Zweiten Weltkrieg „Displaced Persons“ sah § 17 des „Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer“ (HAuslG) einen unbeschränkten Arbeitsmarktzugang vor.

Ab 1957 ermöglichte § 43 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in Verbindung mit einer Ausführungsverordnung die Erteilung einer Arbeitserlaubnis, die (außer bei deutsch Verheirateten) in den ersten fünf bzw. acht Jahren des Aufenthalts im Ermessen der Bundesanstalt für Arbeit stand. Diese Regelung galt generell für Ausländer_innen und nicht speziell für Flüchtlinge.

1970 – 2005
Ab 1971 wurde bei Asylberechtigten auf Grund der Verordnung über die Arbeitserlaubnis für nichtdeutsche Arbeitnehmer_innen von einer Prüfung der Lage des Arbeitsmarktes abgesehen, die Arbeitserlaubnis wurde systematisch erteilt. Die steigenden Asylbewerberzahlen führten Anfang der 1980er Jahre dazu, dass die Bundesanstalt für Arbeit Asylbewerber_innen während des ersten Jahres des Asylverfahrens keine Arbeitserlaubnisse mehr erteilte. Zwischen 1997 und Ende 2000 wurden Asylbewerber_innen sogar überhaupt keine Arbeitserlaubnisse erteilt („Blüm-Erlass“). Die Arbeitsämter waren vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Norbert Blüm, am 15. Mai 1997 in einem internen Erlass angewiesen worden, Asylbewerber_innen und Geduldeten, die nach dem 15. Mai 1997 eingereist waren, generell keine Arbeitserlaubnisse zu erteilen. Argument für das Arbeitsverbot war die hohe Arbeitslosigkeit. Nach scharfer Kritik und Rechtsprechung, die den Erlass als verfassungswidrig beurteilte, wurde er aufgehoben. Anschließend wurde die Erteilung von Arbeitserlaubnissen bei Asylbewerber_innen und Geduldeten wieder abhängig gemacht von der Lage des Arbeitsmarkts (Vorrangprüfung) und von der Angemessenheit der Arbeitsbedingungen (Konditionenprüfung). Seit dem Anwerbestopps war, wegen der hohen Arbeitslosigkeit in Deutschland, die Politik bestrebt, alle Anreize für einen Aufenthalt zu reduzieren.

Die verschiedenen völkerrechtlichen Verpflichtungen, die Deutschland unter anderem im menschenrechtlichen Bereich eingegangen ist, führten nur in Randbereichen zu einer Verbesserung des Arbeitsmarktzugangs. So gilt für türkische Staatsangehörige seit 1980 der Assoziationsratsbeschluss 1/80. Danach besteht zwar kein Anspruch auf erstmaligen Zugang zum Arbeitsmarkt. Nach erstmaliger Zulassung besteht aber ein Anspruch auf Verlängerung von Arbeitserlaubnissen. Für Staatsangehörige von EU/EWR-Staaten und ihre Familienangehörigen wurde sukzessive die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit eingeführt.

Bis 2005 waren die Ausländerbehörden ausschließlich für den Aufenthalt zuständig. Die Zulassung zum Arbeitsmarkt war dagegen ausschließlich Sache der Bundesanstalt bzw. Bundesagentur für Arbeit. Diese getrennte Zuständigkeit und der damit verbundene Bürokratieaufwand erschwerten den tatsächlichen Zugang zum Arbeitsmarkt für alle Ausländer_innen.

Seit 2005
Mit dem Zuwanderungsgesetz, das 2005 in Kraft getreten ist, wurde im Ausländerrecht das one-stop-government eingeführt. Seitdem ist – außer in wenigen Ausnahmefällen – die Ausländerbehörde der einzige Ansprechpartner für Ausländer_innen, sowohl für Aufenthalt als auch für Beschäftigung. Die Fälle, in denen die Bundesagentur für Arbeit einer Beschäftigungserlaubnis zustimmen muss, wurden reduziert. In jedem Fall wird die Zustimmung intern durch die Ausländerbehörde eingeholt. Antragsteller_innen müssen sich darum nicht gesondert bemühen. Außerdem muss seit 2005 jeder Aufenthaltstitel erkennen lassen, ob die Erwerbstätigkeit gestattet ist (§ 4 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Dies dient auch der Bekämpfung von Schwarzarbeit.

Der Arbeitsmarktzugang für Menschen mit einem humanitären Aufenthaltsstatus wurde seit 2005 mehrfach deutlich verbessert. Dies geht zum Teil auch auf entsprechende Richtlinien der Europäischen Union zurück.

Gegenwärtige Rechtslage

Die gegenwärtige Rechtslage wird deutlich, wenn man nach den unterschiedlichen Personengruppen differenziert, die als Flüchtlinge bzw. aus sonstigen humanitären Gründen in Deutschland Schutz suchen. Die entsprechenden Regelungen finden sich im Aufenthaltsgesetz (AufenthG), im Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) und in der Beschäftigungsverordnung (BeschV). Aus Platzgründen können hier nur die wichtigsten Fälle behandelt werden. Generell gilt § 4 Abs. 3 Satz 1 AufenthG: „Ausländer dürfen eine Erwerbstätigkeit nur dann ausüben, wenn der Aufenthaltstitel sie dazu berechtigt.“

Asylberechtigte
Wer als Asylberechtigte_r im Sinne des Artikels 16a des Grundgesetzes anerkannt ist, ist zu jeder Erwerbstätigkeit berechtigt (§ 25 Abs. 1 Satz 4 AufenthG). Jeder Aufenthaltstitel enthält einen entsprechenden Vermerk. Es findet keine Vorrang- oder Konditionenprüfung statt. Da das Grundrecht auf Asyl durch den „Asylkompromiss“ von 1993 erheblich eingeschränkt wurde, betrifft diese Regelung aber nur eine sehr kleine Gruppe von Menschen.

Anerkannte Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention
Personen, die als Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt sind, haben ebenfalls einen unbeschränkten Zugang zu jeder Erwerbstätigkeit. Auch hier enthalten die Aufenthaltstitel den entsprechenden Hinweis (§ 25 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Eine Anerkennung als Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention gelingt zwar häufiger als eine Anerkennung als Asylberechtigte_r. Wegen der Dublin-Verordnung werden jedoch viele Asylanträge nicht in Deutschland bearbeitet, da Flüchtlinge über einen anderen europäischen Staat eingereist sind. Außerdem gilt der Arbeitsmarktzugang erst nach erfolgreicher Anerkennung und nicht während des Asylverfahrens (siehe unten „Asylbewerber_innen“).

Anerkannte „subsidiär Schutzberechtigte“ nach EU-Recht
Die Genfer Flüchtlingskonvention deckt nicht alle humanitären Gründe ab, die einen Menschen zur Flucht aus seiner Heimat bewegen. Die EU-Qualifikationsrichtlinie, die in §§ 25 Abs. 2, 60 Abs. 2 AufenthG und § 4 AsylVfG umgesetzt wurde, nennt weitere relevante Fluchtgründe. So können zum Beispiel Bürgerkriegsflüchtlinge, die nicht selbst politisch aktiv waren, in vielen Fällen nur Schutz als „subsidiär Schutzberechtigte“ erlangen. Dies ist ein Fortschritt gegenüber den 1990er Jahren, als zum Beispiel für Jugoslawienflüchtlinge in vielen Fällen gar kein legaler Aufenthalt, sondern lediglich eine Duldung (siehe unten) möglich war. Subsidiär Schutzberechtigte nach EU-Recht haben inzwischen einen unbeschränkten Zugang zu jeder Erwerbstätigkeit in Deutschland (§ 25 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Wie bei Flüchtlingen, die nach der Genfer Konvention anerkannt wurden, enthält der Aufenthaltstitel eine entsprechende Nebenbestimmung.

Anerkannte „subsidiär Schutzberechtigte“ nach nationalem Recht
Über das EU-Recht hinaus ermöglicht das deutsche Recht noch „subsidären Schutz“ aus verschiedenen anderen Gründen (§§ 60 Abs. 5, 7, 25 Abs. 3 AufenthG). Traumatisierte Personen, denen im Herkunftsstaat zwar keine Verfolgung mehr droht, die aber dort nicht therapiert werden können, können zum Beispiel auf diesem Weg einen Aufenthaltstitel erhalten. Diese Personen haben keinen gesetzlichen Arbeitsmarktzugang. Die Ausländerbehörde muss über einen Antrag auf Erlaubnis einer Erwerbstätigkeit nach Ermessen entscheiden. Die Bundesagentur für Arbeit muss nicht zustimmen (§ 31 BeschV). In Berlin werden die Aufenthaltstitel systematisch mit einer entsprechenden, umfassenden Erlaubnis erteilt.

Asylbewerber_innen
Als „Asylbewerber_in“ bezeichnet man Personen, die einen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gestellt haben, über den noch nicht entschieden worden ist. Ergebnis des Antrags kann entweder eine Anerkennung als Asylberechtigte_r, Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention oder subsidiär Schutzberechtigter nach EU- oder nationalem Recht sein oder aber eine Ablehnung des Antrags. Gegen eine Ablehnung kann Klage beim Verwaltungsgericht erhoben werden. Während der Dauer des Asylverfahrens haben die Antragsteller_innen (= Asylbewerber_innen) keinen Aufenthaltstitel, sondern eine so genannte „Aufenthaltsgestattung“ (§ 55 AsylVfG). Die Verfahren ziehen sich in vielen Fällen bereits beim Bundesamt über viele Jahre hin. Daher stellt sich die Frage, ob die Personen in diesem Zeitraum Zugang zum Arbeitsmarkt haben.

§ 61 Abs. 1 AsylVfG bestimmt, dass Personen im Asylverfahren „für die Dauer der Pflicht, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen“, keine Erwerbstätigkeit ausüben dürfen. Diese Dauer beträgt drei Monate (§ 47 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG). Für die Zeit danach bestimmt § 61 Abs. 2 AsylVfG, dass nach neun Monaten (die Bundesregierung beabsichtigt die Absenkung auf drei Monate) eine Arbeitserlaubnis erteilt werden kann. Dies gilt nur für unselbständige Beschäftigung. Selbständige Beschäftigung kann Asylbewerber_innen nie erlaubt werden.

Die Arbeitserlaubnis wird durch die Ausländerbehörde erteilt. Die Bundesagentur für Arbeit muss grundsätzlich zustimmen. Die Arbeitsagentur prüft gemäß § 39 Abs. 3, 2 AufenthG unter anderem, ob die Stelle nicht mit anderen Bewerber_innen (Deutschen, Unionsbürger_innen oder Ausländer-innen mit bestehendem Arbeitsrecht) besetzt werden kann (Vorrangprüfung) und ob die Arbeitsbedingungen angemessen sind (Konditionenprüfung). Ohne diese Prüfung durch die Arbeitsagentur kann die Ausländerbehörde die Erlaubnis nur in Ausnahmefällen erteilen, zum Beispiel für eine Berufsausbildung oder bestimmte Praktika (§ 32 Abs. 4, 31 Abs. 2 BeschV). In den anderen Fällen kann die Agentur in Härtefällen ausnahmsweise auch zustimmen, wenn die Vorrangprüfung negativ ausfällt (§ 37 BeschV).

Nicht asylbezogene, humanitäre Aufenthaltstitel
Der Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes enthält noch weitere Rechtsgrundlagen für humanitäre Aufenthaltstitel. Der Arbeitsmarktzugang bedarf nicht der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit (§ 31 BeschV). Die Arbeitserlaubnis durch die Ausländerbehörde wird in aller Regel erteilt werden, da diese Personen bis auf weiteres eine Bleibeperspektive in Deutschland haben, durch ihre Erwerbstätigkeit die öffentlichen Kassen entlastet werden und eine Arbeitsmarktprüfung gerade nicht mehr erforderlich ist.

Geduldete
Wer kein Aufenthaltsrecht hat, aber auch nicht abgeschoben werden kann, erhält – wenn er/sie sich bei den Behörden meldet – eine „Duldung“ (§ 60a AufenthG). Der Aufenthalt bleibt unerlaubt. Geduldete sind häufig abgelehnte Asylbewerber_innen, die nicht abgeschoben werden können, weil sie zum Beispiel keinen Pass haben. Grundsätzlich können diese Personen seit 2005 nach § 25 Abs. 5 AufenthG nach 18 Monaten einen Aufenthaltstitel erhalten, um jahrelange „Kettenduldungen“ zu vermeiden. Hierzu muss aber wiederum ein Pass vorliegen. Das gilt auch für §§ 18a, 25a AufenthG, die qualifizierten Geduldeten, die ein konkretes Arbeitsplatzangebot haben, sowie jungen Erwachsenen unter 22, die in Deutschland geboren oder vor ihrem 14. Geburtstag eingereist sind, einen Aufenthaltstitel „aus der Duldung heraus“ ermöglichen. Nach wie vor sind daher viele Menschen jahrelang im Status der Duldung, auch wenn inzwischen besondere Härtefälle manchmal über das Verfahren gemäß § 23a AufenthG (Härtefallkommissionen) gelöst werden können.

Gemäß § 32 Abs. 1 BeschV können Geduldete nach einem Jahr eine Arbeitserlaubnis erhalten, wenn die Arbeitsagentur auf Grund einer Vorrang- und Konditionenprüfung zustimmt. Wie bei Asylbewerber_innen ist eine Zustimmung der Arbeitsagentur in einigen Fällen (zum Beispiel Berufsausbildung, bestimmte Praktika) nicht erforderlich (§ 32 Abs. 2 BeschV). Nach vier Jahren kann die Arbeitserlaubnis durch die Ausländerbehörde in allen Fällen ohne Zustimmung der Agentur erteilt werden. Auf die Fristen werden Voraufenthalte mit Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsgestattung (das heißt die Zeit im Asylverfahren) angerechnet (§ 32 Abs. 3 BeschV). § 33 BeschV verbietet die Erteilung einer Arbeitserlaubnis unter anderem an Geduldete, die hinsichtlich ihrer Identität getäuscht haben und nur deshalb nicht abgeschoben werden können.

Drittstaatsangehörige mit Aufenthaltsstatus in einem anderen EU-Staat, Familienangehörige von Unionsbürger_innen
In der letzten Zeit haben immer wieder Personen in Deutschland Schutz gesucht, die in einem anderen EU-Staat bereits einen Aufenthaltsstatus haben.

Wer in einem anderen Staat, der die Dublin-Verordnung anwendet, bereits Asyl beantragt hat, hat in Deutschland grundsätzlich kein Aufenthaltsrecht und keinen Arbeitsmarktzugang. Sein Asylverfahren muss im Allgemeinen in dem anderen Dublin-Staat durchgeführt werden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge veranlasst eine Überstellung. Das gilt zur Zeit nicht für Griechenland, weil das dortige Asylsystem zusammengebrochen ist. In anderen Fällen kann – zum Beispiel durch anwaltliche Hilfe – erreicht werden, dass das Verfahren in Deutschland durchgeführt wird, wenn es dafür rechtlich relevante Gründe gibt. In diesem Fall haben die Personen in Deutschland den Status von „Asylbewerber_innen“ (siehe oben). Andernfalls müssen sie Deutschland verlassen und das Verfahren in dem anderen Staat führen.

Drittstaatsangehörige, die in einem anderen EU-Staat bereits einen Aufenthaltstitel mit Arbeitserlaubnis haben, können sich zwar gemäß Artikel 21 des Schengener Durchführungsübereinkommens für 90 Tage in Deutschland aufhalten. Sie haben hier aber keinen Arbeitsmarktzugang. Selbst, wenn eine „Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU“ in dem anderen EU-Staat erteilt wurde, unterliegen der langfristige Aufenthalt in Deutschland und der Zugang zum Arbeitsmarkt bzw. zu einer selbständigen Beschäftigung dem deutschen, nationalen Recht. Lediglich ein Visumverfahren vor der Einreise muss nicht durchgeführt werden. Wenn die Personen allerdings Familienangehörige von Unionsbürger_innen sind, haben sie möglicherweise ein abgeleitetes Freizügigkeitsrecht, aus dem sich auch ein Recht auf Erwerbstätigkeit ergeben kann. Unionsbürger_innen haben ohnehin – mit Ausnahmen für Kroatien – ein unbeschränktes Recht auf Niederlassung und Arbeitsaufnahme in Deutschland.

Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit
Das AufenthG enthält außer dem Abschnitt 5, der humanitäre Aufenthalte regelt, auch einen Abschnitt 4, der Aufenthalte zum Zwecke der Erwerbstätigkeit regelt. Die entsprechenden „Angebote“ wenden sich aber vor allem an Hochschulabsolvent_innen oder Absolvent_innen von Berufsausbildungen mit Berufserfahrung, die in Fach- oder Führungspositionen tätig werden. Diese Voraussetzungen können Personen, die ihre Heimat unfreiwillig verlassen mussten, nur selten erfüllen. Generell gilt, dass die Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen, trotz Verbesserungen durch das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz, oft extrem schwierig oder sogar unmöglich ist.

Resümee

Grundsätzlich haben Personen mit einem humanitären Aufenthaltsstatus heute in Deutschland – anders als früher – einen angemessenen Zugang zum Arbeitsmarkt. Für Asylbewerber_innen und Geduldete ist der Zugang allerdings stark eingeschränkt. In wirtschaftlich schwachen Regionen ist die Vorrangprüfung oft erfolglos. Wegen der Residenzpflicht sind die Betroffenen örtlich nicht flexibel. Der damit verbundene Verlust an Eigenständigkeit ist, vor allem, wenn man die lange Dauer von Asylverfahren betrachtet, ein gravierendes menschenrechtliches Problem.

 

Literaturhinweise

Ulrich Herbert, Geschichte der Ausländerpolitik in Deutschland. Saisonarbeiter, Zwangsarbeiter, Gastarbeiter, Flüchtlinge. München 2001

Georg Classen, Sozialleistungen für MigrantInnen und Flüchtlinge, Handbuch für die Praxis, 2008 (vergriffen, online verfügbar unter: http://www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/Classen_Sozialleistungen_fuer_MigrantInnen_und_Fluechtlinge.pdf)

Rechtsquellen

Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK) vom 28. Juli 1951 (BGBl. 1953 II S. 560), online verfügbar unter: http://www.unhcr.de/fileadmin/rechtsinfos/fluechtlingsrecht/1_international/1_1_voelkerrecht/1_1_1/FR_int_vr_GFK-GFKundProt_GFR.pdf

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Resolution 217 A (III) vom 10.12.1948, online verfügbar unter: http://www.ohchr.org/EN/UDHR/Pages/Language.aspx?LangID=ger (Quelle: UN Department for General Assembly and Conference Management German Translation Service, NY). 

Assoziationsratsbeschluss EWG/Türkei Nr. 1/80, Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80), abgedruckt in: Klaus Dienelt, Ausländerrecht, 27. Aufl., 2014, online verfügbar unter: www.asyl.net , Rechtsprechung zu diesem Thema finden Sie auf die Seiten unter Rechtsgebiete in der Rubrik Assoziationsrecht EWG-Türkei, ARB 1/80 und in der Rechtsprechungsdatenbank (Eingabe in der Suchmaske z. B. "ARB 1/80" "türkischer Arbeitnehmer").

Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom. 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798),  online verfügbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/asylvfg_1992/

Aufenthaltsverordnung (AufenthV) vom 25. November 2004 (BGBl. I S. 2945), online verfügbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/aufenthv/index.html

Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-Verordnung) (ABl. Nr. L 180 S. 31), online verfügbar unter: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2013:180:0031:0059:DE:PDF

Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), online verfügbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/aufenthg_2004/

Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950), online verfügbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/freiz_gg_eu_2004/

Gesetz über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet (HAuslG), online verfügbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/hauslg/

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1), verfügbar online unter: http://www.gesetze-im-internet.de/gg/

Verordnung über die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern (BeschV) vom 6. Juni 2013 (BGBl. I S. 1499), online verfügbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/beschv_2013/