Seit der Veröffentlichung der Ergebnisse der neuen Pisa-Studie ist wiederum deutlich geworden: Migrantenkinder sind im deutschen Schulsystem benachteiligt. Doch welche Instrumente sind nötig, um die momentane Situation zu ändern? Inwieweit muss unser Bildungssystem auf diese Erkenntnis hin modifiziert werden?
Durchaus hilfreich könnte ein Blick über den nationalen Horizont sein. Wie gehen andere europäische Staaten mit der Herausforderung um, Migrantenkinder in das jeweilige nationale Schulsystem zu integrieren?
Um eine Antwort bemüht sich die Studie des „Eurydice Netzwerks“ – eine europäische Interessenvertretung die im Bildungsbereich aktiv ist - mit dem Titel „Integrating Immigrant Children into Schools in Europe“, die bereits vor einem Jahr veröffentlicht wurde. Sie diskutiert die bestehenden und geplanten Instrumente von 30 Bildungssystemen europäischer Staaten und prüft das System des jeweiligen Aufnahmelandes auf Integrationsansätze, -versuche und -erfolge, immer unter Berücksichtigung der demografischen Umstände.
Die Studie liefert nach eigener Aussage zwei grundsätzliche Erkenntnisse: Zum einen haben alle berücksichtigten Staaten erkannt, dass sich das Thema der Einwanderung und damit zusammenhängend das der Integration, nicht länger ignorieren lässt. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die schulische Integration der Migrantenkinder. Deshalb sind auf europäischer Ebene entsprechende legislative Schritte geplant, um ihnen auch die Wahrnehmung ihres Rechts auf Bildung zu ermöglichen. Doch sagt die Studie auch, dass rechtliche Regelungen lediglich einen Rahmen bieten können. Wichtiger ist die gesellschaftliche Integration im Aufnahmeland. Ein Patentrezept gibt es jedoch nicht. Jedes Land steht vor speziellen Herausforderungen und in jedem gibt es andere Umstände.
Zusammenfassend heißt es, dass für eine gelungene Integration in ein Schulsystem, das Erlernen der Unterrichtssprache unabdingbar sei. Ein weiterer wichtiger Faktor dabei sei die Sprachfähigkeit der Eltern. Eine ideale Schulbetreuung und -bildung sei nur in Zusammenarbeit mit den Eltern möglich. Diese Zusammenarbeit ist jedoch oftmals durch mangelnde Sprachkenntnisse der Eltern erschwert. Das „Eurydice Netzwerk“ schlägt deshalb vor, dass Maßnahmen ergriffen werden, damit die Eltern die Unterrichtssprache erlernen und so ihre Kinder unterstützen können.
Gleichzeitig müsse aber auch die Muttersprache gefördert werden. Zum einen sollten Migranten jederzeit die Möglichkeit besitzen, in ihr Herkunftsland zurückzukehren, wenn sie das Bedürfnis haben. Deshalb sollten die Kinder zusätzlichen Unterricht in ihrer Muttersprache erhalten. Dies ist auch hilfreich beim erlernen der Sprache des Aufnahmelandes. Bilingualer Unterricht könnte dabei eine Brücke zwischen den Sprachen schlagen. Das kann sich in der Praxis allerdings schnell als weltfremd erweisen, wenn in einer Klasse drei oder mehr Nationalitäten vertreten sind, was zum Beispiel in Berlin nicht nur in Grundschulen, sondern auch auf den Gymnasien keine exotische Ausnahme ist.
Weitere Informationen und das Herunterladen der Studie hier .
Dieser Beitrag wurde der Publikation "Europa:Mobil November 2005" entnommen.