von Melanie Kamp
Über Imame in Deutschland wird immer wieder kontrovers in der Öffentlichkeit diskutiert. Knapp zusammengefasst lautet die Kritik an den Imamen, die mehrheitlich aus dem Ausland stammen, dass sie nicht ausreichend mit der deutschen Sprache und der deutschen Lebenswirklichkeit vertraut seien und darüber hinaus religiöse Normen und Werte vermittelten, die einer Integration von Muslimen in Deutschland im Wege stünden. Doch wie wird jemand eigentlich Imam in Deutschland, welche Rolle nehmen Imame in den Moscheegemeinden ein und welche Tätigkeiten üben sie dabei aus?
Zunächst ist Imam kein religiöses Amt, das eine klar definierte religiöse Ausbildung oder eine Ordination erfordert. Der Begriff Imam stammt aus dem Arabischen und bezeichnet wörtlich jemanden, der vorne steht. In diesem Sinne wird die Person, die das gemeinschaftliche Ritualgebet leitet, Imam genannt. Sobald Muslime gemeinschaftlich beten, leitet einer von ihnen das Gebet, d.h. er steht vorne, rezitiert laut und die in langen Reihen hinter ihm Stehenden synchronisieren ihre Bewegungen mit ihm. Prinzipiell kann jeder männliche Muslim das Gebet leiten, der den Gebetsablauf und den dabei rezitierten arabischen Text kennt. Betet eine Gruppe von Frauen, so leitet auch hier eine das Gebet, jedoch steht sie innerhalb der ersten Reihe der Betenden.
Freitagspredigt in einer Berliner Moschee; Foto: Riem Spielhaus
Imam ist also zunächst eine Funktionsbezeichnung, die auf das Vorbeten verweist. Wenn nun vom Imam einer Moschee die Rede ist, kann es sich sowohl um einen Religionsgelehrten handeln als auch um einen „Laien“, der über sehr unterschiedliche Formen formaler religiöser Bildung verfügen kann. Da für andere Aufgaben als das Vorbeten wie beispielsweise das Predigen oder den Koranunterricht tiefer gehende religiöse Kenntnisse erforderlich sind, bemühen sich die Moscheegemeinden in der Regel darum, einen Vorbeter-Prediger zu verpflichten, der eine religiöse Ausbildung absolviert hat. Die Inhalte und Abschlüsse sind dabei nicht einheitlich festgelegt.
Neben dem Begriff Imam sind in den verschiedenen Moscheegemeinden noch andere Begriffe als Anrede, Ehr- und Funktionsbezeichnung für Personen gebräuchlich, die über religiöses Wissen verfügen, Rituale durchführen und als Vorbeter, Prediger, Lehrer und religiöse Ratgeber fungieren. Während der Begriff Hoca in türkischen Gemeinden üblich und als Anrede für Imame und Lehrer bzw. Lehrerinnen verwendet wird, wird der Begriff Scheich vor allem in arabischen Gemeinden benutzt.
Die über 80 Moscheen und muslimischen Gebetsräume in Berlin verfügen nicht alle über einen fest angestellten Imam. Abhängig von der Größe der Moschee und den finanziellen Ressourcen der Gemeinde sind Imame häufig nur ehrenamtlich tätig. Für alle Imame, die aus dem Ausland eingestellt werden, gilt, dass sie entweder eine religiöse Ausbildung oder ihre vorherige Beschäftigung als Imam nachweisen müssen, um ein Visum bzw. eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Auch ist dazu die Vorlage eines Arbeitsvertrages mit einer Moschee in Deutschland notwendig. Am klarsten ist das Einstellungsprozedere bei den Moscheegemeinden geregelt, die der DITIB angeschlossen sind. Die türkische Religionsbehörde (DIB), der die DITIB angehört, entsendet so genannte Religionsbeauftragte als Imame in die DITIB-Gemeinden.
Als Beamte des türkischen Staates sind die Religionsbeauftragten an die türkische Botschaft bzw. die Konsulate gebunden und der Dienstaufsicht der Attachés für religiöse Angelegenheiten unterstellt. Ihre Dienstzeit in Deutschland umfasst vier Jahre, allerdings können sie auch mehrere Dienstperioden in Deutschland verbringen, sofern sie zwischenzeitlich wieder in der Türkei arbeiten. Die Ausbildung der DITIB-Imame ist nicht einheitlich geregelt (Cekin 2003), doch haben sie mindestens das Imam-Prediger-Gymnasium in der Türkei und/oder ein Theologie-Studium absolviert. Vor ihrem Einsatz in Deutschland haben sie mindestens acht Jahre Berufserfahrung in der Türkei gesammelt und seit 2002 werden sie mit sechsmonatigen Deutschkursen auf ihren Aufenthalt in Deutschland vorbereitet.
Da die Türkei der einzige muslimisch geprägte Staat ist, mit dem eine Vereinbarung über die Entsendung von Imamen besteht, müssen sich andere Moscheevereine, die nicht der DITIB angehören, individuell um die Suche, Auswahl und die Einreisemodalitäten ihrer Imame kümmern. Dies gilt sowohl für andere von türkischstämmigen Muslimen unterhaltene Vereine wie zum Beispiel die Islamische Föderation Berlin (IFB) oder den „Verband der Islamischen Kulturzentren“ (VIKZ) als auch für Moscheevereine mit anderem national-ethnischen Hintergrund. Der VIKZ hat eine eigene Akademie in Köln eingerichtet. Hier können sich die Schüler auch zum Imam bzw. Hoca ausbilden lassen.
Die Ausbildung baut auf dem Religionsunterricht in den lokalen VIKZ-Moscheen auf, dauert vier Jahre, kann um ein Ausbildungsjahr in der Türkei ergänzt werden und wird für Männer und Frauen angeboten (Jonker 2002). Daher verfügt der Verband auch über Deutsch sprechende Imame bzw. Imame, die in Deutschland aufgewachsen sind. In vielen arabischen Moscheen – bspw. das Haus der Weisheit, das Interkulturelle Zentrum für Dialog und Bildung (IZDB), das Islamische Kultur- und Erziehungszentrum oder die Al-Nur Moschee – sind Absolventen der ägyptischen Azhar-Universität tätig. Sie haben entweder islamisches Recht, Koran- oder Hadithwissenschaften (Prophetentradition) oder auch an der Sprachfakultät eine Kombination aus Deutsch und religiösen Fächern studiert. Der Kontakt zu einer Moschee in Deutschland kommt häufig über persönliche Beziehungen zustande, oder die Moscheevereine wenden sich direkt an die Azhar-Universität und fragen nach geeigneten Absolventen. Im Fastenmonat Ramadan, der durch ein besonders intensives Moscheeleben geprägt ist, bemühen sich oft Moscheevereine, die sich ganzjährig keinen fest angestellten Imam leisten können, für diese Zeit einen Imam aus dem Ausland zu verpflichten. Diese Imame haben dadurch die Möglichkeit, weitere Kontakte zu knüpfen, Moscheevereine wie auch Moscheebesucher und -besucherinnen können die Imame kennen lernen und manchmal ergibt sich daraus eine Festanstellung.
Das Aufgabenspektrum der Imame
Studien über Imame in Deutschland und in anderen europäischen Staaten zeigen, dass das Aufgabenspektrum der Imame hier größer ist als in den Herkunftsländern der muslimischen Einwanderer. In der Regel wird dies auf die Diasporasituation und die dadurch veränderte soziale Rolle der Moscheen zurückgeführt, die in Form multifunktionaler Gemeindezentren oder als „Bürgerhaus für die unmittelbare und weitere Nachbarschaft“ (Leggewie/Jost/Rech 2002) versuchen, den zusätzlichen Bedürfnissen der muslimischen Zugewanderten in der Fremde bzw. in einer nichtmuslimischen Umgebung gerecht zu werden. Teilweise ist die Ausweitung der Moscheefunktionen auch als eine Annäherung an kirchliches Gemeindeleben interpretiert worden (Jonker 1999, 138).
Die Rolle und die Aufgaben, die ein Imam nun übernimmt, sind abhängig von den Bedürfnissen der jeweiligen Gemeinde, der konkreten Ausgestaltung der Moschee oder des Gebetsraumes sowie von seinem beruflichen Status, d.h. ob er ehrenamtlich oder hauptberuflich als Imam fungiert. Eine Rolle spielt zudem, ob neben dem Imam noch andere Personen in der Moschee aktiv sind und einzelne Aufgaben übernehmen (ausführlicher dazu siehe Kamp im Druck). Vor diesem Hintergrund erklären sich die Reaktionen der Imame, mit denen ich in Berlin und anderen deutschen Städten Gespräche geführt habe, auf die Frage nach ihren Aufgaben. Antworten wie „viele“ oder „es gibt mehr Aufgaben als Zeit“ waren typisch und die meisten beschrieben den Arbeitsalltag eines Imam als 24-Stunden-Job, weil sich die Menschen zu jeder Tageszeit mit ihren Problemen an sie wendeten. Neben der Leitung des Gemeinschaftsgebets und der Freitagspredigt listeten sie eine ganze Reihe anderer Tätigkeiten auf: Religions-, Koran- und Sprachunterricht (Türkisch oder Arabisch) für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, das Halten von Vorträgen, die Beantwortung religionsbezogener Fragen der Gläubigen, zudem Beratung zur Bewältigung alltäglicher Lebensprobleme, Streitschlichtung und Mediation bei Familienproblemen, die Durchführung von islamischen Eheschließungen und Scheidungen, Gefangenen- und Krankenbesuche, Totenwaschung und Totengebet, Trauerbegleitung, Repräsentation der Moschee oder Öffentlichkeitsarbeit, interreligiöse Dialogaktivitäten und die Begleitung von Pilgergruppen auf der Pilgerfahrt nach Mekka.
Nicht jeder meiner Gesprächspartner hat alle hier aufgezählten Tätigkeiten genannt, doch die meisten haben insgesamt mehr Pflichten aufgezählt, als sie in ihrem jeweiligen Umfeld und Alltag tatsächlich übernehmen (können). Während die Leitung des Gemeinschaftsgebetes zu den alltäglichen Aufgaben eines Imam gehört und zusammen mit der Freitagspredigt und den verschiedenen Formen des Unterrichtens den Tages- und Wochenablauf eines Imam prägen, sind andere Tätigkeiten saisonal bedingt, wie bspw. die Begleitung von Pilgergruppen, oder stark abhängig von dem Bedarf der Gemeinde, wie z.B. Gefängnis- und Krankenhausseelsorge, und werden daher unterschiedlich häufig ausgeführt. Beispielsweise war ein türkischer Imam bereits ein Dutzend Mal als Pilgerführer tätig, andere Imame jedoch noch nie, oder ein ägyptischer Imam zählte auch Gefangenenseelsorge zu seinen Tätigkeiten, doch auf Nachfrage stellte sich heraus, dass dies in den drei Jahren seiner Arbeit in Berlin nur ein bis zwei Mal vorgekommen ist und somit eine sehr untergeordnete Rolle spielte.
Bei Imamen, die ihren Lebensunterhalt mit anderen Berufen bestreiten und nur ehrenamtlich in einer Moschee aktiv sind, ist es nicht selbstverständlich, täglich in der Moschee anwesend zu sein. So sind einige fast ausschließlich freitags und am Wochenende in der Moschee und ihre Aufgaben beschränken sich auf die Leitung des Gebets an diesen Tagen, die Freitagspredigt und den religiösen Unterricht an ausgewählten Wochentagen. Zwei meiner Gesprächspartner – und dies ist eine Berliner Besonderheit – waren hauptberuflich als Religionslehrer der IFB in öffentlichen Schulen beschäftigt. Während der eine zuvor als Imam gearbeitet hat und immer noch freitags in unterschiedlichen Moscheen der IFB predigt und sich selbst auch als Imam versteht, sieht sich sein Kollege eher als Lehrer – obwohl er zum Zeitpunkt des Gesprächs auch Kinder in einer Moschee unterrichtete und dort gelegentlich die Freitagspredigt übernommen hatte. So erzählte er, dass diejenigen, die ihn nur aus der Moschee kennen, als Imam wahrnehmen. Trotzdem lehnt er die Anrede Hoca für sich ab.
In großen Moscheen teilen sich manchmal mehrere Imame die anfallenden Aufgaben oder ehrenamtliche Helfer übernehmen einzelne Tätigkeiten wie zum Beispiel den Religionsunterricht für Kinder, den Unterricht für deutsche Konvertierte oder die Öffentlichkeitsarbeit. Ob und in welchem Maße der Imam Kontakt zu Moscheebesucherinnen hat, hängt unter anderem davon ab, ob es eine Frauengruppe oder eine Religionslehrerin in der Moschee gibt und sich die Frauen mit ihren religiösen Fragen an sie wenden können (siehe Spielhaus in diesem Band). Nicht zuletzt entscheiden auch die Qualifikationen eines Imam wie z.B. seine Deutschkenntnisse darüber, ob er Aufgaben wie Öffentlichkeitsarbeit leisten oder an interreligiösen Dialogaktivitäten teilnehmen kann.
Ein gutes Beispiel dafür ist Imam Taha Elmoursi (29) von der Al-Nur Moschee. Die Al-Nur Moschee ist mehrfach ins Visier der Sicherheitsbehörden geraten und ihrem Imam Salim El Rafei wurde die Wiedereinreise nach Deutschland untersagt. Seit ungefähr zwei Jahren ist Imam Taha dort ehrenamtlich tätig. Er hat bereits in Ägypten Deutsch gelernt und engagiert sich hier nun im interreligiösen Dialog. So fand im März 2006 zusammen mit Rabbiner Ytzhak Ehrenberg eine Veranstaltung in der Al-Nur Moschee statt und im Mai 2006 war Imam Taha an der Zusammenstellung der Imam-Mannschaft für das symbolträchtige Fußballspiel zwischen Imamen und Pfarrern beteiligt. Zwar werden auch in anderen Moscheen wie beispielsweise dem IZDB oder dem Islamischen Kultur- und Erziehungszentrum insbesondere im Ramadan Veranstaltungen organisiert, an denen auch Rabbiner oder Pfarrer teilnehmen. An Stelle der Imame der Zentren nehmen hier jedoch bisher andere Deutsch sprechende, ehrenamtlich Aktive der Moscheegemeinden auf dem Podium Platz.
Imame als Vermittler religiöser Normen und Werte
Aufgrund ihrer Rolle als Vermittler religiöser Normen und Werte wird Imamen sowohl von muslimischen Gläubigen als auch von nichtmuslimischer Öffentlichkeit Autorität und damit Einfluss zugeschrieben. Dies entspricht durchaus dem Selbstbild der Imame, mit denen ich gesprochen habe. Verkürzt gesagt sehen sie sich als diejenigen, die den Menschen den richtigen Islam vermitteln, indem sie predigen, unterrichten und den Menschen Rat für eine in religiös-moralischer Hinsicht korrekte Lebensweise geben. Der Rat eines Imam hat jedoch keine bindende Kraft. Insofern hängt es entscheidend von dem Ratsuchenden ab, ob er den Rat eines Imam akzeptiert.
Neben dem lokalen Imam sind die Familie, Freunde und Bekannte, eine reichhaltige islamische Literatur, Predigtaufnahmen berühmter Prediger, die auch in den hiesigen Moscheen verkauft werden, das Internet und andere Medien wichtige Quellen und Ratgeber, die von den Gläubigen in religiösen Fragen konsultiert werden. Diese Situation ist den Imamen bewusst. Gefragt nach der gesellschaftlichen Rolle und dem Verhältnis des Imams zur Gemeinde, formulierten einige meiner Berliner Gesprächspartner unter anderem, dass der Rat eines Imam nur ein guter Rat von einem erfahrenen an einen unerfahrenen Mann sei, dass ein Imam nur denjenigen gegenüber Einfluss habe, die er persönlich kenne und dass ein Imam mit den Menschen leben, an ihren Sorgen und Freuden teilhaben müsse, um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, damit sie sich an ihn als Autorität wenden. Auch sei es wichtig, dass, trotz der vielfältigen Quellen für islamisches Wissen, die Leute „an der Hand“ eines Gelehrten studierten, damit dieser gegebenenfalls ein falsches Verständnis der islamischen Lehre korrigieren könne.
Deutschkenntnisse: Kritik und Selbstkritik
Die eingangs geschilderte Kritik an den ausländischen Imamen ist nicht völlig neu. Bereits in den 1980er Jahren wurde die Einstellung von Imamen aus dem Ausland unter sicherheitspolitischen Aspekten kritisiert (Blumenwitz 1985). Heute, gut zwei Jahrzehnte später, stehen neben sicherheitspolitischen Erwägungen vor allem integrationspolitische Aspekte zur Diskussion: Imamen wird vorgeworfen, nicht (ausreichend) Deutsch zu sprechen, sich hinsichtlich der Lebensumstände in Deutschland nicht auszukennen und einen Islam zu vermitteln, der auf die Herkunftsländer und nicht auf Deutschland ausgerichtet ist. Dabei wird diese Kritik nicht nur von der nichtmuslimischen Öffentlichkeit geübt, sondern auch innerhalb der Gemeinden bzw. der muslimischen Organisationen, und es werden verschiedene Möglichkeiten diskutiert, Imame in Deutschland auszubilden. In meinen Gesprächen mit den Imamen kam auch diese Problematik zur Sprache, denn je nach Zusammensetzung der Gemeinde sind Imame ganz konkret mit dem Sprachproblem konfrontiert, wenn sie auf Dolmetscher angewiesen sind, um mit den Gläubigen zu kommunizieren.
Außerdem wird in einigen Berliner Moscheen die arabische Freitagspredigt von Helfern simultan ins Deutsche übersetzt, weil Konvertierte, Muslime und Musliminnen aus nichtarabischen Ländern und junge arabischstämmige muslimische Gläubige, die hier aufgewachsen sind, auf die Übersetzung angewiesen sind und die Moscheen auf diesen Bedarf reagieren müssen. Die Imame sprachen überraschend selbstkritisch über ihre Deutschkenntnisse. So erklärte mir ein ägyptischer Imam auf die Frage nach Änderungswünschen hinsichtlich seiner Arbeit, dass er gerne Deutsch sprechen können würde und selbst Imame, die Deutsch sprechen, wollten sich sprachlich verbessern. Teilweise besuchen meine Gesprächspartner auch Deutschkurse oder lernen privat Deutsch, weil sich dies besser mit ihrem Arbeitsalltag verbinden lässt. Letztlich befürworteten sie grundsätzlich den Aufbau von Ausbildungseinrichtungen für muslimische Religionsgelehrte in Deutschland.
Ein türkischer Imam fragte jedoch danach, wer eine solche Ausbildung organisieren solle und äußerte sich skeptisch, ob sich die auf Spendenbasis finanzierten Moscheevereine überhaupt einen in Deutschland universitär ausgebildeten Imam leisten könnten. Ein so ausgebildeter Imam würde ein anderen Akademikern vergleichbares Gehalt erwarten und kaum zu den bislang üblichen niedrigen Gehältern oder gar ehrenamtlich arbeiten wollen.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation der Imame in Deutschland im Zuge der öffentlichen Diskussion und des Generationenwechsels innerhalb der Moscheegemeinden verändern wird. Vorläufig bleiben die Moscheevereine darauf angewiesen, Imame aus dem Ausland bzw. Imame, die ihre Ausbildung im Ausland absolviert haben, einzustellen.Literatur
- Blumenwitz, Dieter (1985): Aufenthaltsgenehmigungen für Imame in Deutschland. In: CIBEDO-Texte, Nr. 35, S. 2–13.
- Boender, Welmoet/Meryem Kanmaz (2002): Imams in the Netherlands and Islam teachers in Flanders. In: Wasif A.R. Shadid/Pieter S. van Koningsveld (Hrsg.):
- Intercultural relations and religious authorities. Muslims in the European Union. Leuven, S. 169–180.
- Cekin, Ahmet: Stellung der Imame. Eine vergleichende Rollenanalyse der Imame in der Türkei und in Deutschland. Tübingen, Diss. 2003.
- El Battiui, Mohamed/Firouzeh Nahavandi/Meryem Kanmaz (2004): Mosquées, imams et professeurs de religion islamique en Belgique. État de la question et enjeux. Brüssel.
- Jonker, Gerdien (2002): Eine Wellenlänge zu Gott: Der Verband der Islamischen Kulturzentren in Europa. Bielefeld.
- Jonker, Gerdien (1999): Von der Mehrheit zur Minderheit. Die Verortung der islamischen Gemeinden im deutschen Umfeld. In: dies. (Hrsg.): Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei in Deutschland. Berlin, S. 131–146.
- Kamp, Melanie (im Druck): Prayer leader, counselor, teacher, social worker, and public relations officer – on the roles and functions of imams in Germany. In: Jörn
- Thielmann/Ala Al-Hamarneh (Hrsg.): Islam and Muslims in Germany. Leiden u.a.
- Kroissenbrunner, Sabine (2001): Türkische Imame in Wien. Wien.
- Leggewie, Claus/Angela Joost/Stefan Rech (2002): Nützliche Moscheekonflikte? Lackmustest auf praktische Religionsfreiheit. In: Blätter für deutsche und internationale Politik, Jg. 47, Nr. 7, S. 812–821.
Melanie Kamp ist Islamwissenschaftlerin, assoziiert am Zentrum moderner Orient. Sie arbeitet zur Zeit an ihrer Dissertation über muslimische religiöse Autoritäten in Deutschland. Der Artikel basiert auf den Ergebnissen ihrer Feldforschung.