Transnationalisierung & neue Migrationsformen

 

Wahrscheinlich war die Vorstellung von geschlossenen und homogenen „Container-Gesellschaften“ oder -Kulturen schon immer falsch. Für viele nichtmigrierende Menschen hat sie aber immer noch etwas Beruhigendes, denn sie stellt keinerlei Ansprüche an sie, sondern verlangt von „den Anderen“, die von „außen“ dazukommen, dass sie sich an das Leben und seine normativen Grundlagen „hier“ anpassen. Die global vernetzte Welt lässt diese Vorstellung immer mehr die Wirklichkeit verfehlen, auch wenn mit ihr weiterhin erfolgreich Politik gemacht wird. Immer mehr Menschen leben hier und „außen“, sie entwickeln transnationale Netzwerke, erweitern ihre Lebensräume, Erfahrungen und Normen über nationale Grenzen hinweg und betreten die Weltbühne als global vernetzte Akteure der Zivilgesellschaft, die im jeweils nationalstaatlichen Raum selbstbewusst Mitsprache und Beteiligungsrechte fordern.

Neben der Globalisierung der Kapital- und Warenströme stellen diese Entwicklungen eine weitere, die soziale und kulturelle Globalisierung „von unten“ dar. Sie ist keineswegs nur an biografische Migrationserfahrungen gebunden, doch die transnationale Migration ist eine ihrer wichtigsten Triebkräfte. MigrantInnen überschreiten nationale Grenzen immer öfter und aus den unterschiedlichsten Gründen. Beispielsweise pendeln sie als flexible Arbeitskräfte oder bilden sich als Studierende oder Auszubildende in verschiedenen Ländern aus oder fort. Sie nutzen den neuen Bewegungsspielraum innerhalb der Europäischen Union oder kämpfen mit alten geopolitischen Grenzen wie denen zwischen globalem Norden und Süden. Ihre Verbindungen zur Herkunftsgesellschaft lassen sie zumeist nicht abreißen, sondern pflegen sie weiter. So fühlen sie sich mehreren Gesellschaften zugehörig. Sie praktizieren einen neuen Typus von transnationaler Migration und Mobilität.
 

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Bild: Cristina de Santana