Epochal
Meine Arbeiten sind Eindrücke einer Frau, die zwischen Orient und Okzident lebt. Sie sind einerseits von Diktatoren, patriarchalischen Regimen und Gefangenschaft und anderseits von Exil, Sehnsucht, Zerrissenheit und Unvollkommenheit geprägt. Die Menschen in meinen Bildern suchen trotz ihrer Unvollkommenheit nach Ästhetik, Harmonie, Ankommen. Der zentrale Punkt meiner Bilder ist das Dasein im Fremden, wobei die Frauen auch zu Hause fremd waren und sind.
Seit meiner Jugend ist das weibliche Dasein für mich ein zentrales Leitmotiv. Die Erfahrung der Gefangenschaft unter dem Regime des Schahs steht im Vordergrund meines Bewusstseins und hat mein Verständnis von Kunst und meine Bildsprache beeinflusst. In den achtziger Jahren war meine Lebensrealität das Schicksal einer intellektuellen Frau in einem traditionell diktatorischen Land und später in der islamistischen Männerwelt des Irans. Meine Exilerfahrung in den neunziger Jahren wurde durch die Einschränkungen der freien Entfaltung des Individuums dominiert. Es geht auch um die Vergänglichkeit der Zeit in einer ungeteilten Welt. Da „die einzelnen Räume Teil des Raumes sind“, so Kant.
Die Serie „Epochal“ bezieht sich auf diese grundlegenden Gemeinsamkeiten in Raum und Zeit. Seit meinem Aufenthalt in Deutschland (1986) beschäftige ich mich mit deutscher Philosophie und besonders mit Immanuel Kant, also mit dem Begriff der „Vernunft“ und dessen Gegenteil, für mich der iranisch-islamische Mystizismus (im Allgemeinen religiöse Spiritualität).
Die Spiegelung der eigenen Geschichte in den Werken einer Künstlerin ist eine Bloßstellung und kann auch weh tun. Für mich steht dabei die bildnerische Auffassung des menschlichen bzw. des weiblichen Daseins im Vordergrund. Der Hintergrund ist nicht kulturell oder ethnisch fixiert. Es geht um vergängliche und instabile Zeichen, Bilder und Worte, und wie wir davon beeindruckt werden. Es geht darum, eine relative und wechselnde Stabilität zu umarmen. Die Kunst hilft uns, diese Herausforderung anzunehmen.
Minoo Khajeh Aldin
Über Minoo Khajeh Aldin
Minoo Khajeh Aldin wurde 1951 im Iran geboren. Sie studierte an der Universität Täbriz persische Literatur und islamische Kunstgeschichte und besuchte private Kunstschulen. Sie wurde wegen ihrer politischen Aktivitäten für einen demokratischen Iran verhaftet und im Jahr 1978 mit der Hilfe von Amnesty International aus dem Gefängnis befreit. „Im Gefängnis malten wir heimlich mit abgebrannten Streichhölzern. Sie dienten als Zeichenstift, Reismehl als Bindemittel und Zigarettenpapier als Bildträger. Die Farbe gewannen wir aus jedem Gegenstand, der farbig war. Während der wöchentlichen Durchsuchungen des Gefängnisses wurden die kleinen Bilder immer wieder von Gefängniswächtern und Soldaten entdeckt und beschlagnahmt“, so Minoo Khajeh Aldin.
Nach der Gefangenschaft arbeitete sie als künstlerische Gestalterin von Kinderbüchern im Iran. Ein Kinderlexikon, bei dessen Gestaltung und Entwickelung Minoo mitwirkte, wurde während der Islamischen Revolution zensiert und konnte nicht erscheinen.
1986 verließ sie ihre „damalige Heimat“ und lebt seitdem in Deutschland, wo sie die Restauration von Gemälden und Skulpturen erlernte und später in ihrem eigenen Restaurationsatelier arbeitete. 1998- 2002 besuchte sie die Kunstschule Blankenese und die Kunstschule Ottensen in Hamburg. Seitdem stellt sie ihre Werke in verschiedenen Gruppen- und Einzelausstellungen in den USA und Deutschland aus. Unter anderem entwickelte sie die Idee eines interkulturellen Spielplatzes. Seit 2007 lebt und arbeite Minoo Khajeh Aldin als Künstlerin in Hannover.
Minoo Khajeh Aldin