Juri Andruchowytsch

 

Biographisches

Juri Andruchowytsch, geboren 1960 im Westukrainischen Iwano-Frankiwsk, dem früheren Stanislau, lebt, nach längeren Aufenthalten in Westeuropa und den USA, heute wieder in seiner Geburtsstadt. Er studierte in Lemberg und Moskau Journalismus und Literatur und debutierte 1985 mit seinem Gedichtband „Himmel und Plätze“. Im selben Jahr gründete er die literarische Performance-Gruppe „Bu-Ba-Bu“, was übersetzt in etwa steht für „Burleske, Rummel, Possenreißer“. Nach seiner Zeit in der Sowjetischen Armee wandte Juri Andruchowytsch sich mit sieben satirischen Kurzgeschichten dann auch der Prosa zu. Vier Gedichtbände, fünf Romane und drei Essaybände sind seitdem erschienen. Neben seiner schriftstellerischen Arbeit ist Andruchowytsch als Übersetzer aus dem Deutschen, Polnischen, Russischen und Englischen tätig - und auch als Sänger machte er bereits Furore.

Der Roman „Perversion“

Die Originalausgabe erschien 1999 unter den Titel „Perverzia“, die deutsche Übersetzung ist 2011 im Suhrkamp-Verlag erschienen.
„Perversion“ erzählt vom Auftauchen und Verschwinden Stanislav Perfezkis, eines ukrainischen Dichters und Kulturanthropologen. Perfezki spielt sämtliche Instrumente, vor allem jedoch, wie es heißt, auf den menschlichen Seelen. „Stets setzte er alles aufs Spiel - seine Habe, sein Talent, sein Leben. Fast alle seine Aktionen, Eskapaden des Wagemuts, … rochen nach komplettem Scheitern und endeten als voller Erfolg.“ Er dichtet, hält Vorträge, tanzt Striptease, sammelt Waldbeeren für ein Bergkloster, reist als Frau verkleidet nach Prag, Dresden, Berlin, München. Aber all das ist die Vor-Geschichte der Geschichte. Der Roman setzt in München ein, von wo Perfezki von einem sonderbaren Paar namens Ada Citrina und Janus Maria Riesenböck in einem Alfa Romeo über die Alpen bis nach Venedig gebracht wird. Die beiden observieren ihn, aber mindestens eine von ihnen, Ada, verliebt sich auch in ihn. Und dies alles vor der Kulisse Venedigs, seiner Architektur, der Toteninsel und vor allem einer Tagung mit dem Titel: „Post-Karnevalistischer Irrsin der Welt: Was dräut am Horizont?!“. Diese Tagung wird unter anderen besucht von „mehreren Ministern, einer Stripperin, einer Hypnotiseurin, einem Matador, einem Terroristen, einer Primadonna und einem Kardinal“. Die Liebe zwischen Ada und Perfezki nimmt ungeahnte Ausmaße an, doch zum Schluss der Geschichte stürzt sich Perfezki genauso unerklärlich, wie eraufgetaucht ist, aus seinem Hotelfenster in einen venezianischen Kanal. Oder doch nicht? Wir wissen es nicht.

Bild entfernt.
Bild: © Susanne Schleyer

 

„Postkarnevalistischer Irrsinn und die Hoffnung am Rand der Welt"
ein Interview von Veronica Peters (weiter)