Im Zuge der weltweiten Migrationsbewegungen entstehen transnationale Räume durch das Knüpfen von Netzwerken zwischen zivilgesellschaftlichen AkteurInnen. MigrantInnen legen ihre Heimatkultur nicht ab, sobald sie sich an ihrem neuen Lebensort eingelebt haben, sondern stellen in Auseinandersetzung mit den jeweils örtlichen Gegebenheiten neue Bezüge her, formen eine multipolare Identität und schaffen sich spezifische Lebensräume. Die Sozialwissenschaft geht davon aus, dass die gesellschaftliche Bedeutung dieser transnationalen Räume wächst.
Zwischen Deutschland und der Türkei ist beispielsweise ein ausgeprägter transnationaler Raum entstanden: Die Arbeitsmigration aus der Türkei nach Deutschland, der daran anschließende Familiennachzug, Deutschland als lange Zeit wichtigster Handelspartner der Türkei, die Türkei als beliebtes Reiseziel der Deutschen – dies sind Phänomene, die auf umfangreiche und differenzierte deutsch-türkische Netzwerke hinweisen, die sich abseits der internationalen Beziehungen zwischen StaatsvertreterInnen und jenseits politischer Steuerungsversuche entwickelt haben. Diese Netzwerke konstituieren den deutsch-türkischen transnationalen Raum, der Auswirkungen auf die Lebenswirklichkeit in beiden Ländern hat.
Vor allem in den Weltstädten manifestiert sich Transnationalität auch physisch in „Zwischenräumen“ – in Bahnhöfen, Flughäfen oder Hotels. Aber was bedeutet diese Entwicklung für die Menschen? Bedeutet sie eher Fragmentierung, Zerstörung fester Bindungen, solidarischer Nachbarschaften und verlässlicher sozialer Regeln? Oder wird durch den Aufbau neuer, mehrfacher Bindungen der städtische und der soziale Raum überlagert, ergänzt und erweitert?