von Vicente Riesgo Alonso
Die Ankündigung der Bundeskanzlerin Angela Merkel bei dem ersten Integrationsgipfel am 14. Juli 2006, innerhalb eines Jahres einen Nationalen Integrationsplan (NIP) unter breiter gesellschaftlicher Mitwirkung und mit Beteiligung von Migrantinnen und Migranten erarbeiten zu wollen, weckte große Erwartungen bei den Migranten und ihren Communities und hatte eine stark motivierende und mobilisierende Wirkung.
Ein motivierender und mobilisierender Prozess
Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hatten die Migrantinnen und Migranten das Gefühl, nicht mehr als Objekte staatlicher Politik behandelt zu werden oder als Schutzbefohlene dem gesellschaftlichen Wohlwollen ausgeliefert zu sein. Vielmehr erlebten sie, dass ihre Empfindungen und ihre Lebensgeschichten und -leistungen Würdigung und ihre Lebenspläne und Vorschläge Interesse erfahren. Vielleicht musste erst eine Frau Bundeskanzlerin werden, damit diese das menschliche Zusammenleben erleichternden Umgangsformen auch Eingang in die bundesdeutsche (Integrations-)Politik finden konnten.
Im Geist der Achtung, des Respekts und der Dialogbereitschaft begann im Bundeskanzleramt mit viel Symbolik der Integrationsgipfel und damit ein Prozess, an dem sich Migrantinnen und Migranten an der Mitgestaltung einer, wie es hieß, „Aufgabe von nationaler Bedeutung“ aktiv beteiligen konnten. Die Partizipation von überwiegend - aber nicht ausschließlich - in Migrantenselbstorganisationen engagierten Menschen ist und bleibt ein innovativer und zugleich qualitativ bestimmender Aspekt dieses Prozesses. Wichtige Komponenten des NIP wären sehr wahrscheinlich ohne das dezidierte Eintreten dieser MigrantInnen überhaupt nicht oder nicht mit dem gebührenden Nachdruck berücksichtigt worden.
Der aktivierende, mobilisierende Effekt, den sowohl die beiden Integrationsgipfel als auch die Arbeiten in den Arbeitsgruppen nicht nur bei Migrantinnen und Migranten und ihren Communities, sondern auch in weiten Teilen der Gesellschaft ausgelöst haben, hat eine über den erarbeiteten Plan selbst weit hinausgehende Dynamik entwickelt, die als eine bedeutsame Ressource für das Gelingen der Integration zu pflegen und voranzutreiben ist.
Ein Plan mit reichen Inhalten
Die Vorschläge der mitwirkenden Migrantinnen und Migranten, gespeist aus ihren praktischen Erfahrungen sowie ihrem theoretischen Wissen, haben das Themenfeld “Bildung, Ausbildung und Arbeitsmarkt” inhaltlich entscheidend geprägt. Aus der Perspektive der MigrantInnen und ihrer Organisationen wird als besonders substantiell und positiv betrachtet die Fokusierung des NIP auf die Themen:
- Bedeutung der frühen und nachhaltigen Sprachförderung,
- Verbesserung der Qualität des deutschen Schulsystems sowie
- Einbeziehung der Eltern und der Migrantenorganisationen in die bildungspolitische Integrationsarbeit.
Mehrsprachigkeit ist wichtiger Bestandteil der sprachlichen Bildung
Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Die sprachliche Entwicklung verläuft untrennbar mit der Entfaltung der emotionalen, sozialen und kognitiven Kompetenzen des Kindes zusammen. Sprachförderung leistet somit einen wesentlichen Beitrag zur harmonischen Persönlichkeitsentwicklung und bildet die Grundlage für die Existenz des Menschen als soziales Wesen sowie für das Weiterkommen in Bildung, Beruf und gesellschaftlicher Teilhabe.
Es ist also konsequent und richtig, dass die sprachliche Bildung als wesentlicher Bestandteil des Bildungsauftrages der Kindertageseinrichtungen definiert wird und dass ein wesentlicher Schwerpunkt des gesamten NIP in Maßnahmen zur Sprachförderung liegt. Die Förderung der Mehrsprachigkeit, insbesondere der Herkunfts- und Familiensprache von Migrantenkindern, gehört in diesem Sinn selbstverständlich zur erforderlichen sprachlichen Bildung, deren Bedeutung für Individuen und Gesellschaft im NIP entsprechend anerkannt wird.
Korrekturen am deutschen Schulsystem sind erforderlich
Die Unzulänglichkeiten des deutschen Schulsystems und ihre schwerwiegenden integrationspolitischen Folgen sind spätestens seit den PISA-Studien allen Einsichtigen bekannt. Auch der Arbeitsgruppe zum Themenfeld “Bildung, Ausbildung und Arbeitsmarkt” war diese Einsicht stets gegenwärtig.
Da eine grundlegende Veränderung des ganzen Schulsystems aktuell wenig Aussicht auf Erfolg zu haben scheint, schlägt der NIP wichtige System-Korrekturen vor. Dazu gehört insbesondere der Ausbau der Ganztagsschulen, was gerade Kindern mit Migrationshintergrund in hohem Maß zugute kommen kann. Weitere Vorschläge des NIP sind:
- quantitativer und qualitativer Ausbau der Betreuungsangebote in Kindertagesstätten,
- bessere Abstimmung der Bildungs- und Erziehungspläne für Kindertagesstätten und Grundschulen,
- Förderung sprachdidaktischer und interkultureller Kompetenzen bei den Lehrkräften,
- zusätzliche Förderung von Schulen mit hohem Anteil von Schülern/innen mit Migrationshintergrund,
- bessere Berufswahlorientierung für einen erfolgreichen Übergang von der Schule in den Beruf,
- weisen in die richtige Richtung, um den Schulerfolg der Kinder aus Zuwandererfamilien zu steigern.
Im Bewusstsein, dass hier eine „mentale“ und daher nur langfristig zu erreichende „Umstellung“ erforderlich ist und deshalb keine kurzfristigen Erfolge zu erwarten sind, verpflichten sich die Länder im NIP innerhalb der kommenden 5 Jahre die Schulabbrecherquote unter Jugendlichen mit Migrationshintergrund deutlich zu senken. Generell soll die Durchlässigkeit der bestehenden Schulsysteme gefördert werden mit dem Ziel, die Übergangsquoten von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund an den allgemeinen Durchschnitt anzuheben.
Arbeit mit Eltern und Migrantenorganisationen sollen gefördert werden
Die Anerkennung der Bedeutung der Eltern und der Migrantenselbstorganisationen für den Integrationsprozess ist sicherlich einer der innovativsten und am nachhaltigsten wirkenden Aspekte des NIP. Gerade auch im Bezug auf die Bildung kommen den Migrantenorganisationen wichtige Funktionen als Dialogpartner, Brückenbauer oder Bildungspaten zu.
Diese wichtigen Funktionen anerkennend, verpflichtet sich die Bundesregierung, die Beteiligung von Migrantenorganisationen an der Trägerschaft von Maßnahmen und Projekten zu fördern. So sollen bei Infrastrukturprojekten die interkulturelle Öffnung und Vernetzung mit Migrantenorganisationen zu einem Förderkriterium berücksichtigt werden. Bund, Länder und Kommunen sollen - mit dem Ziel einer gleichberechtigten Teilhabe - den Migrantenorganisationen und deren Integrationsprojekten den Zugang zu (finanzieller) Förderung, Beratung und Weiterbildung sicherstellen. Insbesondere Vertreterinnen und Vertreter von Migrantenorganisationen sollen als Expertinnen und Experte in Beiräte und Fachgremien berufen werden.
Um die Eltern für die Mitarbeit bei Bildung und Erziehung zu gewinnen und zu qualifizieren, sieht der Plan die Notwendigkeit der Verstärkung entsprechender Informations-, Beratungs- und Bildungsangebote vor. Insbesondere die Länder erklärten ihr Interesse daran, die Arbeit mit Eltern mit Zuwanderungsgeschichte zu verstärken. Anerkannte Migrantenorganisationen übernehmen Selbstverpflichtungen im Bereich der Elternarbeit, um die Bildungsorientierung in Migrantenfamilien zu stärken.
Beispiele dafür gibt es bereits: Der Bund der Spanischen Elternvereine stellt seine Erfahrungen und bewährte Arbeitsmethoden in der Elternarbeit zur Förderung des Schulerfolgs von Migrantenkindern auch anderen Migrantinnen und Migranten zur Verfügung, was bereits in NRW mit dem Projekt “Schlaue Kinder starker Eltern” erfolgreich in Gange ist. Die Türkische Gemeinde in Deutschland hat eine Bildungsoffensive durch die Gründung von „Eltern-Akademien“ in allen Bundesländern für Eltern türkischer Herkunft geplant.
Die Vereinbarungen haben sehr unterschiedlichen Stellenwert
Obwohl die inhaltlichen Schwerpunkte im Themenfeld Bildung und Ausbildung durchaus bedeutsam sind, antworten die im NIP vereinbarten Maßnahmen und Selbstverpflichtungen in eher unterschiedlicher Weise auf die gut diagnostizierte und als dringlich änderungsbedürftig beschriebene Sachlage. Die Vereinbarungen sind sehr heterogen und haben sowohl formell als auch inhaltlich einen sehr ungleichen Stellenwert. Einige Maßnahmen, die auf gesetzlicher Grundlage beruhen, verfügen über in öffentlichen Haushalten ausgewiesene Mittel mit konkreten Zahlen und verweisen z.T. auf bereits vor dem NIP laufenden Programmen und Projekte mit eindeutigem Auftrag. Darüber hinaus sind im NIP viele allgemein gehaltene Vorschläge und Empfehlungen, moralische Appelle und Absichtserklärungen zu finden.
Diese Unterschiede müssen an sich nicht negativ bewertet werden, da sie die unterschiedliche Handlungsbereitschaft und -fähigkeiten der verschiedenen beteiligten Akteure widerspiegeln. So sind z.B. die Selbstverpflichtungen, die eine professionelle Arbeit erfordern, von Migrantenorganisationen, die überwiegend auf ehrenamtliche Mitarbeit angewiesen sind, schwerer einzuhalten, als von öffentlichen Instanzen oder großen Verbänden, die über sichere bzw. planbare Finanzierungsquellen und entsprechendes Personal verfügen.
Vage Selbstverpflichtungen der Länder zur Förderung der Mehrsprachigkeit
Kritikwürdig ist allerdings der wenig bindende Charakter der von staatlichen Stellen eingegangenen Selbstverpflichtungen in sehr wichtigen Themen. So bleibt die Selbstverpflichtung der Länder “geeignete Maßnahmen zu identifizieren, die das Prinzip der Mehrsprachigkeit im Schulalltag angemessen verankern” oder “in einen kontinuierlichen Meinungsaustausch ... einzutreten” recht vage und entspricht sehr unzureichend dem im NIP festgehaltenen Ziel, Mehrsprachigkeit als “wichtiges Potential” in einem “Bildungssystem, das Chancen eröffnet” und “Potentiale entfaltet” zu fördern.
Die hierzu formulierten Selbstverpflichtungen der Länder sind sogar weniger konkret als die im Themenfeld „Gute Bildung und Ausbildung sichern, Arbeitsmarktchancen erhöhen“ genannten Ziele, die “bilinguale Schulformen” ausdrücklich als geeignete Maßnahmen zur Verankerung der Mehrsprachigkeit im Schulalltag empfehlen. Das lässt vermuten, dass diese Unbestimmtheiten den Ländern Zeit geben sollen, ihre Abbauprogramme z.B. im Bereich des muttersprachlichen Unterrichts unbekümmert fortzusetzen. Dagegen wäre ein klares Bekenntnis der Länder zum Ausbau von - mancherorts bereits erfolgreich etablierten - bilingualen Schulformen ein sehr positives Zeichen im Sinne einer Schulpolitik, die Potentiale und Kompetenzen von Migrantenkinder anerkennt und fördert. Dieses Zeichen sucht man im NIP leider vergebens.
Eine erfolgversprechende sprachliche Bildung darf nicht auf die Maxime “Deutsch lernen!” reduziert werden, sondern muss in viel stärkerem Maß als bisher der soziokulturellen Vielfalt einer modernen Migrationgesellschaft in einem weltoffenen Land Rechnung tragen. Denn eine stärkere Anerkennung und Förderung der Herkunfts- und Familiensprachen im Bildungssystem erhöht die Bildungsmotivation der Menschen aus Zuwandererfamilien und damit auch ihre Integrationsfähigkeit.
Mehr Bildungsinländer sollen studieren: aber wann und wie?
Die integrationspolitische Bedeutung von Vorbildern gerade auch im Bildungsbereich wird im NIP ausreichend gewürdigt. Hierzu wollen die Länder “Bildungsinländer ... noch stärker für den Erwerb der Hochschulreife und zur Aufnahme eines Studiums” motivieren. In ihren Selbstverpflichtungen bekennen die Länder ihre Absicht, die Durchlässigkeit der bestehenden Schulsysteme aktiv zu fördern und die Übergangsquoten von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu erhöhen. Aber diese Absichtserklärungen bleiben ohne Angabe eines Zeitrahmens und ohne genauere Bestimmung der vorgesehenen Maßnahmen diffus und entsprechen in dieser Form sehr unzureichend der großen Bedeutung des Themas.
Der NIP: sachlich, pragmatisch... und verbesserbar
Von zentraler Bedeutung waren bei den Arbeiten am NIP die Vorgaben der Bundesregierung, die die Behandlung von zehn Themenfeldern nach der gleichen internen Gliederung (1. Bestandsaufnahme, 2. Zielbestimmungen, 3. Maßnahmen und Selbstverpflichtungen) vorsahen. Diese Vorgaben haben ein schnelles, konzentriertes und ergebnisorientiertes Arbeiten ermöglicht und waren sachlich angemessen, denn alle vorgesehenen Themenfelder sind ohne Zweifel sehr relevant.
Nichtsdestotrotz hätte eine offene Debatte unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Integrationsgipfels möglicherweise weitere Themen aufgeworfen oder neue Facetten ergeben, z.B. die grundsätzliche Frage nach dem Verständnis von Integration, bzw. der Perspektive, aus der Integration definiert wird.
Ein neues Themenfeld wäre nötig: "Integration bedeutet auch Willkommen-Sein"
Im NIP stehen am Anfang zwei sehr wichtige Kapitel, die beide der Förderung der deutschen Sprache gewidmet sind. Diese Themen-Auswahl und Priorisierung beruht offensichtlich auf der Annahme, dass Integration in erster Linie von der erfolgreichen Anstrengung der Migrantinnen und Migranten abhängt, sich Sprache und Kommunikationsrituale der Mehrheitsgesellschaft anzueignen, und von der Unterstützung, die vor allem staatliche Instanzen dazu leisten können. Das Gelingen der Integration wird demnach auf die Beherrschung der deutschen Sprache reduziert, andere genauso wichtige Faktoren werden ausgeblendet.
Wenn aber die Ausgangsfrage gelautet hätte: „Was muss sich in Gesellschaft und Politik ändern, damit sich alle, Mehrheit und Minderheiten, besser verständigen können?“ wäre man zu einem anderen Verständnis von Integration gekommen. Integration wäre dann eine Frage einer neuen Sprache, die in einer Migrationsgesellschaft alle gemeinsam üben und lernen müssen, um eine gemeinsame, gute Zukunft haben zu können: die Sprache der Akzeptanz und des gegenseitigen Respekts. Der Erfolg oder Misserfolg wäre dann von den Anstrengungen aller abhängig.
Sprache bedeutet in diesem Zusammenhang selbstverständlich weit mehr als die Beherrschung von bestimmten linguistischen Regeln; sie bedeutet vielmehr die Fähigkeit und Bereitschaft in kommunikative Interaktionsprozesse zu treten. Jeder anders Aussehende weiß, dass in gewissen Teilen der ostdeutschen Bundesländer - und nicht nur da - “Deutsch sprechen” oder eine gute Bildung und Ausbildung nicht ausreichen, um sich dort als willkommen und integriert bzw. einfach sicher zu fühlen. Ein fremd klingender Name oder ein ausländisch gefärbter Sprechakzent sind täglich Anlass für Erfahrungen von Nicht-Akzeptanz oder von Diskriminierung z.B. bei der Suche nach Arbeit oder Wohnung. Viele “Ausländerbehörden” und andere öffentliche Stellen signalisieren tagtäglich den sie aufsuchenden MigrantInnen ziemlich ungeschminkt: “Du bist hier nicht willkommen”. Integration ist nämlich nicht nur eine Frage des Angekommen-Seins, sondern genauso eine des Willkommen-Seins. In diesem Sinn wäre der NIP vollständiger mit einem neuen Themenfeld, das in etwa “Integration braucht Akzeptanz” lauten könnte.
... und noch ein weiteres: “Integration braucht starke Eltern in stabilen Familien”
Der NIP legt mit Recht den Fokus auf die Felder Sprache und Bildung, Sozialraum, Kultur und bürgerschaftliches Engagement als wichtige Säulen der Integration. Es stimmt aber genauso, dass weder die Schule noch die Kommune oder das zivilgesellschaftliche Engagement in der Lage sind, integrationsrelevante Auswirkungen struktureller Entwicklungen in der Wirtschafts-, der Sozial- oder der Gesellschaftspolitik in angemessener und ausreichender Form auszugleichen. Beispiel: Lernbedingungen in einer Migrantenfamilie unter den Bedingungen von Harz IV. In der Migrantenfamilie konzentrieren sich in der Tat und wirken sich am nachhaltigsten und am schwerwiegendsten die negativen Effekte der Veränderungen dieser strukturellen Faktoren aus, die für den Zusammenhalt einer Gesellschaft maßgeblich sind. Damit die Migrantenfamilie ihre unentbehrliche Katalysator-Funktion ausüben kann, ohne dabei selber zu Grunde zu gehen, muss sie viel stärker in den Mittelpunkt der integrationspolitischen Aufmerksamkeit gerückt werden. Viele Migrantenfamilien benötigen Maßnahmen, die sie ergänzen und nicht ersetzen, also langfristige Programme, die die erzieherischen Kompetenzen der Eltern auf einer fundierten Grundlage stärken.
Die Arbeit mit den Eltern, die der NIP proklamiert, gewinnt somit eine zentrale Bedeutung und darf auf keinen Fall nur als ein - wenn auch wichtiges - Kapitel der schul- oder bildungspolitischen Maßnahmen betrachtet werden; sie sollte vielmehr in ein breiteres Konzept der Arbeit mit den Familien eingebettet werden. In diesem Sinne spricht vieles dafür, den NIP mit dem Themenfeld “Integration braucht starke Eltern in stabilen Familien” zu ergänzen.
Perspektiven: Evaluierung als gesellschaftlichen Dialog gestalten
Der NIP soll während seiner Implementierung begleitet und evaluiert werden. Die Evaluierung bietet die Chance, den mit der Erarbeitung des Plans begonnenen, offenen, partizipativen und aktivierenden Dialogprozess unter Einbeziehung von Menschen mit Migrationshintergrund und anderen Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft zu erhalten und fortzuführen. Denn dieser Prozess hat bei den Migrannten/innen Vertrauen in den NIP geweckt und die damit verbundenen Intentionen der Politik glaubwürdig gemacht.
Aus diesem Grunde und wegen der Eigenart des Plans sollte der Evaluierungsprozess nicht in einem technokratisch-akademisch abgehobenen Rahmen stattfinden, an dessen Ende wieder nur ein neuer Bericht herauskäme. Vielmehr sollte die Implementierung mit den Methoden der Aktionsforschung kritisch begleitet und unterstützt werden. Dadurch könnten die in den Selbstverpflichtungen erhaltenen guten Praktiken und Ansätze systematisch inventarisiert und weiter entwickelt werden, damit die besten von ihnen als Regelangebote der Integrationspolitik etabliert werden können.
Der Erfolg des Plans wird also in hohem Maß davon abhängen, ob es gelingt, seinen Prozess-Charakter aufrechtzuerhalten und weiter zu führen und die Dynamik der Partizipation und des gesellschaftlichen Dialogs als integrationspolitische Ressource nachhaltig zu nutzen. Dieser Logik folgend sollte der NIP ein Motor für die Weiterentwicklung der Integrationspolitik in Deutschland sein und die Grundlage für den zweiten Nationalen Integrationsplan liefern, denn: Integration ist eine langfristige “Aufgabe von nationaler Bedeutung” und erfordert einen langen Atem.
November 2007
Link Confederación Europea de Asociaciones Espanolas des Padres de Familia
Vicente Riesgo Alonso ist Fachberater des Bundes der Spanischen Elternvereine (Confederación de Asociaciones Españolas des Padres de Familia). Er hat den Verband beim Integrationsgipfel und in der AG “Bildung, Ausbildung und Arbeitsmarkt" vertreten.