von Ayse Özbabacan
Europäische Städte, insbesondere die wirtschaftsstarken Metropolregionen, sind Magneten für Zuwanderer aus aller Welt. Diese Städte verfügen über eine große Erfahrung, wie eine sprachlich, kulturell und religiös zunehmend heterogene Bevölkerung vor Ort erfolgreich integriert werden kann. Insoweit sind gerade auch die Städte die wichtigsten Kompetenzzentren, wenn es darum geht, erfolgreiche Strategien für die Integration und Partizipation von Zuwanderern und ethnischen Minderheiten in die jeweilige Aufnahmegesellschaft zu entwickeln und zu integrieren. Diese Erkenntnis verbindet sich aufs Beste mit der Lissabon-Strategie der EU.
Gleichzeitig sind Städte und Gemeinden aber auch diejenigen, die den Preis für fehlgeschlagene Integrationsprozesse zu zahlen haben - und das, obwohl sie die Zuwanderungsströme nicht selbst regulieren können und in allen Zuwanderungsfragen vom nationalen Recht abhängig sind. Europäische Städte und Gemeinden sind deshalb nachdrücklich an erfolgreichen kommunalen Integrationspraktiken interessiert, wobei die Frage wie die kulturelle Vielfalt in Europa weiterhin gefördert, geschützt und gestärkt werden kann, damit möglichst viele Menschen an ihr teilhaben können im Mittelpunkt der Bestrebungen steht.
Ansätze für eine europäische Integrationspolitik
Die Europäische Kommission hat sich in ihrem Strategiepapier von 2003 für die Notwendigkeit eines EU-weiten Ansatzes für die Integrationspolitik ausgesprochen. Die Mitgliedstaaten werden darin aufgefordert, sich verstärkt um die Integration von Einwanderern zu bemühen, um das friedliche Miteinander in einem durch Globalisierung und Migration bestimmten und von kultureller Vielfalt geprägten Europa zu sichern.
Es wird auch betont, dass Zuwanderung in der EU künftig vermehrt gebraucht wird, um Arbeitsmarktengpässe und Fachkräftemangel zu beheben, da ohne wirksamere politische Maßnahmen die Einwanderer weder ihr Potential voll entfalten noch zur wirtschaftlichen Entwicklung beitragen können. Aufgabe der EU sei es daher nicht nur, besser für die volle Erwerbsbeteiligung der MigrantInnen zu sorgen, sondern auch für deren Einbindung in das kulturelle, soziale und gesellschaftliche Geschehen.
Mit der Ausrufung der Jahre 2007 zum „Europäischen Jahr der Chancengleichheit“ und 2008 zum „Europäischen Jahr des interkulturellen Dialogs“ ist dafür ein wichtiges Zeichen gesetzt worden. Dieser Ansatz über die Bedeutung und Notwendigkeit einer gemeinschaftlichen Integrationspolitik der Europäischen Union schlägt sich in mehreren Rechtsakten, Initiativen und Förderprogrammen nieder (Antidiskriminierungsrichtlinien, Haager Programm, Ratsbeschlüsse, Integrationsagenda, Integrationshandbuch, INTI, EIF, EFF, ESF etc.) und zeigt, dass ein gemeinsames Verständnis von Integration von Drittstaatsangehörigen auf europäischer Ebene erforderlich ist und gemeinsam vorangetrieben werden muss.
Trotz dieser zahlreichen Bemühungen der europäischen Institutionen zu einem Erfahrungs- und Informationsaustausch im Integrationsbereich besitzt die Europäische Union jedoch in der Migrationspolitik – entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip – gegenüber den Nationalstaaten, Ländern und Kommunen nur begrenzte Kompetenzen, die sie erst in den letzten zehn Jahren nach und nach gewonnen hat.
Auch berücksichtigen europäische und nationale Gesetze und Förderprogramme zur Integration von MigrantInnen bisher zu wenig das Erfahrungswissen, das auf kommunaler Ebene vorhanden ist. Ein Problem seitens der Kommunen dabei ist, dass die meisten Städte kein systematisiertes Berichtswesen aufgebaut haben, das den Stand der Integration und die Praxiserfahrungen auf lokaler Ebene hinreichend dokumentiert. Deshalb ist die Entwicklung von standardisierten Monitorings und von Wirkungsanalysen bei durchgeführten Programmen für die Integrationsarbeit in den Städten von hoher Bedeutung.
CLIP – Ein neuer Ansatz
Die Landeshauptstadt Stuttgart, der Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarats und die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen haben daher am 2. Mai 2006 nach einer langjährigen Vorbereitung und dem Kongress „Integration und Partizipation von Migranten in den Städten Europas“ ein europäisches Städtenetzwerk für die kommunale Integrationspolitik von MigrantInnen "Cities for Local Integration Policy of Migrants“ (CLIP, hier zum Informationsblatt als pdf-Datei) ins Leben gerufen, um den gemeinsamen Erfahrungsaustausch über erfolgreiche Integrationsstrategien auf europäischer Ebene voranzubringen.
Arbeitsweise des CLIP-Netzwerks
Das CLIP-Netzwerk besteht derzeit aus etwa 30 Städten aus 18 Ländern. Neben großen und mittleren Städten der EU, die ausgewiesene Erfahrungen in der Integrationspolitik haben, sind ebenso kleinere Städte und Städte mit besonderem Entwicklungsbedarf außerhalb der EU-Grenzen wie etwa die Städte Izmir und Zagreb beteiligt.
Das Netzwerk prüft in Zusammenarbeit mit einem wissenschaftlichen Beirat des Excellenznetzwerkes IMISCOE, wie sich die Strategien und Verfahrensweisen für die Integration von MigrantInnen auf kommunaler Ebene verbessern lassen. Diesem Beirat gehören das Europäische Forum für Migrationsstudien Universität Bamberg (efms), das Centre on Migration Policy in Society der Universität Oxford (COMPAS), das Institut für Migration und Ethnische Studien Universität Amsterdam (IMES), die Österreichische Akademie der Wissenschaften (IRS) und das Zentrum für Ethnische Studien und Migration der Universität Lüttich (CEDEM) an.
Als methodische Grundlage dienen Fallstudien, die in Zusammenarbeit zwischen den Städten und dem wissenschaftlichen Beirat bereitgestellt werden. Die Bearbeitung von Fragebögen und ein anschließender mehrtägiger Vor-Ort-Besuch der WissenschaftlerInnen verstärken die Zusammenarbeit zwischen den Städten und innerhalb der Städte zwischen den verschiedenen Ämtern. Die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen trägt die Kosten für die wissenschaftliche Begleitung des Netzwerks in 2007 und 2008.
Schon früher hat es Untersuchungen zu verschiedenen Teilbereichen der Integrationsarbeit im europäischen Städtevergleich gegeben, die im Rahmen von diversen europäischen Projekten durchgeführt worden sind. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen finden jedoch bisher zu wenig Eingang in die integrationspolitischen Konzepte und die praktische Umsetzung vor Ort, da das Verbindungsglied im Sinne einer systematisch ausgerichteten und langfristig angelegten Vernetzungsstrategie zwischen Wissenschaft, kommunaler Praxis und Politik nicht existierte.
Auch fehlte bislang ein institutionalisierter und somit kontinuierlicher Informationstransfer erfolgreicher Lösungsansätze der Kommunen an die Entscheidungsträger auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene. Die aus der kommunalen Praxis gewonnenen Erfahrungen müssen auch in entsprechende integrationspolitische Konzepte und Handlungsempfehlungen „übersetzt“ werden, damit sie die politischen Entscheidungsträger gezielt erreichen.
Was ist das Neue an diesem europäischen Städtenetzwerk?
Mit der Gründung von CLIP ist ein Netzwerk geschaffen worden, dessen einzigartiger Charakter durch die Zusammenführung zweier Aktivitäten, nämlich Austausch zwischen den öffentlichen Verwaltungen und begleitende politische Aktionsforschung bestimmt wird. So lassen sich die oben beschriebenen Herausforderungen durch Anwendung eines wissenschaftlich fundierten Peer-Review-Verfahrens im neu geschaffenen Netzwerk innovativ meistern. Durch den strukturierten Erfahrungsaustausch soll das Projekt die kommunalen Behörden befähigen, voneinander zu lernen, und eine wirksamere Integrationspolitik für MigrantInnen fördern. Mit ihren innovativen Konzepten für die kommunale Integrationspolitik werden diese Analysen außerdem europaweit einen nützlichen Beitrag zur politischen Debatte leisten.
Ziele des CLIP-Netzwerks
- Sammlung und Analyse innovativer Strategien und erfolgreicher Umsetzungsversuche auf kommunaler Ebene.
- Unterstützung des Erfahrungsaustausches zwischen den Städten und Förderung eines Lernprozesses im Städtenetzwerk (Benchmarking und Peer-Review-Verfahren).
- Bewertung der Funktion von Unternehmen, SozialpartnerInnen, religiösen Vereinigungen, Nichtregierungs- und Freiwilligenorganisationen bei der Unterstützung erfolgreicher Integrationsstrategien auf kommunaler Ebene.
- Objektive Bewertung der derzeitigen Praktiken und Initiativen sowie Erörterung ihrer Übertragbarkeit.
- Information anderer europäischer Städte über erfolgreiche Lösungsansätze und Entwicklung von Leitlinien für erfolgreiche Lösungsansätze, um Städten zu helfen, den Herausforderungen der Integration von Migranten effektiver zu begegnen.
- Unterstützung der Weiterentwicklung einer europäischen Integrationspolitik durch die Kommunikation politisch relevanter Erfahrungen und Ergebnisse an folgende Einrichtungen: Europäische Organisationen von Städten sowie von kommunalen und regionalen Behörden, europäische und nationale Organisationen der Sozialpartner, Europarat und die verschiedenen Einrichtungen der Europäischen Union.
Themen von CLIP
Das Netzwerk arbeitet modular. In jedem Modul wird ein bestimmtes Thema behandelt, das für die Integration von MigrantInnen auf kommunaler Ebene von Bedeutung ist:
- Wohnen und Maßnahmen gegen ethnische und sozialräumliche Segregation (2006/2007)
- Diversitätspolitik (2007/2008)
- Interkultureller und interreligiöser Dialog (2008/2009)
- Förderung des Unternehmertums von MigrantInnen (2009/ 2010)
In den ersten beiden Modulen hat sich CLIP mit Fragen der Segregation und der Wohnbedingungen von MigrantInnen sowie der lokalen Diversitätspolitik gegenüber MigrantInnen beschäftigt. Die Ergebnisse des ersten Moduls, insbesondere nachhaltige Best-Practice-Modelle, liegen bereits vor und werden einer breiteren Fachöffentlichkeit und den politischen Entscheidungsträgern auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene in Form von Berichten und Handlungsempfehlungen zur Verfügung gestellt. Im Sommer 2008 werden auch die Ergebnisse des zweiten Moduls vorliegen.
Anlässlich des Europäischen Jahres des interkulturellen Dialogs 2008 wird derzeit ein Fragebogen von CLIP zum interkulturellen Dialog mit Muslimen1vorbereitet, der im Herbst 2008 von den Mitgliedsstädten bearbeitet werden soll.
Für jedes Modul werden ein vergleichender, auf Fallstudien gestützter Bericht und politische Empfehlungen erarbeitet. Außerdem werden Leitlinien für erfolgreiche Lösungsansätze entworfen. Alle Produkte werden auf der Website der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen verfügbar sein; sie helfen NutzerInnen bei der Suche nach verschiedenen Integrationsmaßnahmen und bei der Bewertung ihrer Ergebnisse.
Organisation und Mitgliedstädte von CLIP
Der Kongress der Gemeinden und Regionen im Europarat (KGRE), die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, die Städte Stuttgart, Wien und Amsterdam bilden die Steuerungsgruppe von CLIP. Der Ausschuss der Regionen, der Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) die Europäische Kommission und weitere europäische Gremien und Städtenetzwerke wie EUROCITIES sind ebenfalls eingebunden und unterstützen das Netzwerk ideell. Die Projektkoordination liegt bei der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen mit Sitz in Dublin und der Landeshauptstadt Stuttgart. Die Stuttgarter Koordination wird von der Robert Bosch Stiftung für zwei Jahre gefördert.
VertreterInnen der Mitgliedstädte sind BürgermeisterInnen sowie auf der Arbeitsebene ihre Beauftragten für Migration und Integration bzw. RessortchefInnen, die schwerpunktmäßig die Zuständigkeit für zugewanderte Personengruppen und/oder ethnische Minderheiten innehaben. Zweimal jährlich finden Arbeitstreffen statt (bisher Stuttgart, Dublin, Brüssel, Budapest, Barcelona, Brüssel und Malmö im Dezember 2008), deren Durchführung von der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen gefördert wird.
Nutzen für die Städte
Die Städte profitieren von den kostenlosen und hochwertigen Fallstudien sowie vom regelmäßigen Austausch mit dem Städte- und Forschungsnetzwerk. Außerdem profitieren sie vom direkten Erfahrungsaustausch in längerfristig organisierten wechselseitigen Lernprozessen. Diese Fallstudien bilden mit dem Peer-Review-Verfahren die Grundlage, auf der sich dann Leitlinien für erfolgreiche Lösungsansätze und Strategien entwickeln lassen.
Mitgliedstädte des CLIP-Netzwerks:
Amsterdam (NL); Arnsberg (DE); Antwerpen (BE); Diputacio de Barcelona (ES); Breda (NL); Brescia (IT); Budapest (HU); Copenhagen (DK); Dublin (IE); Frankfurt (DE); Istanbul (TR); Izmir (TR); Ljubljana (SV); Liège (BE); City of Luxembourg (LU); Matero (ES), Malmö (SE), Prague (CZ); Sefton (UK); Stuttgart (DE); Sundsvall (SE), Tallinn (ET), Terrassa (ES); Torino (IT); Turku (FI), Valencia (ES), Vienna (AT); Wolverhampton (UK) Zagreb (HR).
Diversity als Instrument kommunaler Integrationspolitik
Das Thema „Diversity“ bzw. „Diversity Management“ oder „Politics of Diversity“ ist ein Thema, dass in den letzten zehn Jahren in zunehmendem Maße in der EU aber vor allem in Deutschland diskutiert wird.
Während „Diversity“ bzw. „Diversity Management“ überwiegend mit der Privatwirtschaft und hier insbesondere der Unternehmensphilosophie in Verbindung gebracht werden, hat es sich inzwischen auch auf kommunaler Ebene, in der Verwaltung, im Non-Profit-Bereich und den Nichtregierungsorganisationen etabliert. Hier heißt der Ansatz „interkulturelle Öffnung“ und ist ein wichtiger Bestandteil der Integrationspolitik geworden, die Integration als Standortfaktor begreift.
Damit wird zum einen mehr Bürgernähe und zum anderen eine KundInnenorientierung angestrebt, um den BürgerInnen einen gleichberechtigten und ungehinderten Zugang zu Dienstleistungen zur Verfügung zustellen, die ihren Bedürfnissen und unterschiedlichen Lebenslagen entsprechen.
Diese neue Ausrichtung versucht den Herausforderungen der Globalisierung und dem demographischen Wandel, nämlich dem Rückgang und der Alterung der Bevölkerung bei gleichzeitig steigendem Anteil von EinwohnerInnen mit Zuwanderungshintergrund Rechnung zu tragen, um im Wettbewerb um talentierte „Köpfe“ mithalten zu können, für die ein tolerantes Umfeld2bei der Wohnortsuche oft ein entscheidendes Kriterium ist.
CLIP-Diversity Policy - Kommunale Beschäftigung und kommunale Dienstleistungen
Der Zugang zu Beschäftigung und zu kommunalen Dienstleistungen ist eines der Schlüsselfaktoren im Integrationsprozess. Kommunen sind eine der größten ArbeitgeberInnen und DienstleisterInnen, jedoch wurde ihre Rolle bisher kaum untersucht. Deshalb hat CLIP dieses Thema ausgewählt, um hier einen Vergleich zwischen den Städten und den Austausch von Erfahrungen und „good practice“ Beispielen zu ermöglichen.
25 CLIP-Städte haben im ersten Halbjahr 2007 an der CLIP-Studie zur Diversitätspolitik teilgenommen. Die Studie untersuchte die entscheidenden Dimensionen zur kommunalen Beschäftigungspolitik und kommunalen Dienstleistungen zur Integration von MigrantInnen und Migrationsgruppen. Die Studie konzentriert sich auf eine systematische Analyse der Personalpolitik (Einstellung, Ausbildungs- und Fortbildungsangebote, Beförderung, Arbeitsplatzschutz und Gesundheitsschutz, Mobbing, Belästigung, Maßnahmen gegen Diskriminierung, etc.) und Zugang zu Dienstleistungen (Maßnahmen, mehrsprachige Broschüren, Dolmetscherdienst, Sprachunterricht, etc.).
Schwerpunkt der Studie war es, neben Hintergrundinformationen über die Städte, die Ziele der städtischen Behörden, die Maßnahmen und die Vorgehensweise zur Zielerreichung zu dokumentieren, dazu die Zuständigkeiten in der Kommunalverwaltung für Politikumsetzung und Durchführung von Maßnahmen in diesen Bereichen. Dabei sollten genutzte Verfahren zur Erfolgsmessung und die aktuellen Ergebnisse dargestellt und im Verhältnis zu Ergebnissen auf nationaler Ebene betrachtet werden.
Trotz unterschiedlicher Typologie der Zuwanderung in den jeweiligen Mitgliedstaaten und unterschiedlicher Terminologien zu „Diversität“ und „Vielfalt“ (z.B. interkulturelle Öffnung der Verwaltung, Gleichbehandlung) kommt das Netzwerk zur Annahme, dass es beim Diversity-Ansatz darum geht, die Vielfalt und Verschiedenheit der MigrantInnen als Potenzial und einen Mehrwert für die Stadtentwicklung zu akzeptieren und zu nutzen.
In dem im Herbst 2008 erscheinenden Bericht „Equality and Diversity in Jobs and Services: Policies for Migrants in European Cities“ werden innovative Strategien und deren Umsetzung auf kommunaler Ebene dargestellt, Schlüsselthemen beleuchtet und Empfehlungen für EntscheidungsträgerInnen auf kommunaler Ebene abgegeben. Die Empfehlungen sind als Beitrag zur Entwicklung von Leitlinien gedacht, um Städte dabei zu unterstützen, die Herausforderungen der Integration von MigrantInnen in die örtliche Gemeinschaft wirksamer zu bewältigen.
Best-practice Stadt Stuttgart
Ein herausragendes Beispiel für einen Paradigmenwechsel im Rahmen der CLIP-Diversity-Studie ist die Stadt Stuttgart, die seit 2001 mit der „Interkulturellen Öffnung und Orientierung der Verwaltung“ einen ressourcen-orientierten Ansatz verfolgt.
Die Landeshauptstadt Stuttgart hat mit dem „Stuttgarter Bündnis für Integration“ als eine der ersten deutschen Städte bundesweit ihre Integrationspolitik neu ausgerichtet und ein integrationspolitisches Konzept als Gesamtstrategie für die Verwaltung, Wirtschaft und die Bürgergesellschaft entwickelt, die in der Stadt als Querschnittsaufgabe ämter-und ressortübergreifend verankert und fortlaufend weiterentwickelt werden soll.
Grundgedanke ist, dass Zuwanderung zwar eine Herausforderung aber zugleich eine Chance bedeutet, die Stadt wirtschaftlich, sozial und kulturell zu bereichern: Ziel ist es, allen Stuttgartern und Stuttgarterinnen mit oder ohne Migrationshintergrund im Verbund mit kommunal-staatlichen Institutionen, der freien Träger und der bürgerschaftlich engagierten Vereinen eine gleichberechtigte Teilhabe am öffentlichen Leben zu gewährleisten.
Das Thema Integration wurde zur „Chefsache“ erklärt und hierfür eigens eine Koordinierungsstelle eingerichtet, die bei der obersten Verwaltungsebene, dem Oberbürgermeister angesiedelt ist. Ziel ist, den Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund in der Verwaltung, insbesondere in Ämtern mit direktem Bürgerservice und da auch in verantwortlichen Leitungspositionen zu erhöhen, um die Qualität der Dienstleistungen und somit auch die Integration der Neuzuwanderer zu verbessern und vor allem die Zusammensetzung der Gesellschaft in der Verwaltung widerzuspiegeln.
Die Mitgliedschaft der Stadt Stuttgart im europäischen Städtenetzwerk CLIP ist ein weiterer Ansporn die erfolgreiche Integrationsarbeit konzeptionell, fachlich und auch finanziell und insbesondere im Austausch mit anderen europäischen Städten weiter voranzutreiben und einen Beitrag zur Entwicklung eines gemeinsamen europäischen Integrationsrahmens zu leisten.
Ausblick
Die fortschreitende Internationalisierung und Globalisierung verlangen zunehmend nach Konzepten, mit denen der wachsenden Heterogenität der Gesellschaft auch im Arbeitsleben systematisch Rechnung getragen wird. Auch der öffentliche Dienst muss sich der Realität der gesellschaftlichen Entwicklung stellen und diese künftig positiv gestalten.
Dies bedeutet, dass im Bereich der Personal-und Organisationsentwicklung neue Konzepte entwickelt werden müssen, die die wachsende Heterogenität der Gesellschaft und die dadurch entstehenden Herausforderungen systematisch berücksichtigen und diese dann gezielt nutzen, um zukunftsfähige Antworten geben zu können. Diese Antworten sind zwar nicht eins zu eins übertragbar, können aber für verschiedene Handlungsbereiche und Organisationen individuell angepasst werden. Um die diese zu ermitteln ist es sinnvoll, sich mit bestehenden Konzepten auseinanderzusetzen und sie als Anregung zur Entwicklung einer eigenen Maßnahme zu nutzen. Die Ergebnisse der CLIP Studie sind hier ein bewährtes Instrument, die eigenen Strategien und Maßnahmen zu überprüfen und neu zu bewerten.
Endnoten
1 Siehe hierzu auch das Dossier Muslimische Vielfalt in Deutschland.
2 Siehe hierzu die Buchbesprechung von Andreas Merx „The rise of the creative class“.
Weiterführende Informationen
- europäisches forum für migrationsstudien (ems) (Hrsg.)/ Doris Lüken-Klaßen: Wohnverhältnisse von Migranten in Stuttgart. Kommunale Maßnahmen und Politiken.
(pdf-Datei, 265 KB, 41 Seiten) - Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen: Europäisches Städtenetzwerk für die kommunale Migranten-Integrationspolitik. Informationsblatt. (pdf-Datei, 728 KB, 2 Seiten)
- European Foundation for the Improvement of Living and Working Conditions: European Network of Cities for Local Integration Policies for Migrants. info sheet.
(pdf-Datei, 726 KB, 2 Seiten)
Ayse Özbabacan ist Mitarbeiterin der Stabsstelle für Integrationspolitik der Landeshauptstadt Stadt Stuttgart. Seit Oktober 2006 koordiniert sie das Europäische Städtenetzwerk „Cities for Local Integration Policies for Migrants“ (CLIP) für Stuttgart.