„Ich bin Sängerin, Komponistin, Mutter.“, sagt Sahira, 28. Sie hat schon mit Bushido, einem bekannten Berliner Rapper, zusammengearbeitet, ihr eigenes Label „Imanimusic“ gegründet und ist die wohl bekannteste Berliner „Rapperin mit Kopftuch“. Sie würde allerdings sagen, dass sie eine „Sängerin mit Haartuch“ ist. Denn ihre große Leidenschaft ist das Singen – Rappen ist für sie eine Möglichkeit ihre Wut herauszulassen. „Singen ist einfach befreiend“, sagt die Künstlerin. Und Haartuch findet sie ist ein weniger harter, passenderer Begriff für „dit Tuch in ihrem Haar“ – wie sie es auf ihrem ersten Album „Frei Schnauze!“ im gleichnamigen Song besingt.
Deutschland - Palästina
Ihre Familie ist der Künstlerin wichtig – in allen Lebensbereichen und so auch in der Musik. Ihre Eltern sind aus Palästina, zuhause in Berlin-Wilmersdorf sprach die Mutter mit ihren Kindern nur Arabisch. Sahira ist in Berlin geboren, mit ihrem 7jährigen Sohn Saleem versucht sie auch nur Arabisch zu sprechen. Als Kind war sie zweimal zu Besuch bei Verwandten in Jordanien und Palästina, wo ein großer Teil ihrer Familie wohnt. Sie will gern bald noch einmal nach Palästina fahren. Sie wünscht sich ein Haus in Palästina oder im Libanon zu kaufen, um dort öfter sein zu können. „Ich träume und denke auf Deutsch“, sagt die Sängerin, aber sie sei in beiden Welten zuhause.
Sahiras Mutter hat acht Kinder groß gezogen, ist auch Sängerin und – nach dem Propheten Muhammad – Sahiras größtes Vorbild. „Muhammad versuche ich bis auf den Bart alles nachzumachen“, sagt die Muslimin. Aber Sahiras Mutter ist ihr größtes musikalisches Vorbild. Die Mutter singt klassische arabische Musik. „Ich muss heulen, wenn sie singt“, sagt die Tochter. Aber auch Spiritualität, Familiensinn und Naturverbundenheit der Mutter sind vorbildliche Werte für die Sängerin. Sie verrät, dass es auf dem neuen Album auch einen Song über ihre Mutter geben wird.
Auch ihr zwei Jahre älterer Bruder Shadie, ist für Sahira besonders wichtig. Die Geschwister haben sich zuhause ein Zimmer geteilt. „Er musste mich immer mitnehmen und ich kam mir cool vor – so mit älteren Jungs rumzuhängen.“ Sahira hat immer gern gesungen und Shadie hat es ab und zu aufgenommen. Dann hat er diese Tapes – ohne es Sahira zu erzählen – in der Schule und bei Freunden verteilt. So sprachen sie immer mehr Leute darauf an, wie gut sie die Musik fänden.
Die Kopftuchfrage
Die Sängerin hat langsam genug davon, von Journalisten immer nach dem Tuch auf ihrem Kopf gefragt zu werden. Sie möchte das Tuch nicht einsetzen um für die Presse interessant zu sein. Sie trägt es, weil es für sie die „letzte Konsequenz des Lebensweges ist, den man eingeschlagen hat.“ Sie hält es für schwierig, anderen Menschen ihren Glauben zu erklären. Wenn man verliebt ist, ließe sich das auch schlecht an der Haarfarbe des Partners festmachen. „So ist es auch mit dem Glauben – das muss man fühlen.“ Als die Interviewanfragen begonnen, fand Sahira jedes Interview cool. Mittlerweile sieht sie genauer hin. Ein CNN-Interview zum Thema Pilgerfahrt hat sie sogar abgebrochen. Der Journalist hat sie um „Vorher-Nachher-Fotos“ gebeten – ohne Kopftuch und mit Kopftuch. Wenn der Journalist sich so wenig mit ihrem Glauben auskenne, werde sie dazu in Zukunft lieber nichts mehr sagen. Denn ihre Entscheidung ein Kopftuch zu tragen, möchte sie nicht wie Fotos einer Image-Beratung in einer Frauenzeitschrift in den Medien präsentieren.
Zweites Album
Jetzt ist ein zweites Album in Vorbereitung, das voraussichtlich und „insha´allah“ („So Gott will“) Ende des Jahres fertig wird. „Frei Schnauze!“ ist ihr Streetalbum, das sie ganz allein gemacht hat. Das nächste Album wird professioneller. Sie arbeitet mit zwei Jungs zusammen, Micha und Markus, die sie über ihren jüngeren Bruder Bilal kennen gelernt hat. Auf dem neuen Album werden im Gegensatz zum ersten Album weniger Kraftausdrücke zu finden sein, dafür mehr Gesang als Rap. Sie sei weniger wütend, sagt Sahira. Und sie habe eine Verantwortung – gegenüber ihrer Religion und gegenüber ihrem Sohn Saleem. -
Die Autorin
Iris Exo, geboren 1982 in Düsseldorf, studiert in Berlin Islamwissenschaft, Publizistik und Politikwissenschaft. Sie hat Praktika bei dpa, Westdeutscher Zeitung und Handelsblatt, sowie bei „Ärzte ohne Grenzen“ und „Reporter ohne Grenzen“ absolviert.
Songtexte
Dit Tuch mit Aisha
Ick versteh´nicht, warum die dit bloß mag, dit Tuch in ihrem Haar?! |
Frei Schnauze!
Ich bin Frei-Schnauze! Gute Ausbildung? – Ja, ich kann deutsch. Nur was nützt das, rap ich hier unter Euch? – Denkt ihr echt, man – ich bin nur deutsch? – Lach´, kicher, leb´nur für heut? Nix witzig! – Hab´ zu viel gesehen. Wunden kitzeln. Narben bleiben bestehen. – „Ich lach mich tot!“ Deine Philosophie?! – „Schlachmichtot!“ Djihad-An-Nafs(=Glaubenskampf um Inneren Schweinehund zu bekämpfen), was ich will u bass(= und Schluss) was ich lebe. Nicht mehr „dies das“ hier und da chillen, wie auf Trebe. Nicht morgens um halb zehn in Heuchelland zugedröhnt sein, weil man hier solche Freunde hat.. Für´n Arsch Dir zu erklären, was ich fühle – unter meinem Tuch, ohne das ich wirklich fiere. – Was, ich höre, dass ich störe?! Mal wieder nicht zum Inventar gehöre?! Ich schwöre man, Du hast nur Angst vor ´nem Blutbad. Weißt zu gut was geht und was nur knapp. Hut a(=ja), aber nicht Tuch ab! |
Quelle: http://imanimusic.de/flash.htm
Die Berliner Rapperin Sahira.