Lee Mun-sam im Zeitzeugengespräch mit You Jae Lee
Ich heiße Lee Mun-sam und wurde am 26. Januar 1942 geboren. Ich stamme aus Muan in der Provinz Chŏlla-Süd und bin in Mokpo zur Mittelschule gegangen. In Kwangju habe ich die Oberschule dann abgeschlossen. Dort bin ich auch zum Militär eingezogen worden und habe drei Jahre lang meinen Dienst abgeleistet. Danach habe ich ein Jahr gearbeitet, bis ich schließlich nach Deutschland kam. Für Leute wie mich, die kein gutes Leben hatten, weil sie arm waren, war Deutschland damals ein beneidenswertes Land. Bei der Möglichkeit nach Deutschland zu gehen ... da entbrannte wohl auf einmal der Kampfgeist. Mit der Entschlossenheit, die Armut von jetzt an loszuwerden, wollte ich unbedingt nach Deutschland gehen.
Ich glaube, es war der 23. November 1965, als ich ins Flugzeug stieg. Ich gehörte zu der sogenannten sechsten Gruppe Bergarbeiter der ersten Periode. Eines Tages las ich einen Zeitungsartikel über nach Deutschland entsandte Bergarbeiter. Es gab damals keine andere Möglichkeit ins Ausland zu gehen, und was Deutschland betrifft, es war zwar nur eine Arbeit als Bergarbeiter, aber ich wollte die Gelegenheit nutzen, in dieses fortschrittliche Land zu gehen und meine Jugend dafür einsetzen. Mit dieser Hoffnung bin ich damals gekommen.
Als ich damals kam, waren wir zusammen 137 Menschen, alles Kameraden, die mit mir in einem Flugzeug saßen. Wir wurden vier Bergwerken zugeteilt: Einige wurden in ein Bergwerk in Castrop-Rauxel geschickt, einige nach Bonn und einige nach Aachen. Ich wurde damals nach Castrop-Rauxel geschickt in ein Bergwerk namens Victor-Ickern. Damals haben wir alle einen Monat lang über Tage Sprachunterricht und eine Sicherheitsunterweisung bekommen. Im Bergwerk gab es eine Abteilung für Bergwerksmaschinen. Dort arbeiteten Schlosser und Elektriker und so. Es gab auch Leute, die im Stollen an vorderster Front arbeiteten. Die Leute, die im Stollen arbeiteten, bekamen viel Geld, aber es war auch am anstrengendsten. Ich bin als Schlosser in die Maschinen-Abteilung geschickt worden. Dafür hatte ich mich auch beworben. Damals konnten die Leute einen Wunsch äußern und wenn sie fanden, dass es zu ihren Fähigkeiten passte, konnten sie sich auch dafür entscheiden, im Stollen eingeteilt zu werden. Es gab auch Leute, die in die Maschinen- oder die Elektronik-Abteilung gingen. Von Zeit zu Zeit wurde man hier und da eingeteilt. Wie im Militär wurden wir eingeteilt, so wurden wir behandelt.
Am Anfang haben wir etwa 22 Mark am Tag bekommen. 22 Mark. Für koreanische Verhältnisse war das damals trotzdem ungeheuer viel Geld. In unserem Land - mit wem kann ich das vergleichen? Der Verdienst von einem, der von sich behauptete viel Geld zu haben, wäre immer noch geringer gewesen als die 22 Mark Lohn der Bergarbeiter. Einmal habe ich bis zu 16 Stunden mehr gearbeitet. Alle Maschinen, alle Förderbänder, alles musste immer laufen, damit die Leute die Steinkohle im Stollen abtragen und herausbefördern konnten. Wenn irgendein Schaden auftrat, dann konnte im Stollen nicht weitergearbeitet werden. Daher musste, wenn es einen Schaden gab, jemand aus der Maschinenabteilung hingehen und das – selbst abends noch – reparieren. Das waren dann sozusagen Überstunden im Stollen des Bergwerks. Ab zwei Überstunden galt der höhere Stundenlohn. Ich bin also morgens um sechs Uhr zur Arbeit gegangen – das ist die Morgenschicht, die endet eigentlich um zwei Uhr mittags – aber ich bin erst am Morgen darauf rausgekommen. Das war nicht so, weil ich ein Techniker war, die Deutschen waren die Techniker. Ich musste ihnen Werkzeuge reichen, wenn sie es mir sagten. Wenn sie sagten, ich solle Sachen tragen, dann trug ich Sachen. Ich war das Personal, das jedem aushelfen musste, so eine Arbeit ist das gewesen. Ich habe das gemacht und als ich am nächsten Tag aus diesem Zustand, in dem es kein Wasser, kein Brot, in dem es gar nichts gab, herauskam, habe ich nachgerechnet, wie viel Geld ich verdient hatte. „Hey, ich habe schon die Hälfte eines koreanischen Reissacks [~80kg] verdient.“ In Korea war das unglaublich viel. „Mit diesem Geld wird meine Familie diesmal ausgiebig Reis essen können.“ Wie soll ich sagen, ein sehr befriedigendes Gefühl.
Zu der Zeit habe ich mir mit meinen Freunden die Überweisungsgebühr von 1,50 Mark oder 2 Mark geteilt. Wir haben damals zweimal im Monat Lohn bekommen. Am 15. Tag und nochmals 15 Tage darauf. Für die 200 Mark, die ich am 15. bekam, waren mir 2 Mark Überweisungsgebühr zu schade. Also habe ich zu einem Freund aus meinem Zimmer gesagt: „Diesmal gibst du mir deine 200 Mark“. Ob ich nun 400 Mark überwies oder 200 Mark, die Überweisungsgebühr war gleich. Beim nächsten Mal gab ich ihm mein Geld. Damals gab es dort kein Telefon, also musste man Briefe schreiben. Die Briefe. Jetzt kommen sie mir wie die Briefe aus dem Gefängnis vor, denn das Briefpapier war fast durchsichtig, so dass man den Inhalt lesen konnte. Auf dieses auf eine Seite beschränkte Papier habe ich in winziger Schrift so viel geschrieben wie möglich. Die Briefe, die ich dann erhielt, waren aber großartig. „Diesmal gab es an der Ahnengedenkfeier auch weißen Reis für die Ahnen und dein Neffe geht nun zur Schule und die Schulgebühren für die Mittelschule haben wir von dem Geld bezahlt, das du geschickt hast.“ Das war so erfrischend und so ein tolles Gefühl.
Als ich nach Deutschland kam, war ich 23, aber es gab auch Leute die älter, bis zu 30 Jahre alt waren. Eine koreanische Bestimmung wie Mindestalter der Auswanderungswilligen hatte es nicht gegeben. Es reichte, wenn man beim Militär gewesen war.
„Wir konnten ja eigentlich nur Reis essen“ - „Weißkohl tut’s auch“
Nachdem wir angekommen waren, lebten wir alle im Wohnheim. Alle Koreaner wohnten verstreut, aber das Bergwerkwohnheim, in dem ich wohnte, war damals wahrscheinlich das Beste. Es gab Einzel- und Doppelzimmer. Aber fast alle waren Einzelzimmer. Auch wenn die Einzelzimmer komfortabel waren, hatten wir Schwierigkeiten mit dem deutschen Essen im Wohnheim. Wir waren frisch angekommen und schon um sechs Uhr morgens mussten wir zur Arbeit ins Bergwerk gehen und unsere Arbeitskleidung anziehen. Das deutsche Essen konnten wir überhaupt nicht essen. Wann hatten wir schon einmal Milch getrunken? Aber die Deutschen kannten uns nicht und gaben uns Milch. Es waren damals nicht wenige, die Durchfall bekamen, weil sie Milch getrunken hatten. Wir konnten ja eigentlich nur Reis essen.
Wir haben also Reis gekocht und gegessen. Diejenigen, die schon länger da waren, wollten länger schlafen, von denen ist keiner vor drei Uhr aufgestanden. Sie sind um fünf Uhr aufgestanden und haben in der Pfanne Eier und Würstchen gebraten, Kaffee getrunken und Brot gegessen, und dann sind sie zum Bergwerk gerannt. Aber wir haben sechs Monate gebraucht, um so zu werden. Um Kraft zu tanken, mussten wir einfach Sojabohnensuppe frühstücken. Ja, es gab sogar welche, die Honig aufs Brot strichen und welche, die Honig und Zucker aufs Brot taten. So etwas konnte doch überhaupt nicht schmecken. Wir hatten nie für die US-Militär-Basis gearbeitet, wann hatten wir also schon einmal Brot gegessen? Der Reis, den wir gewöhnlich essen, war in Deutschland sehr selten. Die Deutschen essen den nicht klebenden Reis. Aber der war noch teurer. Der Reis, den wir mochten, war zwar billig, aber den gab es kaum. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, war dieser Reis ein alter Reis, so ein minderwertiger Reis. Von Kohl hätte ich nicht einmal zu träumen gewagt. Ich wollte so gerne Kohl essen, dass der Kohl im Traum erschien. Jemand hat Kohl aus Korea angefordert. In einem Brief von seiner Frau konnte man lesen, dass sie ihn abgeschickt hatte. Er solle warten, bis das Paket ankäme. Das hat sie geschrieben. Ich habe, weil das Briefpapier damals so dünn war, ungefähr die Hälfte mitbekommen. Dann habe ich auf das Paket gewartet, mehr als er selbst, um, wenn die Post ankommt, von ihm etwas abzubekommen. Solche Episoden gab es. Jedenfalls erschien der Kohl so märchenhaft wie im Traum. Inzwischen denke ich: Weißkohl tut’s auch. Weißkohl konnten wir leicht bekommen. Damals haben wir uns damit getröstet, das war das Beste, was man bekommen konnte.
„Weil wir Ausländer im Bergwerk waren, gab es auch Diskriminierung. Wie hätte es auch anders sein können?“
Als ich im Bergwerk arbeitete, gab man uns zum ersten Mal Urlaub und einen Bonus. Der Bonus war nicht viel, aber machte schon Freude. Aber es gab noch Urlaub dazu. 14 Tage Urlaub im Jahr. Aber wo hätte ich in meinem Urlaub denn hingehen sollen? Und wenn wir Urlaub nahmen, dann rechneten wir. Wenn man einen Tag Urlaub nahm, wie viel Geld gab man dann aus? Die Leute dachten, das wäre Geldverschwendung. Deshalb bat ich, dass man mir auch während des Urlaubs Arbeit gab. Ich brauchte Geld. Ich musste Geld in mein Land schicken. Also gab man uns Arbeit. Wir waren sehr dankbar. Denn, da wir nicht verreisten, verschwendeten wir kein Geld, wir sparten Geld. Und da wir während des Urlaubs arbeiten durften, verdienten wir sogar zusätzlich Geld. Wie schön das war! Das war sowohl bei den Krankenschwestern als auch bei den Bergarbeitern so.
Weil wir Ausländer im Bergwerk waren, gab es auch Diskriminierung. Wie hätte es auch anders sein können? Weil wir die Sprache nicht konnten, wurden wir natürlich anders behandelt. Wenn dort Leute gelacht haben und mich angesehen haben, wusste ich nicht, ob sie sich über mich lustig gemacht oder sich einfach untereinander unterhalten hatten. Da ich sie nicht verstand, kam es mir so vor, als ob sie sich immer über mich lustig machten. Und diese Leute konnten sich unter Tage nicht so leise unterhalten. Weil die Maschinen so laut waren, musste man sich schreiend verständigen. Wenn man bei einer dringenden Situation langsam sagte „Hey, Kim, aus dem Weg!“, dann konnte in der Zeit jemand erschlagen werden. Etwas konnte immer herunterfallen, auch Steinkohle und Steine stürzten herab. Das klang dann wie an vorderster Front im Krieg, laut und knapp. Weil ich die Sprache nicht gut verstand, haben die Deutschen dort wohl gesagt, ich sei dumm – ohne zu zögern. Von den Bergarbeitern hat niemand gefragt: „Hey, warum verstehst du unsere Sprache nicht?“ Solche Fragen oder Gespräche hat es nicht gegeben. Warum taten die Deutschen das? Die konnten nicht unterscheiden, wer schon ein oder zwei Jahre hier war und wer erst vorgestern gekommen ist. Wenn die anderen sie einigermaßen verstanden, aber ich nicht, dann war ich für sie einfach dumm. „Du musst nach Korea zurück. Jetzt gleich.“ Das betrübte mich sehr. Weil ich niedergeschlagen war, konnte ich abends nicht gut schlafen. Das Kopfkissen war nass, so viele Tränen habe ich geweint, so traurig war ich. Ich war schon traurig genug, dass ich nicht so gut Deutsch verstand, aber dann sagt dieser Kerl noch, dass ich dumm sei und nach Korea zurückgehen sollte. Ehrlich, diese Momente waren voller Traurigkeit und Einsamkeit und Leiden.
Einer, der vor uns gekommen war, hatte mir gesagt: „Wenn du in Deutschland leben willst, dann musst du Deutsch lernen. Versuche auch immer, wenn du unterwegs bist, mindestens ein Wort auswendig zu lernen“. Nur Vokabeln einprägen, Grammatik braucht man nicht, nur Vokabeln, hat er gesagt. Er gab mir den Tipp, in eine Fahrschule zu gehen. Also bin ich dorthin gegangen. Aber ich habe nicht ein Wort verstanden. „Rechts“, „links“, „vor“, was das für Wörter waren. Auch als ich nach Hause kam und nachgeschaut habe, verstand ich ihre Bedeutung nicht. Trotzdem bin ich immer hingegangen und habe dort gesessen – wie ein Blinder, der herumtappt. Aber nach einiger Zeit müssen einige Wörter durch mein Ohr gedrungen sein. So gehörte ich dank der freiwilligen Sitzungen in der Fahrschule unter uns zu denen, die besser Deutsch konnten.
In den 1970er Jahren kamen weitere Gruppen. Unser Heimleiter rief mich eines Tages zu sich und sagte: „Ich habe auf dich gewartet, komm mit.“ Er sagte dann: „Es kommen Bergarbeiter aus Korea. Kannst du als Dolmetscher arbeiten?“. „Ich kann kein Dolmetscher werden“, habe ich gesagt, aber ich musste es trotzdem machen. Ich brachte Patienten zum Arzt und sagte dieser hat Bauchschmerzen, dieser hat Kopfschmerzen. Wenn ich nur solche Sachen übersetzen musste, ging es. Aber das konnten sie auch ohne mich sagen. Wenn ich Medikamente und Krankenscheine vermittelte, fanden sie mich gut. Aber wenn sie zum Beispiel keine Krankschreibung erhielten, war ich es, der plötzlich schlecht war.
Das Gehalt, das wir als Dolmetscher bekamen, war weniger als das der Arbeiter, die unter Tage im Stollen arbeiteten. Natürlich müssen die Leute, die im Stollen arbeiten, mehr bekommen. Ich habe ja gesagt, dass Deutschland so ist. Die Techniker müssen viel verdienen.
„Die meisten Deutschen sind nett. Deshalb bereue ich mein Leben in Deutschland nicht. Ich bin in ein gutes Land gekommen und führe ein gutes Leben “
Es gab Kollegen, die nach drei Jahren Ablauf des Vertrages nach Korea zurückgegangen sind. Ich habe nicht daran gedacht zurückzugehen. Ich musste ein bisschen mehr, noch ein bisschen mehr und immer noch ein bisschen mehr verdienen. Wenn ich damals gegangen wäre, hätte ich 7.000 Mark gehabt, die ich während den drei Jahren in Deutschland erspart hatte. „Mit 7.000 Mark kann ich nach Korea gehen und heiraten“, das ist, was wir jungen Männer gesagt haben. Aber wenn man der Frau ein Brautgeschenk und noch anderes geben wollte, dann hatte man selbst nichts mehr. „Also, ich muss doch wenigstens ein Taxi besitzen, damit ich mein Essen verdienen und leben kann. Ich muss wohl noch ein bisschen länger bleiben.“
Wir Bergarbeiter haben Montag bis Freitag gearbeitet, Samstag und Sonntag haben wir uns ausgeruht. Immer. Außer wenn wir den Auftrag erhielten auch am Wochenende zu arbeiten. Ansonsten hatten wir normalerweise samstags und sonntags frei. Aber die Krankenschwestern haben auch samstags und sonntags gearbeitet. Sie hatten nur jedes zweite Wochenende frei. Daher war es hauptsächlich so, dass die Männer ins Schwesternwohnheim gingen. Denn für die Frauen war es ja sehr schwierig rauszukommen, nicht wahr? Es gab viele Ausreden, um ins Schwesternwohnheim zu gehen. Vielleicht kam man aus derselben Heimatregion oder so. Auf diese Weise kamen Verbindungen zustande, und immer mehr sind dorthin gegangen. Meine Frau ist 1969 nach Deutschland gekommen. Sie hatte in Chŏnju die Schule für Krankenschwestern besucht und meine Heimat ist ja auch in derselben Provinz. Sie wohnte in Witten, das ist gleich neben Bochum, das gehörte zu meiner nächtlichen Runde. Ich habe das ganz natürlich gemacht und mein Beruf kam dabei gut an. Ich war nach wenigen Dates erfolgreich. Erfolg.
1977/78 habe ich dann das Bergwerk verlassen und bin nach Bonn umgezogen, wo die koreanische Botschaft war. In der Botschaft habe ich auch nicht viel mehr verdient. Verglichen mit dem Bergwerk war es sogar eher weniger. Dort habe ich fünf oder sechs Jahre lang gearbeitet. Während meiner Zeit in der Botschaft war ich für die Betreuung der Angestellten der Botschaft zuständig, von dem Zeitpunkt der Ankunft bis sie gingen. Es kamen immer wieder neue Leute, für die ich alle Besorgungen machen musste, angefangen von Kindergarten- und Schulanmeldungen für die Kinder, Autokauf und -anmeldung, bis hin zum Umzugsgepäck, sogar bei Schnee und Schneetreiben. Die Botschaftsangestellten mussten am Schalter arbeiten und konnten nicht weg. Die Botschaft konnte die Beamten auch nicht ausreichend entlohnen.
Deshalb habe ich bei der Botschaft aufgehört und mir überlegt, ein Reisebüro aufzumachen. Anfangs habe ich 200 Mark im Monat verdient. Ich habe bei der Botschaft ja nie so etwas gemacht. Es wurde immer schlechter. Also habe ich mir gedacht: „Nein, ich arbeite im Reisebüro und kann davon trotzdem nicht leben“. Ich musste also etwas unternehmen. Dann kam ich auf die koreanischen Auslandsstudierenden. Die Leute, die im Ausland ihr Studium beendet hatten, mussten doch Bücher, Kleidung und Pakete nach Korea schicken. Wie wäre es, wenn man ihre Sachen gesammelt schicken würde? Also habe ich das einmal gemacht. So habe ich durch diesen Umzugsservice das Reisebüro etablieren können.
Wenn ich auf mein Leben in Deutschland zurückblicke, denke ich persönlich so: Wenn ich in Korea geblieben wäre, hätte ich Möglichkeiten gehabt. Und es kann sein, dass ich finanziell gut ausgekommen wäre. Aber wenn ich an meine Freunde denke, die in Korea geblieben sind, gibt es solche, denen es wirtschaftlich gut erging und viele, die schon im Himmel sind. Ich hätte einer von ihnen sein können, die schon im Himmel sind. Wenn ich so denke, komme ich zu dem Schluss, Deutschland ist schon der Ort, an dem Menschen normal leben. In Korea ist das Leben erdrückend, und man lebt hektisch und ohne Ruhe. Das ist doch so. Deshalb ist es hier gut, das ist, was ich denke. Und die Leute hier sind gut. Nett, im Allgemeinen nett. Die meisten Deutschen sind nett.
Deshalb bereue ich mein Leben in Deutschland nicht. Ich bin in ein gutes Land gekommen und führe ein gutes Leben.
Übersetzt aus dem Koreanischen von You Jae Lee und Janna Wörner.
Lee Mun-sam kam 1965 als Bergmann nach Deutschland. Er arbeitete einige Jahre als Dolmetscher in der Zeche, wechselte dann zur koreanischen Botschaft in Bonn und gründete später ein Reisebüro.