Ausländische Studierende im deutschen Hochschul-Dschungel

von Peixin Xian und Haizhou Yi


Deutschland ist als Studienland auf der ganzen Welt beliebt. Jährlich kommt eine große Zahl von ausländischen Studierenden nach Deutschland. Die meisten von ihnen sind sowohl zu Beginn als auch während ihres Studiums in Deutschland mit verschiedenen unbekannten Situationen und Schwierigkeiten konfrontiert. Geringe Sprachkompetenz und unzureichendes Kontextwissen vor dem Hintergrund eigener Erfahrungen und Prägungen führen oft zu misslungener Kommunikation in der fremden Umgebung.

Es treten Verständnisprobleme, Negativzuschreibungen, Störungen der Gesprächsatmosphäre, Verunsicherungen bis hin zu Selbstzweifeln auf. Mit diesen Barrieren ist es besonders schwierig für ausländische Studierende, das gewünschte Leistungsniveau und damit Erfolg im Studium zu erlangen. Manche fühlen sich sogar isoliert und frustriert. Das ist sowohl ihrer Motivation, als auch ihrer Integration in Studienabläufe und allgemein ihrem Studienerfolg an der deutschen Universität abträglich. Nicht zuletzt werden davon auch in vielen Punkten Kostenaspekte des Studiums berührt.

Trotzdem können viele Studierende mit Hilfe des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) oder des Studierendenverbands oder durch ihre eigene soziale Arbeit ihr Studium und Leben erleichtern. Woran liegt das? Nur wenn die Ursachen für misslungene oder erfolgreiche Kommunikation sichtbar werden, können effiziente Maßnahmen zu Erhöhung des Kommunikationsniveaus getroffen werden. Es ist daher notwendig, die Wahrnehmungsmuster der ausländischen Studierenden genau zu erforschen. Manchmal stellen deutsche KommilitonInnen die Frage: Was denken Sie denn? Die folgenden Beispiele und Fälle sind nicht unbedingt unsere eigenen Erfahrungen, nicht unbedingt Erfahrungen aus der Beratungsstunde, und auch nicht unbedingt die Erfahrungen der Studierenden an unserer Universität. Die Zitate stammen aus unterschiedlichen Universitäten in ganz Deutschland. Im Folgenden werden wir Ihnen aus der Sicht der ausländischen Studierenden berichten und hoffen, dass wir Ihnen neue Erkenntnisse nahe bringen können.

Kommunikationsschwierigkeiten ausländischer Studierender

Die Kommunikation zwischen Angehörigen derselben Kultur wird dadurch erleichtert, dass sie über einen ähnlichen kulturellen Erfahrungshintergrund und eine gemeinsame kulturelle Prägung verfügen. Sie stellen für Begriffe ähnliche Gedankenverbindungen her und können sich somit in der Regel leicht verstehen. Auch die Handlungsmuster sind zumindest ähnlich. Das ist für die Kommunikation sehr wichtig.

Kulturelle Unterschiede können die Kommunikation stören oder erschweren, da die KommunikatorInnen über verschiedene Erfahrungshintergründe und stark differente Bezugs- und Wertesysteme verfügen. Daraus ergeben sich unterschiedliche Assoziationen oder Zuordnungen zu einem Begriff oder einer Situation, so dass ein und dasselbe Phänomen von Angehörigen verschiedener Kulturen völlig anders interpretiert werden kann. So klingen die Erfahrungen zweier Studierender mit nicht-westlichem Hintergrund:

StudentIn A:

Ich bin eine Chinesin und würde sagen, dass Studierende aus Asien, Afrika und anderen nicht-westlichen Ländern, besonders aus Entwicklungsländern, noch größere Probleme mit der Integration in den deutschen Hochschulen haben. Erstens haben sie eine ganz andere Kultur und Lebenswelt erfahren, bevor sie nach Deutschland gekommen sind; zweitens ist ihre Muttersprache ganz anders als Deutsch; drittens haben deutsche Studierende wenig Kenntnisse über diese Herkunftsländer, im Vergleich zu ihren Kenntnissen über andere europäische Länder oder westliche Länder. Starkes Fremdheitsgefühl führt auch zu Kommunikationshindernissen.

StudentIn B:

Als ich noch zur Schule ging, wurde mein Interesse an der deutschen Sprache und deutschen Kultur geweckt, deswegen habe ich viele Jahre lang Deutschkurse besucht. Ich schaute gern deutsche Filme, las deutsche Romane, hörte deutsche Musik und suchte deutsche Nachrichten im Internet. Meine Zuneigung zur deutschen Kultur war größer als zu meiner eigenen Kultur. Nach Deutschland zu kommen, war für mich die Verwirklichung von meinem schönsten Traum. Komisch ist, dass dieses Gefühl der Verbundenheit nach einiger Zeit verschwand. Ich kann mich nicht mehr mit der deutschen Kultur identifizieren, weil ich jetzt ein ‚Ausländer’ bin. Zugehörigkeitsgefühl habe ich nicht in meinem Studium gefunden. Stattdessen entwickelte ich in Deutschland großes Interesse für meine eigene Kultur, die ich früher nicht mochte.

Obwohl zwischen den InteraktionspartnerInnen aus zwei Kulturen Unterschiede bestehen, ist es möglich, dass sie in Deutschland erfolgreich miteinander kommunizieren. Integration und interkulturelle Kommunikation gelingt, wenn man Empathiefähigkeit besitzt und den Standpunkt ändern kann. Diese Fähigkeiten müssen erlernt und verstärkt werden. Der Austausch der Standpunkte ist dabei von entscheidender Wichtigkeit.

Von zentraler Bedeutung sind außerdem gegenseitiger Respekt und Toleranz, Einfühlungsvermögen, das gemeinsame Interesse sowie eine flexible Interaktion. So kann man trotz geringer kultureller Kenntnisse mit fremden PartnerInnen aus fremden Kulturkreisen erfolgreich interagieren und gemeinsame Interessen ausfindig machen. Wenn man den Standpunkt des Gegenübers einnehmen kann, sieht man aus seiner Perspektive. Damit wird das Interesse der Gegenseite beachtet und respektiert. Aber wenn das nicht der Fall ist, wird es für ausländische Studierende besonders problematisch, wie die Erfahrungen von  StudentIn C zeigen:

StudentIn C:

Ich studiere Naturwissenschaft. Ich habe zwar Deutschkurse besucht und die Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang bestanden, aber mein sprachliches Niveau ist im Vergleich zu deutschen Studierenden noch sehr gering. Als ein über 20 Jahre alter Erwachsener entwickelt sich meine sprachliche Fertigkeit sehr langsam. Deswegen kann ich meine Meinung und meine Gefühle nicht so präzise ausdrücken. Infolge der sprachlichen Schwierigkeiten kommt es zu Kommunikationsproblemen, denn andere Studierende sind beschäftigt und haben keine Zeit, langsamer mit mir zu reden. In der Diskussion fühle ich mich unter großen Druck gesetzt und wage nicht viel zu sagen, denn ich befürchte, dass die anderen keine Geduld mit mir haben werden. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich von meinen Kommilitonen und Lehrern als ‚dumm’ betrachtet werde, weil ich nicht zeigen kann, was ich beherrsche. Ein Teufelkreis: Ich verliere allmählich Selbstvertrauen und scheue menschlichen Kontakt. Dadurch bin ich immer schweigend, verschlossen und depressiv. Mein Deutsch wird immer schlechter. Wenn ich Probleme im Studium habe, frage ich nicht gern, sondern versuche selbst Dinge zu erledigen, z. B. durch Bücher lesen, durch Internet recherchieren. Daher ist die Effizienz meines Studiums gering.

Motivation und Rücksichtnahme

Die Hochschule ist der Ort in Deutschland, an dem die ausländischen Studierenden ihre meiste Zeit verbringen. Der Studienerfolg ist das wichtigste Ziel ihres Aufenthalts in Deutschland. Daher spielt das Uni-Leben für die Integration der ausländischen Studierenden eine unvergleichbar wichtige Rolle. Darauf übt das Verhalten von Lehrenden und Mitstudierenden großen Einfluss aus. Sehr viele HochschuldozenInnten und Studierende können kulturelle Unterschiede und sprachliche Mängel der ausländischen Studierenden wahrnehmen. Sie sollten zudem die Interessen von ausländischen Studierenden berücksichtigen. Das ist nämlich eine sehr wichtige Voraussetzung, damit die ausländischen Studierenden mit ihrem Studium zurecht kommen: In Lernverfahren brauchen ausländische Studierende mehr Hilfe, z. B. ist vollständiges Kursmaterial zum Nachlesen für sie von großer Bedeutung. Ein/e hilfsbereite/r LehrerIn ist eine entscheidende Motivation für ausländische Studierende.

In meinem ehemaligen Studienfach „Deutsch als Fremdsprache“ machen die ausländischen Studierenden den größten Teil aus. Die Lehrenden und Studierenden versuchen bewusst, die ausländischen Studierenden zu berücksichtigen. So formuliert ein/e Studierende/r D:

StudentIn D:

Ich bin glücklich, weil ich eine sehr gute Lehrerin habe. Sie versteht meine Schwierigkeiten und fragt mich oft nach dem Kurs, ob ich alles verstanden habe. Ich werde ermuntert Fragen zu stellen und in ihrem Seminar mitzudiskutieren. In ihrem Seminar kann ich effizient lernen, mich gut konzentrieren und Selbstvertrauen entwickeln. Sie motiviert mich und ich arbeite noch fleißiger. Meine Leistungen sind gut und ich erfahre Selbsterfüllung, weil ich wirklich aktiv lernen kann.

Aber manche Studierenden sind nicht so glücklich. Manche Lehrende behandeln die ausländischen Studierenden genauso wie deutsche Studierende. Da wird keine Rücksicht auf besondere Bedürfnisse genommen, was große Probleme schafft.

StudentIn E:

Ich besuche einen Kurs. Weil über hundert Studierende drängend in dem großen Veranstaltungsraum sitzen, ist es laut, und die Schrift an der Tafel ist schwer zu erkennen, wenn man etwas weiter weg von der Tafel sitzt. In dieser Situation muss man alle wichtigen Punkte, über die der Lehrer spricht, mitschreiben, weil es kein Skript gibt. Nicht mal die deutschen Studierenden können vollständig und schnell mitschreiben. Manche Wörter habe ich nie gehört. Wie kann ich mitschreiben? Selbst wenn ich mich sehr gut konzentriere, sind noch viele Fehler in meiner Mitschrift. Es ist auch peinlich, immer die KommilitonInnen zu fragen. Deswegen habe ich den Lehrer gefragt, ob er mir den Text zum Lesen geben könnte, denn ich konnte nicht gleichzeitig gut zuhören und mitschreiben. Aber er schien ein bisschen verärgert und hat sich direkt geweigert. Ich habe dann das Gefühl, dass es meine Schuld ist, nicht alle wichtigen Definitionen präzise verstehen und mitschreiben zu können.

Interkulturelle Kompetenz im Studienalltag: Gruppenarbeit

Aber nicht nur mit den Lehrenden können ausländische Studierende Probleme haben. Mit Mitstudierenden, die nicht bewusst mit Interkulturalität umgehen können, entstehen dieselben Probleme, auch bei der Gruppearbeit. Besonders häufig ist das der Fall in naturwissenschaftlichen Fächern:

StudentIn F

Das beste Gruppenprojekt, das ich gemacht habe, war eine sehr schöne Erfahrung und hat mich in meinem Studium motiviert. Die Mitglieder waren sehr freundlich zu mir. Am Anfang war ich zwar schüchtern, weil ich die einzige Ausländerin in der Gruppe war, aber schnell wurde ich selbstbewusster und sicherer, denn meine StudentenkollegInnen ermutigten mich und inspirierten mich. Ich arbeitete hart, denn ich wollte meine netten KollegInnen auf keinem Fall enttäuschen. Unsere Präsentation und Arbeit haben sehr gute Noten bekommen. Am wichtigsten ist das Zugehörigkeitsgefühl und der Respekt, den ich durch die Zusammenarbeit bekommen habe. Aus dieser Erfahrung heraus halte ich ‚die Stimmung’ für entscheidend. In einer kalten Stimmung kann man schlecht kooperieren. Liebe regt Kreativität an.

StudentIn G

Ich halte Gruppenarbeit für eine gute Chance, sich mit Kommilitonen bekannt zu machen und Teamwork-Fähigkeit zu erwerben. Aber Gruppenarbeit kann sehr stressig sein, wenn der Lehrerende die Gruppenaufteilung nicht kontrolliert. Viele deutsche Studierende wollen Risiken vermeiden und nur mit bekannten deutschen KommilitonInnen eine Gruppe bilden. Die Gruppenaufteilung kann der peinlichste Zeitpunkt für die ausländischen Studierenden sein. Ich zum Beispiel hatte große Angst davor, dass ‚niemand mich will.’ In diesem Fall würde meine Selbstachtung verletzt. Das Gefühl, Außenseiterin zu sein, kann so stark werden, dass ich die Veranstaltung gar nicht besuchen will.
Ich glaube, dass die Gründe, warum die deutschen Studierenden nicht mit ausländischen Studierenden Gruppen bilden wollen, darin liegen, dass sie befürchten, dass ausländische Studierende wegen ihrer Sprache und wissenschaftlichen Hintergründen die gemeinsame Leistung verschlechtern könnten. Allerdings wollen alle gute Noten bekommen. Ein anderer Grund ist, dass die deutschen Studierenden sich vor  Kommunikationshindernissen fürchten.

Studienbegleitende Seminare

Die ausländischen Studierenden kommen aus einem anderen Hochschulsystem und sind durch eine andere Wissenschaftskultur sozialisiert worden. Wie gesagt, verbringen die Studierenden ihre meiste Zeit an der Hochschule. Wenn sie an der Hochschule nicht integriert werden können bzw. sich nicht selbst integrieren können, ist dies ein negatives Präjudiz für die gesellschaftliche Integration.

Deswegen ist ein studienbegleitendes Seminar zur Beratung und Betreuung für die ausländischen Studierenden notwendig. Ein gutes Beispiel ist das Projekt PunktUm an der Uni Bielefeld. Hier werden verschiedene Seminare und Workshops zu „Vorlesungen verfolgen“, „Referat halten“, „Hausarbeiten schreiben“, „mündliche Prüfung machen“ usw. von wissenschaftlich ausgebildeten Deutsch als Fremdsprache (DaF)-Lehrenden angeboten. Diese Seminare und Workshops vermitteln die deutschen Wissenschaftsvorstellungen und Arbeitsweisen und trainineren die TeilnehmerInnen auf die deutsche Weise. Das hat schon vielen ausländischen Studierenden genutzt. Solche Seminare sind auch für deutsche Studierende, besonders in den ersten Semestern, sinnvoll und könnten auch für gemischte Gruppen angeboten werden.

In den oben genannten Fällen kann man auch sehen, dass die interkulturelle Kompetenz ein entscheidender Faktor in der interkulturellen Kommunikation ist. Es ist wichtig, sie zu entwickeln bzw. zu trainieren sowohl durch studienvorbereitende, als auch studienbegleitende Seminare. Solche Seminare sollten nicht nur einmalig sondern regelmäßig angeboten werden. Diese Trainingskurse sollten auch durch Kreditpunkte anerkannt werden. Die Zielgruppe der Kurse sollten nicht nur ausländische Studierende, sondern auch die deutschen Studierenden sein. Außerdem sollten solche interkulturellen Seminare den Lehrenden und den MitarbeiterInnen der Hochschulverwaltung angeboten werden. So sollten alle Hochschulangehörige mit ihren Sichtweisen einbezogen werden und neben der interkulturellen Ebene auch die intrakulturellen Unterschiede berücksichtigt werden.

Auf diese Weise würden die Teilnehmenden tiefgreifender ausgebildet und mit höherer inter- und intrakultureller Kompetenz ausgestattet. Sie könnten besser erkennen, wie sie mit ihren Mitstudierenden umgehen können, und dass man nicht mit jedem Deutschen gleich umgehen kann.

Deutsch und Hochschuldeutsch

Bis hierhin ist deutlich geworden, dass die Sprachfertigkeit eine große Rolle spielt. Aber insbesondere die akademische Sprache ist ein großes Hindernis für ausländische Studierende. Sie haben unterschiedliche akademische Bildungshintergründe und müssen mit einer fremden Sprache im Rahmen von fremden akademischen Regeln operieren. Dies ist doppelt beschwerlich. Wenn sie dann genauso wie die deutschen Studierenden behandelt und bewertet werden, wird man  ihnen nicht mehr gerecht.

StudentIn H

Ich studiere jetzt Deutsch als Fremdsprache und Germanistik.  Früher habe ich in meinem Heimatland Germanistik studiert. Meiner Meinung nach ist eine herausragende Sprachkompetenz, genügendes Vorwissen bzw. Kontextwissen die Voraussetzung für ein DaF- und Germanistik-Studium. Sonst hat man keine Chance. Um Literatur und Lyrik zu verstehen, muss man zuerst zu der Sprache und der Kultur eine enge Bindung aufbauen. Aber in der Realität studieren viele Ausländer deutsche Literatur ohne ausreichende sprachliche Intuition und ohne entscheidendes Vorwissen. Sie sind permanent überfordert. Darüber hinaus muss ein/e Sprach- und Literatur- Studierende/r sehr aufgeschlossen und gesprächig sein. Ich war am Anfang sehr schüchternd, aber nach und nach bemerkte ich, dass eine starke Persönlichkeit und Selbstvertrauen von Bedeutung sind. So viel wie möglich Reden und Lesen ist der einzige Weg zur guten Kenntnis der Literatur. Ich finde, dieser Fachbereich ist wie ein Dschungel, in dem die Evolutionstheorie dominiert – das heißt, wenn man schwach ist, wird man aussortiert.   

StudentIn I

Ich studiere Geisteswissenschaften. Als ein erwachsener Nichtmuttersprachler, der vor dem 20. Lebensjahr noch  nie in Deutschland war, muss ich plötzlich auch die akademische Sprache beherrschen, obwohl ich umgangsprachlich noch nicht gut formulieren kann. Ich muss komplizierte akademische Artikel lesen, ohne früher genügend schwierige Erzählungen, Zeitungen usw. gelesen zu  haben – es gibt überhaupt keinen Übergang. Ein Schritt-für-Schritt Lernen ist mir unmöglich, denn es gibt keine Lücke in meinem Stundenplan für außerfachliches Lesen.

Studium auf Englsich und Internationale Studien

Manche Studierende finden dass ein International Degree oder englische Kurse die bessere Alternative zu einem normalen Studiengang an der deutschen Hochschule sind.

StudentIn J

Wenn jemand in Deutschland studieren möchte und mich nach meiner Meinung fragt, würde ich einen International Degree empfehlen. Denn Internationale Kurse sind ‚ausländerfreundlicher’. Ich studiere leider kein International Degree, sondern Bachelor in BWL, aber ich liebe die englischen Angebote meiner Fakultät, z.B. ‚International Business’. Einerseits bin ich im englischen Seminar sprachlich auf der gleichen Ebene wie andere Studierende, andererseits kann ich Kenntnisse erwerben, die ich in der Zukunft in einer internatonalen Arbeitswelt wirklich anwenden kann. Meiner Meinung nach ist Strukturbau und Lehrweise von einigen Kursen, die auf Deutsch gelehrt werden, nicht an ausländischen Studierenden, sondern nur an lokalen Studierenden orientiert. Einen geringen bis großen Teil von diesen Studieninhalten kann man nicht anwenden, wenn man in sein Heimatland zurückkehrt.  

Psychologische und finanzielle Probleme ausländischer Studierender

Außer den Problemen im Studium haben manche ausländische Studierende finanzielle und psychologische Schwierigkeiten, weil sie sich in einer besonderen Situation befinden.

StudentIn K

Die meisten dieser Studierenden kommen nicht aus reichen Familien. Sie müssen sich mit Nebenjobs finanzieren und ihre Studienzeiten werden länger. Manche von ihnen fühlen sich minderwertig, da sie aus einem Land mit geringem Wohlstand kommen und nicht den gleichen Status wie die deutschen Kommilitonen haben. Sie befürchten, dass sie wegen ihrer Herkunft diskriminiert werden könnten. Wenn sie Probleme haben, z.B. wenn sie ungerecht behandelt werden, wagen sie nicht, ihre Stimme zu erheben oder Hilfe zu suchen. Das wichtigste Ziel ist immer der Abschluss, aber bis dahin müssen sie in ihre Studien in Deutschland extrem viel Geld und Zeit investieren.

Aus unterschiedlichen Gründen fühlen sich die ausländischen Studierenden manchmal diskriminiert.

StudentIn L

Nachdem ich in Deutschland angekommen war, habe ich folgendes immer wieder erlebt: Die erste Frage war immer: Woher kommen Sie?, die zweite ist: Was studieren Sie hier? oder: Warum sind Sie nach Deutschland gekommen? und die letzte ist: Wann gehen Sie zurück? Punkt. Es scheint mir, dass viele Leute keine Ahnung haben, warum ausländische Studierende nach Deutschland kommen, bzw. was sie hier tun wollen. Die Antwort war für mich am Anfang ganz klar: ‚Weil ich mich seit meiner Kindheit für die deutsche Kultur interessiert habe. Ich wollte unbedingt das Land der vielen großartigen Beiträge zur menschlichen Zivilisation, wie Goethe, Bach, Beethoven, Kant und so weiter sehen und die Leute dort kennenlernen. Mit einem Studium in Deutschland wollte ich sowohl meinen Horizont erweitern und die deutsche Kultur erleben als auch ein gutes akademisches Niveau erreichen.’ Nach einem dreijährigen Studium in Deutschland finde ich diese Antwort zu naiv – und ich bin verwirrter als am Anfang. Ich frage mich immer wieder: ‚Warum habe ich Deutsch gelernt und bin nach Deutschland gekommen?’ Einerseits ist meine Liebe zu Deutschland tiefer geworden, andererseits habe ich kein Zugehörigkeitsgefühl zur Hochschule entwickelt.

Anregungen

Gefühle wie Zugehörigkeit und Selbsterfüllung kommen nicht von selbst. Die ausländischen Studierenden sollen natürlich zuerst selbst darum kämpfen. Aber die Hochschulen könnten auch dazu beitragen. Deswegen haben wir folgenden Vorschlag: Die Hochschulen sollten den ausländischen Studierenden dabei helfen, sich selbst zu verwirklichen. Deshalb sollten sie den ausländischen Studierenden mehr Chancen und Stellen eröffnen. Das ist das Gaspedal für Integration der ausländischen Studierenden an den deutschen Hochschulen. Viele Organe, z.B. das International Office und Projekte wie PunktUm an der Universität Bielefeld haben viele Stellen für studentische Hilfskräfte ausgeschrieben und haben so ausländische Studierende in unterschiedliche Projekte einbezogen. Das finden wir, als Autorinnen, besonders positiv und natürlich sehr hilfreich für die Integration der internationalen Studierenden.

Besonders zu kritisieren ist im Gegensatz dazu, dass es bei vielen Projekten, in denen es um ausländische Studierende geht, keine ausländischen MitarbeiterInnen gibt. Die Projekte werden fast ausschließlich und überwiegend aus Sicht der Deutschen geplant, durchgeführt und bewertet.

Zum Schluss möchten wir für Folgendes appellieren: Integration an den Hochschulen setzt eine wechselseitige Öffnung der ausländischen Studierenden und der Hochschulgemeinschaft voraus. Die ausländischen Studierenden sollen sich selber professionalisieren. Aber die Hochschulen müssen auch die ausländischen Studierenden miteinbeziehen. Die Initiative, Planung und Durchführung von Projekten ausländischer und deutscher Studierender muss wesentlich mehr unterstützt und ins Zentrum der Integrationsarbeit gestellt werden. Wenn die Studierenden sich selbst verwirklichen und in der Gesellschaft einen eigenen Platz gefunden haben, können sie sich schneller und besser integrieren. Betroffene müssen nicht nur theoretisch zu Beteiligten werden. Wir müssen uns zusammen Mühe geben, unsere interkulturelle Kompetenz weiterzuentwickeln, um das Studium sowie das Uni-Leben voranzubringen!


Februar 2011

 

Bild entfernt.

Peixin Xian ist Sprecherin des Bundesverbandes ausländischer Studierender – BAS e.V. Haizhou Yi studiert Wirtschaftswissenschaft und schreibt für Internetseiten chinesischer Zeitschriften.