Nachdem jahrzehntelang Arbeitskräfte aus dem Ausland angeworben worden waren, verhängte die damalige Bundesregierung vor 50 Jahren – im November 1973 – einen Anwerbestopp. Zehn Jahre später sollte das Rückkehrhilfegesetz dafür sorgen, dass die sogenannten Gastarbeiter*innen Deutschland wieder verließen. Hakan Akçit zeichnet die damaligen politischen Entwicklungen und Debatten nach, die viele Parallelen zu heutigen Diskursen aufweisen und vor allem eine Botschaft sendeten: Ihr seid hier nicht (mehr) willkommen.
„Über die nächsten vier Jahre werde es notwendig sein, die Zahl der Türken um 50 Prozent zu reduzieren - aber er könne dies noch nicht öffentlich sagen", heißt es in einem geheimen Gesprächsprotokoll vom 28. Oktober 1982, das zwischen dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl und der englischen Premierministerin Margaret Thatcher in Bonn stattfand. Wenige Wochen zuvor, am 1. Oktober 1982, wurde Helmut Kohl mit den Stimmen seiner eigenen Fraktion und der FDP zum Bundeskanzler gewählt, nachdem die Kanzlerschaft von Helmut Schmidt durch ein Misstrauensvotum beendet wurde. „Deutschland habe kein Problem mit den Portugiesen, den Italienern, selbst den Südostasiaten, weil diese Gemeinschaften sich gut integrierten", hieß es weiter im Protokoll, „aber die Türken kämen aus einer sehr andersartigen Kultur. […] Deutschland habe 11 Millionen Deutsche aus osteuropäischen Ländern integriert. Aber diese seien Europäer und stellten daher kein Problem dar."1 Ein Jahr später sollte Bundeskanzler Helmut Kohl mit dem Gesetz zur befristeten Förderung der Rückkehrbereitschaft von Ausländern (November 1983) seinen Ankündigungen Taten folgen lassen, um so den Wegzug von arbeitslosen Ausländern aus der Bundesrepublik voranzutreiben. Artikel 1 des Gesetzes, das sogenannte Rückkehrhilfegesetz, sah eine finanzielle Rückkehrhilfe in Höhe von 10.500 DM zuzüglich 1.500 DM je Kind vor. Voraussetzung war, dass die gesamte Familie das Bundesgebiet spätestens bis zum 30. September 1984 verlassen hatte. Andernfalls drohten bei Verzögerung der Ausreise Sanktionen in Form von Reduzierung des Betrags der Rückkehrhilfe um 1.500 DM ab dem zweiten Monat der Arbeitslosigkeit.
Ölkrisen und ihre Folgen
Während die Regierung von Willy Brandt die erste Ölkrise im Jahr 1973 zum Anlass nahm, durch einen Erlass des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (BMAS) im November 1973 einen Anwerbestopp ausländischer Arbeitnehmer*innen zu verfügen, verschärfte sich mit der zweiten Ölkrise die Situation der ausländischen Arbeitnehmer*innen. Die zweite Ölkrise von 1979 führte zu einer Weltwirtschaftskrise und zu einer schweren Rezession in der Bundesrepublik. Als Folge dessen bestimmte die Massenarbeitslosigkeit in Deutschland die politische Agenda. Die Arbeitslosenquote stieg von 3,8 Prozent im Jahr 1980 auf 7,5 Prozent im Jahr 1982. Das Wirtschaftswachstum erlebte mit dem Nullwachstum in den Jahren 1980-1982 eine Stagnation und sank im Jahr 1982 sogar auf -1,5 Prozent.
Die konservativen Oppositionsparteien erkannten die Gunst der Stunde und setzten die Regierung unter Helmut Schmidt (SPD) zunehmend unter Druck. Damals wie auch heute bedienten sie sich eines populistischen Themas und schnell war ein Sündenbock gefunden: die Ausländer*innen und ihre Belastung für den Sozialstaat. Forderungen nach einer restriktiven Ausländerpolitik seitens der Opposition trafen den Nerv der Zeit und bestärkten den Glauben bei einem Großteil der deutschen Bevölkerung, dass die Rückführung der Ausländer*innen den deutschen Staat in vielerlei Hinsicht entlasten würde. Es ist daher nicht verwunderlich, dass pseudowissenschaftliche Veröffentlichungen wie das Heidelberger Manifest vom 17. Juni 1981, in denen sich Akademiker und Intellektuelle gegen die Unterwanderung des Deutschen Volkes durch Ausländer, gegen die Überfremdung unserer Sprache, unserer Kultur und unseres Volkstums aussprachen, sehr schnell Zugang zur deutschen Öffentlichkeit fanden und dort kontrovers diskutiert wurden. In den Printmedien wurde zunehmend von sozialen Spannungen zwischen Ausländern und der deutschen Bevölkerung berichtet, Ausländerkriminalität überproportional thematisiert, häufig war von sozialen Problemen der Ausländer*innen in den Ghettos die Rede und als Allheilmittel wurde die Verschärfung der Ausländerpolitik suggeriert.1 Infolgedessen leitete der zunehmend unter Druck geratene Bundeskanzler Helmut Schmidt einen Kurswechsel in der Ausländerpolitik ein und gab auf der Pressekonferenz am 11. November 1981 folgendes bekannt: „Die Bundesrepublik soll und will kein Einwanderungsland werden.“ Wenige Monate später ging er noch einen Schritt weiter und wird 1982 im "Stern" mit dem Satz zitiert: "Mir kommt kein Türke mehr über die Grenze." Allein es half ihm nicht das Misstrauensvotum gegen seine Regierung abzuwenden und es folgte die Ära Helmut Kohl ab Oktober 1982.
Helmut Kohl (CDU) konnte sowohl für die Einführung einer finanziellen Rückkehrhilfe als auch für eine härtere Gangart in der Ausländerpolitik mit der breiten Zustimmung innerhalb der deutschen Bevölkerung rechnen. Zu seinen Vorhaben gehörten u.a. die Begrenzung des Nachzugsalters für türkische Kinder und die Reglementierung des Nachzugs von Ehefrauen. Des Weiteren kündigte der Bundeskanzler einen Entwurf für ein neues Ausländergesetz an, das die angeblich ansteigende Ausländerkriminalität mithilfe der Ausweisungsmöglichkeiten wirksam bekämpfen sollte.
Rassismus in der Politik und Gesellschaft
Als besonders ambitioniert erwies sich Bundesinnenminister Friedrich Walter Zimmermann (CSU), der sich das Ziel gesetzt hatte, die Reduzierung der Ausländer*innen voranzutreiben und sich dazu ebenfalls populistischer Narrative bediente, wie z.B. 1988 in der Begründung für die Novellierung des Ausländergesetzes, das inoffiziell an die Öffentlichkeit gelangte und in der es heißt:
"[…] Eine fortlaufende, nur von der jeweiligen Wirtschafts-, Finanz- und Arbeitsmarktlage abhängige Zuwanderung von Ausländern würde die Bundesrepublik Deutschland tiefgreifend verändern. Sie bedeutete den Verzicht auf die Homogenität der Gesellschaft, die im Wesentlichen durch die Zugehörigkeit zur deutschen Nation bestimmt wird. Die gemeinsame deutsche Geschichte, Tradition, Sprache und Kultur verlören ihre einigende und prägende Kraft. Die Bundesrepublik Deutschland würde sich nach und nach zu einem multinationalen und multikulturellen Gemeinwesen entwickeln, das auf Dauer mit den entsprechenden Minderheitenproblemen belastet wäre. Schon im Interesse der Bewahrung des inneren Friedens, vornehmlich aber im nationalen Interesse muss einer solchen Entwicklung bereits im Ansatz begegnet werden."2
In weiten Teilen der Bevölkerung herrschte ein allgemeiner Konsens darüber, dass es für die Gastarbeiter*innen langsam an der Zeit war, wieder in ihre Heimat zurückzukehren, wobei Gastarbeiter als Synonym für Türk*innen stand. Auch in der Politik rückten die Parteien zumindest in der Ausländerfrage eng zusammen. Dieser Umstand lässt sich auch an vielen Aussagen erkennen, die parteiübergreifend von Politikern gemacht wurden und die nach aktuellem Verständnis eindeutig als rassistisch zu bezeichnen sind. Während Unionspolitiker es ablehnten, Ausländer*innen einen Anspruch auf Einbürgerung einzuräumen, bezeichnete der SPD-Politiker Martin Neuffer die Türken als eine „im Ganzen wenig assimilationsfähige völkische Minderheit“. 3 Der bayerischer Ministerpräsident Franz Josef Strauß (CSU) baute ein Drohszenario auf, indem er behauptete: „Es strömen die Tamilen zu Tausenden herein. Und wenn sich die Situation in Neukaledonien zuspitzt, dann werden wir bald die Kanaken im Land haben“4 und warnte gleichzeitig vor einer „Wohlstandsasylepidemie“. Sein Parteikollege Carl-Dieter Spranger (CSU) richtete den Fokus in der Debatte eher auf den wirtschaftlichen Aspekt und meinte:
„Eine harte Ausländerpolitik senkt die Sozialkosten, trägt also zur Finanzierung bei. Da die Integrationspolitik gescheitert ist, lohnen sich weitere Investitionen in diesem Bereich nicht. Sprachliche, schulische und berufliche Ausbildung für ausländische Kinder bringen nichts und geht außerdem zu Lasten der Steuerzahler, also hat sie zu unterbleiben, besser noch, man lässt die Kinder gar nicht erst ins Land kommen […]“5
Wirtschaftlichkeit vor Menschlichkeit
Da war sie also wieder: die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Die von vielen Politiker*innen parteiübergreifend beschriebenen Endzeitszenarien und die Verschärfung der Ausländergesetze zum Schutz der deutschen Bevölkerung, der Kultur, der deutschen Sprache vor Überfremdung war nur Mittel zum Zweck. Denn tatsächlich ging es nicht nur um die Entlastung der Staatskasse, da man sich durch die Rückführung der Ausländer*innen Einsparungen erhoffte, sondern vielmehr auch um die Sanierung. Mit dem Rückkehrhilfegesetz konnten sich die türkischen Arbeitnehmer*innen zwar die Prämie über 10.500 DM zuzüglich ihrer Rentenansprüche frühzeitig ausbezahlen lassen. Aber sie erhielten nur ihre Arbeitnehmerbeiträge zurück. Die Arbeitgeberbeiträge verblieben im Rententopf, d.h. diese Einsparungen gingen eindeutig zu Lasten der ausländischen Arbeitnehmer*innen. Die Bundesregierung rechnete mit einer langfristigen Entlastung der Rentenversicherung um ca. 2,5 Milliarden DM. Hinzu kamen Einsparungen beim Arbeitslosen- und Kurzarbeitergeld in Höhe von 90 Millionen DM und 195 Millionen DM beim Kindergeld.
Am Beispiel der Firma Mannesmann in Duisburg lässt sich gut erkennen, wie auch Industrie und Wirtschaft mit der Politik an einem Strang zogen, um sich der türkischen Arbeiter*innen schnellstmöglich zu entledigen: unmittelbar nach der Verabschiedung des Rückkehrhilfegesetzes unterbreitete der Stahlröhren-Konzern Mannesmann seinen ausländischen Arbeiter*innen ein Abfindungsangebot, das einen zusätzlichen Bonus enthielt. Bei freiwilliger Aufgabe des Arbeitsplatzes bot Mannesmann seinen ausländischen Mitarbeiter*innen zuzüglich zur Rückkehrhilfe des Staates und der Beitragsrückerstattung aus der Rentenversicherung eine konzerneigene Abfindung bei Aufhebungsvertrag an, der abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit sehr hoch sein konnte. Die Bedenkzeit betrug nur sechs Wochen mit Beginn der offiziellen Unterbreitung des Angebots. Zusätzlich zur kurzen Bedenkzeit beschloss Mannesmann einen firmeninternen Sprachtest anzusetzen, um die Sprachkenntnisse der türkischen Arbeiter*innen zu überprüfen. Offiziell hieß es, dass auf diese Weise evaluiert werden sollte, wer nach der Umstrukturierung des Werkes für höher qualifizierte Arbeiten eingesetzt werden könnte. Doch die eigentliche Absicht bestand darin, den Druck auf die türkischen Arbeiter*innen zu erhöhen, denn Mannesmann wusste nur allzu gut, dass die meisten Gastarbeiter*innen nur über geringe Sprachkenntnisse verfügten. Die Mehrzahl der türkischen Arbeiter*innen bestand die Prüfung nicht und da man sie über ihre Zukunft im Konzern im Ungewissen ließ, rechneten viele mit einer baldigen Kündigung und unterschrieben den Aufhebungsvertrag.
Mein Vater war einer dieser türkischen Arbeiter, dem ein Aufhebungsvertrag angeboten wurde und der bis zum letzten Tag der sechswöchigen Frist mit sich und seiner Entscheidung rang. Jahre später erzählte er mir, wie seine Vorarbeiter und deutschen Kollegen immer wieder versuchten, ihm ins Gewissen zu reden: „Nimm besser das Geld und geh als reicher Mann, als später mit Kündigung und ohne Geld dazustehen.“
Folgen für Rückehrer*innen
Am letzten Tag seiner Bedenkzeit saß mein Vater im Personalbüro und gerade, als er mit dem Stift in der Hand zur Unterschrift ansetzen wollte, entschied er sich aus einem Bauchgefühl heraus, nicht zu unterschreiben und weiter in Deutschland zu bleiben. Auch wenn ihm wegen der Rezession weiterhin Kurzarbeit oder sogar die Kündigung drohte. Der Sachbearbeiter im Personalbüro zerriss daraufhin den Vertrag demonstrativ vor den Augen meines Vaters, wahrscheinlich um ihm seine verpasste Chance noch einmal zu verdeutlichen. Doch was der Sachbearbeiter damals nicht verstand, waren die Bedenken, die meinen Vater damals plagten. Denn es ging bei dieser Entscheidung nicht nur um Geld. Es hingen auch die Schicksale vieler anderer Menschen an dieser Unterschrift.
Die Entscheidung meines Vaters hatte einen großen Einfluss auf mein Leben und das meiner Geschwister. Ich habe mich oft gefragt, wie mein Leben verlaufen wäre, wenn meine Eltern sich für die Rückkehr in die Türkei entschieden hätten. Mir wäre es wahrscheinlich wie meinem Schulfreund Muhammet ergangen, der im laufenden Schuljahr plötzlich nicht mehr zur Schule kam, weil seine Familie in die Türkei zurückgekehrt war. Wie Muhammet, wäre auch ich mitten im Schuljahr aus der Ausbildung gerissen worden. Ich hätte mein gewohntes Umfeld und meine Freunde verlassen müssen, um zukünftig in einem Land zu leben, dessen Sprache ich nicht gut sprach und dessen Menschen und Kultur ich nur aus dem Sommerurlaub kannte. Die Eingliederung in ein neues Schulsystem mit einem anderen Lehrplan hätte mich viel Zeit und Kraft gekostet. Meine schulischen Leistungen hätten darunter gelitten, ich hätte wegen der schlechten Zensuren gelitten, als Almancı (Deutschländer) hätte ich es nicht einfach gehabt, neue Freundschaften zu schließen. Wahrscheinlich wäre ich sehr unglücklich gewesen, vielleicht sogar depressiv und immer hätte ich mein Leben in Deutschland vermisst. All das blieb mir erspart.
Mein Vater hätte mit einem Teil der Rückkehrprämie die Kosten für den Umzug und die Zollgebühren gedeckt. Der jahrelangen Schichtarbeit überdrüssig, hätte er, wie die meisten Rückkehrer*innen, den Weg in die Selbständigkeit gewagt. Vielleicht hätte er eine Pension eröffnet oder einen Supermarkt. Aber die fehlende Erfahrung im Dienstleistungsgewerbe und der Buchhaltung, die nicht vorhandenen Beziehungen im einheimischen Geschäftsleben und der Administration hätten, wie in den meisten Fällen, dazu geführt, dass nach kurzer Zeit das Geschäft pleite gegangen wäre und das investierte Geld verloren. Und dann hätten meine Eltern die Rückkehr bereut. Gestrandet in der Heimat, die sie vor über zehn Jahren verlassen hatten und die ihnen mittlerweile fremd erschien. Sie hätten ihr Leben in Deutschland vermisst, ihre Arbeitskollegen, ihre Nachbarn und ihre Freunde. Glücklicherweise blieb all das unserer Familie erspart. Nur wenige Rückkehrer*innen in die Türkei hatten bedacht, welche schwerwiegenden Folgen eine abrupte Rückkehr für das Familienleben haben würde. Sie ließen sich vom Geld der Rückkehrhilfe locken und vom stets vorhandenen Heimweh verleiten. Der deutschen Politik und Gesellschaft waren die Folgen gleichgültig, die Einzelschicksale kümmerten sie nicht. Man holte sie aus der Türkei, als man sie brauchte und machte vom Rückgaberecht Gebrauch, als es mit der Wirtschaft abwärts ging.
Das Thema Migration als populistische Endlosschleife
Damals wie heute werden Ausländer*innen und Migrant*innen für innenpolitische Zwecke instrumentalisiert und müssen für wahlpolitische Grabenkämpfe herhalten. Jene Politiker*innen, die sich dieser populistischen Rhetorik bedienen, um sich auf politischer Bühne zu profilieren oder Wahlkämpfe zu gewinnen, begreifen nicht oder viel schlimmer, blenden einfach aus, wieviel Schaden Worte anrichten können. Ganz gleich, ob man um die Jahrtausendwende wie Jürgen Rüttgers (CDU) mit dem Slogan Kinder statt Inder in den Wahlkampf zieht oder wie Friedrich Merz (CDU), von kleinen Paschas spricht, wenn er sich Anfang 2023 in einer populären Talkshow des ZDF über arabischstämmige Jugendliche auslässt und nur noch von Peter Ramsauer (CSU) überboten wird, der wenige Monate später Migranten mit Ungeziefer vergleicht. Der Schaden, den solche rassistischen Aussagen verursachen, ist immens. Der eigenen politischen Karriere oder dem Erfolg der Partei werden der soziale Frieden und gesellschaftliche Zusammenhalt geopfert. Diskriminierung und Hass auf die Fremden und Anderen gelangen so in die Mitte der Gesellschaft und werden salonfähig gemacht.
Viele Aussagen, die in den 1980er Jahren über Ausländer*innen getätigt wurden, würde man heute dem Dunstkreis der AfD zurechnen. Was sagt dieser Umstand über die Ausländer- bzw. Integrationspolitik seit den frühen 1970er Jahren aus und wundert es jemanden, dass aus diesem Klima der Hetze gegen Ausländer Jahre später die Angriffe in Hoyerswerda, die Brandanschläge von Mölln und Solingen und der Terror der NSU entsprangen?
Es gilt noch vieles aufzuarbeiten in der Geschichte der Arbeitsmigration nach Deutschland. Der Anwerbestopp von 1973 und das Rückkehrhilfegesetz von 1983, die aufgeheizte Stimmung in der Gesellschaft und die politischen Debatten, die damals zu diesen Themen geführt wurden, haben den Gastarbeiter*innen aus der Türkei im Prinzip nur eine Botschaft vermittelt: ihr seid hier nicht willkommen! Und Menschen fortwährend dieses Gefühl zu vermitteln, ist die Mutter aller politischen Probleme. Nicht die Migration.
1. Ralf Maxheim, Karl-Heinz Simon, Ungeliebte Fremde? Medienberichterstattung über Ausländer in: Jürgen Friedrichs (Hrsg.), Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS) (Ed.): 23. Deutscher Soziologentag 1986
2. Entwurf für ein Gesetz zur Neuregelung des Ausländerrechts vom 1. 2.1988, Bonn, S. 23. Zitiert nach Günther Schultze: Ausländerfeindlichkeit – woher sie kommt und was man dagegen tun kann. In: Gewerkschaftliche Monatshefte 7/1989
3. Meier-Braun, Karl-Heinz, Deutschland, Einwanderungsland, S. 54-55
4. Vgl. ebd.
5. Westdeutscher Rundfunk, 1.10.1983; Vgl. Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 10/33, 10.11.1983, S. 2226.