In Bayern erhalten Geflüchtete ihr Geld auf eine Bezahlkarte – mit massiven Einschränkungen. Das Münchner Bündnis „Offen!“ reagiert mit kreativer Solidarität: Wechselstuben tauschen Gutscheine gegen Bargeld. Mehr dazu in Folge 5 von "Es geht auch anders!".

In der fünften Folge der Reihe "Es geht auch anders!" lud die Petra-Kelly-Stiftung Matthias Weinzierl aus dem Münchner Bündnis „Offen!“ zum Gespräch ein.
In Bayern bekommen geflüchtete Menschen ihr Geld auf eine Bezahlkarte. Von dieser Karte kann man nur 50 € Bargeld im Monat abheben. An Orten und Läden, in denen keine Kreditkartenzahlung möglich ist, kann man nicht einkaufen. 50 € Bargeld im Monat sind zu wenig, vor allem in einer der teuersten Kommunen Deutschlands.
Neben der Bargeldbeschränkung hat die Karte noch weitere Einschränkungen. So können die Asylsuchenden damit nur in der Stadt und den umliegenden Landkreisen bezahlen. Außerdem muss jede Überweisung, z.B. für das Deutschlandticket, vorher beim Sozialamt angemeldet und genehmigt werden.
Die Bezahlkarte wird von vielen als reine rechtspopulistische Symbolpolitik wahrgenommen, einige Gerichte haben bereits dagegen entschieden, wie das Sozialgericht Hamburg, das im Juli dieses Jahres die Geldkarte für Asylbewerber*innen für rechtswidrig erklärt hat.
Wie kann dem mit praktischer Solidarität begegnet werden? Das Münchner Bündnis „Offen!“ war sehr kreativ: Es hat mehrere „Wechselstuben“ in München organisiert. Dort wird Bargeld gegen einen Gutschein (z.B. für einen Supermarkt oder eine Drogerie) getauscht. Den Gutschein kauft man mit seiner Bezahlkarte und bekommt dafür Bargeld.
Die Aktion läuft seit Juli und stößt auf große Resonanz: Bei jedem Termin stehen Schlangen vor den „Wechselstuben“, teilweise auch von Geflüchteten, die extra von außerhalb Münchens angereist sind.
Eine solche Aktion ist wirklich inspirierend: Wie könnte man so etwas auch in anderen Städten planen, was bedeutet Widerstand und Solidarität in diesem konkreten Fall?
Ein Podcast mit:
Matthias Weinzierl aus dem Münchner Bündnis „Offen!“. „Offen! Für eine solidarische Gesellschaft“ ist eine sehr junge Kampagne mit etwas 200 Partner Organisationen in München. Der Gründungsaufruf wurde durch eine riesige Kundgebung in München im Sommer 2023 zelebriert. Seitdem nimmt das Bündnis an zahlreiche Aktionen und Kundgebungen teil.
Moderation: Geraldine Mormin, unsere Kollegin aus Sachsen-Anhalt, hat die gesamte Reihe moderiert und mitkonzipiert, sie stellt immer genaue Fragen und bringt es auf den Punkt!
Die Reihe "Es geht auch anders!":
In der Reihe "Es geht auch anders! Visionen für eine Migrationspolitik der Zukunft" diskutieren wir gegenwärtige Krisen im Hinblick auf Alternativen. Unsere Gesprächspartner*innen zeigen, wie es gehen könnte und bereits an vielen Orten geht. Wir setzen restriktiven Migrationspolitiken und rechten Diskursen konkrete Visionen einer solidarischen Gesellschaft entgegen. Welche Zukunftsvisionen, welche Ideen, welche Praxisbeispiele für eine menschenrechtsorientierte Migrations- und Asylpolitik gibt es? Diese Veranstaltungsreihe aus dem Jahr 2024 wurde in einen Podcast umgewandelt und erscheint am 27. März 2025 in allen Podcast Apps.
Eine Veranstaltungs- und Podcastreihe des Heinrich-Böll-Stiftungsverbunds der Landesstiftungen Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und der Bundesstiftung.
Die wichtigsten Links aus dem Gespräch:
Bündnis Offen!: https://offen-muenchen.de/gutschein-stellen/
Petra-Kelly-Stiftung: https://www.petrakellystiftung.de/de
Music Credits: „Quasi Motion“ by Kevin MacLeod (siehe: https://freemusicarchive.org/music/Kevin_MacLeod/Global_Sampler), Source: Free Music Archive, License type: CC BY.
Hier finden Sie eine Transkription der Podcast-Folge.
Matthias Weinzierl: Naja, Erfolg ist in dem Zusammenhang echt ein bisschen schwierig, weil wir versuchen einen Notstand abzumildern, den es ohne diese bescheuerte Bezahlkarte nicht gäbe. Und eigentlich werden unsere Aufgaben, den Menschen zu einem sicheren Aufenthalt zu verhelfen, ihre Situation zu thematisieren, die Situation an der europäischen Außengrenze zu thematisieren und nicht quasi Minimalverbesserungen. Um weniger mehr geht es ja nicht. Es geht ja wirklich nur, den Alltag ein bisschen zu erleichtern und ja, diese Form der Diskriminierung etwas abzumildern und zu thematisieren. Insofern Erfolg ist es wirklich nicht, aber es ist für uns insofern irgendwie ein Empowerment Tool, sage ich jetzt mal total blöd, weil wir konkret was machen können und die Gegenseite ärgert sich. #00:00:47-1#
Carmen Romano: Hallo und herzlich willkommen zu. „Es geht auch anders! Visionen für eine Migrationspolitik der Zukunft“ Das ist der Podcast zu unseren Online Veranstaltungsreihe aus 2024, also vor der Bundestagswahl. Dass diese Themen und diese Visionen heute aktueller denn je sind, macht uns traurig. Aber gleichzeitig ermutigt es uns, weiter daran zu arbeiten. Ich bin Carmen Romano und ich darf hier sprechen für den Heinrich Böll Stiftungsverbund der Landesstiftungen in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Schleswig Holstein und der Bundesstiftung. Wir sind also viele. Grenzen töten, Menschen werden kriminalisiert, Kommunen sind überfordert. Das Thema Migration ist viel diskutiert und klar. Es gibt viele Herausforderungen. Das möchten wir nicht kleinreden. Häufig ist aber die Debatte sehr polarisiert und wird von rechts vereinnahmt. Viele Missstände wie die Folgen der Klimakatastrophe und des demografischen Wandels, prekäre Wohnsituationen oder Fragen zur Arbeit und Mobilität betreffen eigentlich alle Menschen in unserer Gesellschaft, nicht nur Migrant*innen, und sind bestimmt nicht von Migrant*innen verursacht. Wir diskutieren mit unserer Reihe gegenwärtige Krisen im Hinblick auf Alternativen. Unser Blick zeigt, wie es gehen könnte und bereits an vielen Orten geht. Wir setzen restriktive Migrationspolitiken und rechten Diskursen, konkrete Visionen einer solidarischen Gesellschaft entgegen. Welche Zukunftsvisionen, welche Ideen, welche Praxisbeispiele für eine menschenrechtsorientierte Migrations- und Asylpolitik gibt es? Wie schön, dass Du dabei bist. Hoffentlich hörst Du alle fünf Folgen, wo wir mit tollen Expert*innen diese Fragen anhand der Überschriften Grenzen, Solidarität, Gender, Arbeit und Aktivismus besprechen. Viel Spaß beim Zuhören und Mitdenken, denn es geht auch anders! #00:02:42-4#
Geraldine Mormin: Vielen Dank! Dankeschön, Carmen. Guten Abend und herzlich willkommen auch von mir. Ich bin Geraldine Mormin, Ich bin Bildungsreferentin bei der Heinrich-Böll-Stiftung in Sachsen-Anhalt und habe die große Freude, Sie heute als Moderation durch unsere gemeinsame Veranstaltung zu begleiten. Ganz besonders herzlich begrüßen möchte ich heute unseren Gast. Herzlich willkommen, Matthias Weinzierl vom Bündnis „Offen! für eine solidarische Gesellschaft“. Ich freue mich sehr, dass Du hier bist und mit uns diese fünfte Ausgabe gestaltest. „Offen! für eine solidarische Gesellschaft“ ist eine Kampagne. Du wirst da bestimmt noch viel mehr dazu erzählen. Ist eine noch recht junge Kampagne, die auch in einem breiten Bündnis mit Partnerorganisationen an unterschiedlichen Demonstrationen, Kundgebungen und Aktionen beteiligt ist. Und ihr kämpft für eine offene und für eine solidarische Gesellschaft und gegen Abschottung und Scheuklappen Politik. Und um eine eurer Aktionen, ganz konkret eine eurer Aktionen der praktischen Solidarität soll es heute gehen, nämlich um die Wechselstuben und was da genau wie gewechselt wird, was das mit der Bezahlkarte zu tun hat und wie vielleicht auch diese Aktion in die Zukunft weisen kann, in die Zukunft vielleicht einer praktischen Solidarität. Darüber wollen wir heute sprechen. Und noch mal Dir herzlichen Dank, dass Du da bist. Herzlich willkommen und ich freue mich sehr, dass wir mit Dir auch ein bisschen in dieser Reihe nun den Shift machen können von der Wissenschaft. Wir hatten sehr viele Wissenschaftler*innen hier zu Gast und jetzt beginnt langsam genau der Schift zum Aktivismus. Matthias vielleicht magst du einfach einsteigen, indem du vielleicht noch mal in deinen Worten euer Bündnis vorstellst und vielleicht dann auch, damit wir richtig so Stück für Stück dieses Thema der Wechselstuben auffächern können. Vielleicht magst Du aus deiner Sicht erklären Was genau ist die Bezahlkarte? Wie funktioniert sie, Wo lässt sie sich nutzen und was hat es damit eigentlich auf sich? #00:04:38-7#
Matthias Weinzierl: Okay, alles klar. Also mein Name ist Matthias Weinzierl. Ich bin tatsächlich für die Kampagne „Offen!“, auch nur ein Aktivist unter vielen. Ich habe aber 16 Jahre beim Bayerischen Flüchtlingsrat gearbeitet und komme quasi aus der konkreten Solidarität mit geflüchteten Menschen. Die Kampagne hat sich gebildet, als die Europäische Union beschlossen hat, sich komplett abzuschotten und das sogenannte GEAS Gesetz verabschiedet hat. Und in München, da sitze ich nämlich, haben wir uns dann zusammengetan und wollten, eben weil uns das total gestört hat, dass da überhaupt kein Widerspruch kommt und irgendwie keine Empörung kommt, haben wir ein Bündnis geschmiedet und haben eine relativ große Demonstration letzten Sommer (2023) organisiert gegen die Abschottung der Europäischen Union. Und seitdem gibt es dieses Netzwerk. Das sind die unterschiedlichsten Akteure vertreten. Wir haben bei uns Vertreter*innen der zwei großen Stadttheater aus München. Wir haben Initiativen vor allem aus der Flüchtlingssolidarität, aber auch Migrationsorganisationen, Kulturvereine etc. mittlerweile über 200. Das reicht, glaube ich, so als Entstehungsgeschichte. Und die Bezahlkarte ist ja mittlerweile ein bundesweites Phänomen. In München wurde sie im Juli 2024, also dieses Jahr, eingeführt und im Vorfeld haben wir uns zusammengesetzt und haben überlegt, was wir machen können, weil wir keine Fans von der Bezahlkarte sind, sondern sie als massive Einschränkung der persönlichen Freiheit der davon betroffenen Menschen sehen und haben uns überlegt, was wir machen können. Wir wollten natürlich irgendeinen Protest organisieren, aber gleichzeitig war es uns auch ein großes Anliegen, dass wir irgendwas machen, was den Menschen konkret eine kleine Hilfestellung gibt, weil es nur protestieren und dagegen irgendwie auf die Straße gehen. Erschien uns irgendwie als zu groß. Frustrierend, sage ich mal salopp. Und dann haben wir uns im Vorfeld informiert und die Idee, die wir jetzt hier eingeführt haben, die haben wir von den Hamburgern geklaut. In Hamburg gibt es eine tolle Initiative, die heißt Café Exil. Die haben damit angefangen, die werde ich euch gleich vorstellen. Also wir sprechen eigentlich weniger von Wechselstuben, sondern vom solidarischen Kartentausch. Was das ist, erkläre ich euch gleich. Aber dazu muss ich eine kleine Schleife drehen zur Bezahlkarte. Die Bezahlkarte ist eingeführt worden von der noch aktuellen Bundesregierung ist ein bundesweites Phänomen. Und die Idee, die dahinter steckt, oder das Narrativ, besagt einfach Menschen fliehen hierher aufgrund der finanziellen Unterstützung. Und wenn man die finanzielle Unterstützung auf Sachleistungen und auf schwierig umstellt, dann kommen diese Menschen vielleicht nicht mehr. Das ist so die Hoffnung, die man damit verbindet. Und das ist einfach eine sehr, sehr zynische, sarkastische Erzählweise. Weil kein Mensch kommt wegen dieser minimalen Unterstützung, die man hier bekommt. Und wir hatten ja auch in der Vergangenheit schon Sachleistungen Prinzip. Das heißt, wir hatten auch schon eine Phase, wo die Leute überhaupt kein Bargeld bekommen haben. Und diese Handlungsweise hatte auch keinen nennenswerten Einfluss auf die Flüchtlingsströme. Mir jedenfalls ist das nicht bekannt, dass das irgendwie ein Erfolg gewesen sein. Aber die Bezahlkarte, das ist einfach eine Plastikkarte, mit der man in dafür quasi freigeschalteten Läden einkaufen kann. Dummerweise gilt diese Bezahlkarte nicht überall, sondern nur eben in Geschäften, die für die Bezahlkarte eben funktionieren, das heißt kleine türkische oder sonst irgendwie Gemüseläden sind in der Regel nicht dabei. Dann ist das andere Problem mit der Bezahlkarte, dass ich einfach nur 50 € Bargeld im Monat bekomme. Das habe ich gesehen: Sie sind ja von den unterschiedlichsten Regionen. Ich kann es in dem Fall nur von München sprechen. Mit 50 € Bargeld im Monat kommt man nicht weit. Also weder kann man sich irgendwie die Monatskarte vom öffentlichen Nahverkehr dafür kaufen, noch kann man das Material, was man für sein Kind in der Schule vielleicht beisteuern muss oder ähnliches. Noch die Rate für den Asylanwalt. Also ohne Bargeld ist einfach das Leben deutlich schwieriger und es macht den Leuten hier, die quasi von der Bezahlkarte betroffen sind, das Leben wirklich schwer. Und unser Ansatz war jetzt einfach zu sagen wir helfen diesen Menschen konkret und verhelfen ihnen konkret zu mehr Bargeld im Monat. Und wie machen wir das? Das ist wirklich mega simpel. Die von der Bezahlkarte betroffenen Menschen gehen mit dieser Bezahlkarte in einen Discounter, in einen Supermarkt und kaufen dort an der Kasse eine sogenannten Gutscheinkarte, einen Gutschein. Und mit diesem Gutschein kommen Sie zu einer Kartentauschstelle. Das ist eine Stelle, die von uns organisiert wird und dort tauschen wir diesen Gutschein wiederum in Bargeld. Und dann hat die betroffene Person einfach etwas Bargeld mehr im Monat und wir schauen dann, dass wir diesen Gutschein wieder weiter tauschen, nämlich wieder in Bargeld. Und so entsteht ein kleiner Kreislauf. Und das haben wir in München im Juli diesen Jahres gestartet und mittlerweile haben wir in München aktuell sieben Karten ausstellen, sechs Karten ausstellen. Eine hat wegen Winter jetzt zugemacht, das war der Bauwagenplatz. Und darüber hinaus gibt es in Bayern noch mindestens fünf oder sechs weitere Tauschstellen. In Deutschland kann man sagen, kommen wöchentlich 1 bis 2 Karten-Tauschstellen dazu. Wir hatten vor eineinhalb Monaten auch so ein Online Treffen mit Initiativen aus ganz Deutschland. Da waren 60, also ungefähr so viele Leute wie jetzt in diesem Call. Und es waren alles Initiativen, die kurz davor waren, selber so ein Kartentausch zu starten. Und ja, vielleicht einfach mal so, was wir da genau machen wie sie da ist das Thema, diese Veranstaltung. Aber nur mal so als Staat machen wir seit Juli und es fordert uns. Aber es ist auch bitter notwendig. #00:10:04-9#
Geraldine Mormin: Na super, vielen Dank Matthias mal für diesen ersten Aufschlag. Ich bin ganz neugierig:. Wenn ich mir vorstelle ich ich möchte euch unterstützen. Ich möchte als Privatperson zu einer dieser Kartentauschstellen gehen und da meinen Beitrag leisten. Wie? Wie funktioniert das? Also ich möchte eure Idee unterstützen. Ich möchte auch Bargeld mit in den Kreislauf einspeisen. Was mache ich dann? Wie? #00:10:29-2#
Matthias Weinzierl: Dann kommst du einfach zu unserer Kartentauschstelle und dann kannst du dir auswählen, was für ein Gutschein du möchtest. Also wir haben uns momentan auf irgendwie fünf Supermarktketten, die besonders gängig sind, festgelegt, weil zum einen müssen die Geflüchteten ja an diese Gutscheine rankommen und zum anderen müssen sie auch überall quasi auch gelten. Und dann sagst du ich nehme für 50 € Lidl. Dann kriegst du einen Gutschein für 50 € Lidl und wir kriegen die 50 €. Und das ist schon die ganze Geschichte. Und das Schöne daran ist, also natürlich eine völlig grundlose Aktion. Wenn es die Bezahlkarte nicht gäbe, könnten wir uns diese Aktion sparen. Aber das Schöne ist, dass du nicht spendest, sondern es ist einfach nur ein Tausch. Das heißt, der Gutschein ist exakt so viel wert und du kannst ihn auch genauso verwenden in dem Supermarkt, wie wenn du mit Bargeld zahlst. Und deswegen gibt es kein so paternalistisches Moment, dass man sagt Oh, ich habe jetzt Leute, die den armen Geflüchteten irgendwie was spenden und was Gutes tun, sondern es ist eigentlich einfach nur das Zahlungsmittel wird getauscht und es bleibt dabei. Die 50 € sind danach nicht mehr, aber auch nicht weniger wert. Aber beide haben was davon. Genau. #00:11:37-0#
Geraldine Mormin: Und die Person, die dann bei Lidl den Gutschein gekauft hat, die kriegt dann quasi meine 50 € in Bargeld und dann gehen wir beide unserer Wege. Ich zu Lidl und die Person macht einfach, was auch immer sie machen möchte. #00:11:50-1#
Matthias Weinzierl: Genau. Also wir haben die Karten-Tauschstellen, das sind Geflüchtete und nicht Geflüchtete quasi gleichzeitig da. Das ist total praktisch, weil wir dann diesen Kreislauf quasi auch sofort vollziehen können. Das heißt, sobald Bargeld wieder da ist, freut sich der Nächste, dass er irgendwie davon profitieren kann. Und das hat den schönen Nebeneffekt, dass quasi Menschen in Kontakt treten, die sich sonst überhaupt nicht begegnen würden. Also um nur mal so eine Dimension für euch, damit ihr wisst, wie man sich das vorstellen kann. Also bei so einer Kartentauschstelle, die hat meistens zwischen einer und drei Stunden quasi geöffnet. Das befindet sich entweder in einem Stadtteil, Kulturzentrum oder in einem Laden von einem Hausprojekt. Wir haben zwei Tauschstellen auch auf dem Münchner Bauwagenplätzen gehabt. Es gibt auch in München Bauwagenplätze, sage und schreibe zwei. Und dann kommen da aber wirklich Menschen in Größenordnungen zwischen 50, 60 bis über 100 Menschen. Es ist wirklich .. Wir hatten schon Situationen, da war eine Menschenschlange, die ein bisschen über die Straße oder den Gehsteig hinweg gegangen ist. Und die Menschen sind auch nicht super entspannt, um es mal vorsichtig zu sagen, sondern wir haben, weil die Not so groß ist und weil der Druck zu groß ist, sind den Menschen teilweise halt wirklich aus den entferntesten Regionen Bayerns nach München gekommen haben irgendwie zwei drei Stunden Zugfahrt hinter sich und sind dann auch wirklich angespannt, ob es umsonst war oder ob sie auch quasi mit etwas Bargeld heimgehen können. Und deswegen haben wir bei uns dazu gemacht, dass jede Person pro Tauschstelle maximal 50 € tauschen kann. Dadurch können wir das ein bisschen steuern, wie viele Leute davon in Genuss kommen. Und Ziel ist bei uns, dass wir möglichst viele unterstützen können. #00:13:25-7#
Geraldine Mormin: Und wie erfahren Menschen von diesen von euren Karten ausstellen? Ist das Mundpropaganda? #00:13:34-7#
Matthias Weinzierl: Also wir haben zum Beginn einen Flyer gemacht in sieben Sprachen und den der hat einen QR Code der geht so eine Homepage und auf dieser Homepage sind die aktuellen Kartenstellen aufgelistet in München, aber auch darüber hinaus. Jetzt in dem Fall alle, die wir in Bayern wissen und. Aber einige Zentrale ist natürlich der Flurfunk in der Community. Die Leute geben das sehr schnell und zielgerichtet weiter. Also es funktioniert, wie gesagt, also wir haben keine Werbung geschaltet, wir haben keine großen Portale irgendwie bestückt, sondern es ist wirklich so, dass die Mundpropaganda so gut funktioniert, dass die Leute wirklich zu uns finden. #00:14:08-6#
Geraldine Mormin: Und gilt das auch in beide Richtungen? Also gibt es auch immer genug Menschen, die einen Gutschein also mitnehmen möchten und dafür Bargeld dalassen? #00:14:18-2#
Matthias Weinzierl: Ja, also wir haben wie gesagt, wir machen das seit Anfang Juli, Jetzt haben wir November. Anfang des Monats ist immer eine Katastrophe, weil dann kriegen die auch die Geflüchteten ihre neu Bezahlkarte oder wird frisch aufgeladen und deswegen ist da der Andrang relativ groß. Aber wir erfreuen uns in München einer sehr großen Unterstützung. Wir haben wirklich ein super Netzwerk. Wir haben eine Signalgruppe mit über 300 Followern und wie man das sagt, keine Ahnung. Und wir haben eine Mailingliste und das funktioniert eigentlich sehr, sehr gut. Und die Beteiligten? Es gibt halt dann zum Beispiel Buchläden oder Cafés oder Initiativen, die einfach für uns dann auch die Gutscheine abnehmen und für uns dann wieder zu Bargeld machen, so dass das nicht alles bei den Karten Tauschstellen muss und ausstellen stattfinden muss. #00:15:06-6#
Geraldine Mormin: Das heißt also, durch solche Partnerschaften habt ihr wie so ein kleines Startkapital oder könnt ihr schon mal... #00:15:13-3#
Matthias Weinzierl: Genau, weil das funktioniert natürlich nur mit. Also das ist gar nicht das Startkapital, das ist quasi das Tauschen. Aber zum Starten braucht man tatsächlich, wir nennen das immer „Spielgeld“. Das heißt, um so ein Kartentausch machen zu können, braucht man einfach mindestens irgendwie 1.500 €, damit man halt irgendwie loslegen kann. Und dieses Geld bleibt aber dann quasi auch immer im Umlauf. Das kann man dann auch nicht einfach wieder zurückzahlen, sondern mit dem arbeiten wir hier. Das ist aber verrückterweise immer gut zusammen gekommen, Also alle Initiativen und das muss man vielleicht auch sagen, unsere Kartentauschstellen, Die arbeiten unabhängig voneinander. Wir hatten ganz am Anfang so einen gemeinsamen Austausch gehabt, und dann sind Leute von uns mit Gutscheinen und Bargeld durch die halbe Stadt gefahren. Da verliert man aber relativ schnell den Überblick. So ist es bei uns. Wir helfen uns schon gegenseitig und es gibt dann immer Sonderaktionen, wo man schaut, dass man Gutscheine los bringt. Aber, aber die Stellen eine für sich, arbeiten autonom voneinander, damit wir da den Überblick nicht verlieren und das vor allen Dingen nicht irgendwo jemand auf Gutscheinen sitzen bleiben muss. #00:16:13-3#
Geraldine Mormin: Okay, das heißt jede Kartentauschstelle hat dann auch ihr eigenes Startkapital und legt dann los. Und was würdest du sagen? Also es klingt ja, es klingt fantastisch. Auch die Zahlen, die du nennst, dass das ja erst seit Sommer läuft und so, also sich ja wirklich selber trägt. Und was würdest du aus deiner Sicht sagen? Was waren so die bisher die größten Erfolge aus deiner Sicht und was waren vielleicht auch die größten Herausforderungen? #00:16:40-3#
Matthias Weinzierl: Na ja, Erfolg ist in dem Zusammenhang echt ein bisschen schwierig, weil wir versuchen, einen Notstand abzumildern, den es ohne diese bescheuerte Bezahlkarte nicht gäbe. Und eigentlich werden unsere Aufgaben, den Menschen zu einem sicheren Aufenthalt zu verhelfen, ihre Situation zu thematisieren, die Situation an der europäischen Außengrenze zu thematisieren und nicht quasi Minimalverbesserungen Um weniger mehr geht es ja nicht. Es geht ja wirklich nur, den Alltag ein bisschen zu erleichtern und ja, diese Form der Diskriminierung etwas abzumildern und zu thematisieren. Insofern Erfolg ist es wirklich nicht, aber es ist für uns insofern irgendwie ein Empowerment Tool, sag ich jetzt mal total blöd, weil wir konkret was machen können und die Gegenseite ärgert sich. Schwarz und Braun, würde ich fast sagen. Also ist es so, dass wir das ja nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit machen. Wir machen das öffentlich und wir bekommen ordentlich Gegenwind. Also es war wirklich so, dass die Konservativen und vor allem auch die rechten Kräfte sehr auf unsere Aktion reagieren. Also Erstmal gab es ein riesen Presseecho. Wir waren im Spiegel, wir waren in sämtlichen Tagespresse aus München und darüber hinaus. Wir haben wirklich ein sehr großes Echo erzeugt und Gegenwind. Also die CSU zum Beispiel hat dem Münchner Stadtrat eine Anfrage gestellt, ob man nicht den beteiligten städtischen Einrichtungen, die bei uns dabei sind, das Geld kürzen könnte. Und die AfD hat im Landtag, im Bayerischen Landtag einen Dringlichkeitsantrag gestellt, wo unser Handeln als bandenmäßige Verbrechen irgendwie tituliert wurde. Also es ist nicht so, dass wir hier auf einer Welle des Wohlwollens und der Unterstützung reiten, sondern wir stoßen schon auf deutlich Gegenwind. Aber es ist halt trotzdem was Konkretes. Und wir haben sind der festen Überzeugung, dass wir das Richtiges machen #00:18:37-2#
Geraldine Mormin: Also genau. Du hast gesprochen, es gab oder erzählt, es gab diesen Antrag, dass da den beteiligten Organisationen das mit Streichung gedroht wurde oder dass das gewollt wurde. Wie ist denn so die die gesetzliche Lage: sind diese Kartentauschstellen, Sind die legal bzw in. Es wird ja auch gegen die Bezahlkarten geklagt. Also wie ordnest du das auf so einer rechtlichen Ebene ein? #00:19:04-2#
Matthias Weinzierl: Also von Anfang an war das Bestreben relativ groß, diese Geschichte, die wir dazu machen, zu kriminalisieren. Als wir gestartet haben wir haben eine kleine Kickoff Veranstaltung in München gemacht und dann sind bei der Polizei diverse Anzeigen eingegangen und das war irgendwie für uns aber ganz gut, weil die Polizei dann über Twitter verkündet hat: Also laut Münchner Staatsanwaltschaft ist das, was die da machen, straffrei, also Legal und ähnlichen Tenor ist auch aus dem bayrischen Innenministerium gekommen. Die haben mich dann auch auf diverse Presseanfragen verkünden müssen, dass das, was da passiert, legal ist und nicht strafbar ist. Sie haben es dann kleingeredet, haben gesagt na ja, das werden die nicht lange durchhalten und das betrifft ja auch nur einen kleinen Kreis und deswegen könnte man dann etwas die Augen zudrücken. Aber der Effekt für uns ist eigentlich das Wichtigste, dass man einfach klar sagen kann, diese Form des Kartentausches ist legal. Und wir würden sogar noch einen Schritt weiter gehen und sagen, sie ist nicht nur legal, sondern sie ist auch absolut legitim und angebracht und notwendig. Und insofern werden wir das auch weiterhin machen. Genau, aber muss man sich ja auch nicht in die Tasche lügen. Wir sind natürlich nicht angetreten, um flächendeckend in ganz Deutschland die Menschen mit zusätzlichem Bargeld zu versorgen. Es würde auch keinen Sinn machen, sondern unser Ziel ist natürlich, eine Debatte zu führen und zu befeuern. Und da muss man jetzt leider auch die aktuelle, noch regierende Bundesregierung in die Pflicht nehmen, weil die haben dieses Gesetz irgendwie auf den Weg gebracht mit dieser Bezahlkarte. Die muss weg, Die ist Unsinn und das ist einfach der falsche Weg. Wir brauchen eine Gesellschaft, die geflüchtete Menschen Perspektiven eröffnet, die hier dafür sorgt, dass wir eine offene, angstfreie und solidarische Gesellschaft installieren. Und momentan erleben wir einfach, dass das politische Klima genau in die Gegenrichtung ist. Wir haben einen Rechtsruck, der quasi flächendeckend alles besetzt und die etablierten Parteien und da muss ich leider auch die euch nahestehenden Grünen mit in die Pflicht nehmen, flöten diese Töne einfach nach, in der Hoffnung, dass sie damit Wähler*innen gewinnen. Und das ist der falsche Weg und der führt in eine Katastrophe. Wir brauchen endlich mutige Aktivist*innen, aber auch Politiker*innen, die sich trauen, die Gegengeschichte zu formulieren und auch zu vertreten. Und die heißt einfach Menschen werden immer kommen, auch in dieses Land und wir müssen ihnen einen Platz in dieser Gesellschaft einräumen. Es gibt keine Alternative. Da bin ich überzeugt davon. #00:21:31-6#
Geraldine Mormin: Vielen Dank, Matthias, für die klaren Worte. Du siehst, ich weiß nicht, ob du sehen kannst. Es gibt. In einzelnen Kacheln gibt es die Applaus Hände? Ja. #00:21:40-1#
Matthias Weinzierl: Ich sehe es nicht, aber ich spüre es! #00:21:41-9#
Geraldine Mormin: Genau, bevor ich. Ich sehe all Ihre Fragen, die schon im Chat gesammelt wurden. Wir kommen da nochmal im Einzelnen drauf zurück. Nur um jetzt noch mal anzuknüpfen. Matthias Was du gesagt hast, Du hast schon ein bisschen eure Aktionen. Auch im aktuellen politischen Klima und in der aktuellen politischen Situation hast du schon ein bisschen eingeordnet. Kannst du dazu noch mal ein bisschen mehr sagen? Ihr wollt den Diskurs anfeuern, Ihr wollt also über die Bezahlkarte reden, Die Bezahlkarte soll abgeschafft werden, sagtest du. Wie ordnest du euer Engagement in der jetzigen Form, im Jetzt, in dem wir jetzt leben, wie ordnest du da euer Engagement ein? #00:22:21-9#
Matthias Weinzierl: Ja, im Prinzip habe ich das ja schon ein bisschen umrissen. Also es sind gerade keine rosigen Zeiten und es ist eigentlich wer im Bereich Unterstützung von Geflüchteten tätig ist fühlt sich zurückgeschmissen in die finstersten 90er Jahre und man hat das Gefühl, man ist gezwungen, die Diskussion immer vom Neuen zu führen. Aber es hilft ja nichts. Was sollen wir denn sonst tun? Also ich glaube, es ist ganz wichtig, kann ich euch alle nur ermutigen, zum einen die Diskussion nicht zu meiden. Und jetzt habe ich die wunderbare Situation und wir alle, dass wir wahrscheinlich größtenteils in irgendeiner Bubble uns bewegen und deswegen hoffentlich viele Gleichgesinnte um uns herum haben. Aber ich befürchte, wir müssen aus der Bubble raus. Wir müssen dorthin, wo es stinkt. Das heißt, wir müssen wirklich gucken, dass wir eben sprichwörtlich die Stadtviertel und die Straße nicht der AfD überlassen, sondern dass wir dort hingehen und dass wir dort Präsenz zeigen. Also wir haben jetzt von der Offen! Kampagne zum Beispiel auch noch andere Bereiche, also wir. Wir haben zum Beispiel mitgekriegt, dass die AfD in München, aber es wird in anderen Städten auch nicht anders sein momentan massiv versucht, die Stadtteil Kulturzentren zu nutzen. Die haben sich den Zugang hier in München erstritten und machen dort sogenannte „Bürgerdialoge“ und versuchen so quasi in die normale Gesellschaft irgendwie einzudringen und dort irgendwie ihre Position einzunehmen. Und da haben wir jetzt irgendwie diverse Gegenaktionen gemacht, sprich Gegenkundgebung und das wirklich massiv gestört. Dann organisieren wir Bürger- und Stadtteilfeste, wo wir präsent sind und einfach nur um das Feld nicht den zu überlassen, die andere Ziele verfolgen, nämlich das Gegenteil von solidarisch und offen, nämlich hasserfüllt und geschlossen. Das ist, glaube ich ganz wichtig und aus der Verantwortung nimmt uns leider auch niemand raus. Und das ist umso härter, je mehr man das Gefühl hat, das ist ein aussichtsloser Kampf. Aber irgendwo müssen wir anfangen. #00:24:19-0#
Geraldine Mormin: Absolut. Absolut. Vielen Dank. Ich fand es auch sehr schön, wie du vorher auch gesagt hast, dass es euch um eine angstfreie und solidarische Gesellschaft geht. Das ist ja nun wirklich eine Gesellschaft, in der wir, glaube ich, alle sehr gerne leben möchten. Unsere Reihe heißt ja „Vision für eine Migrationspolitik der Zukunft“ Und wenn du mal. Ich weiß, es ist manchmal ein bisschen schwer oder fühlt sich auch dann so ein bisschen blöd an aus dem Jetzt heraus, wo so vieles im Argen liegt. Aber wenn du es mal versuchst so rauszuzoomen und dir mal so eine Zukunft herholen würdest, wo du sagst, das würde Sinn machen in der Migrationspolitik, so würdest du es gerne sehen aufgrund von deinem Engagement, aufgrund von deinen Erfahrungen. Was wäre da deine Vision? #00:25:04-3#
Matthias Weinzierl: Meine politischen Anfänge liegen in der „Kein Mensch ist illegal!“ Kampagne, da komme ich her. Als ich angefangen habe mit meiner Solidaritätsarbeit, das ist wirklich lange her in den 90er Jahren, da gab es noch die Forderung nach offenen Grenzen …hört man heute mittlerweile selten. Ich glaube aber dennoch, dass wir dahin müssen. Also ich glaube, wir brauchen eine Gesellschaft, da brauchen wir sichere Zugänge, zum Beispiel in die Europäische Union. Es muss legale Wege geben, ohne sein Leben aufs Spiel setzen zu müssen, sich hierher zu bewegen. Da gab es schon mal ganz gute Ansätze, sind alle nicht Realität geworden. Aber das, was wir momentan erleben, einfach das ohne diese „survival oft he fittest“ ist zu weich. Ich mache so unüberwindbare Grenzen und dann wäre es dann dennoch schafft. Der hat vielleicht Chancen hier einen Anfang zu wagen. Der Rest hat einfach Pech gehabt. Das ist keine, keine humanistische, keine lebensbejahende Politik. Das erleben wir gerade. Wir erleben gerade irgendwie die große Politik der Egoist*innen. Wir merken gerade, dass man einfach sich von der internationalen Verantwortung komplett verabschiedet. Und ich glaube, wir müssen da alle Energien hineinstecken, wieder zu was anderen zu kommen, nämlich zu einer Gesellschaft, die dafür bereit ist, die das auch einfach auf ihre Fahnen schreibt. Und das Bittere finde ich auch immer, dass uns immer verkauft wird. Fluchtbewegungen und Migration wären was Temporäres und da müsste man jetzt nur quasi noch einen Damm höher setzen und dann ist Schluss und dann ist es vorbei. Ich weiß nicht, wie oft man es noch sagen muss. Die Menschen werden immer sich auf der Flucht befinden. Es wird nie eine Zeit geben, wo keine Leute kommen. Wann hört man endlich auf, das so zu behandeln, als wäre das irgendwie ein lösbares, temporäres Problem? Es nervt mich, es nervt mich tierisch. Warum haben wir nur temporäre Unterbringungsmöglichkeiten für Menschen immer so getan wird. Es geht jetzt um ein paar Monaten und dann ist es für immer vorbei. Das Thema. Man muss da keine feste Einrichtung schaffen. Ich bin ein großer Freund davon, das endlich mal wirklich ernsthaft anzugehen und da auch einfach ein System zu implementieren. Was Menschen einfach auch eine Perspektive bietet. Und ich finde, da sind wir wirklich Lichtjahre zurückgeworfen und es nervt hier wieder irgendwie immer die gleiche Geschichte auf dem Tisch zu bekommen und von der, man müsse einfach nur abschrecken und ein bisschen. Also ich habe neulich ein Artikel geschrieben, da habe ich immer gesagt Also „kein Stacheldraht, kein Ausreisezentrum, kein Auffanglager, irgendwie außerhalb der EU wird jemals den Effekt haben, dass keine Menschen zu uns kommen“. Das ist einfach eine Lüge. Und wer das Gegenteil behauptet, der erzählt einfach Quatsch. Also wir vermissen ja auch die Studie, die besagt Hey und sowas wie die Bezahlkarte führt zu nennenswerten Abschwächungen der Aufnahmezahlen. Irgendwas kriegen wir Nichts. Wirklich keine einzige Zahl. Man kriegt nur irgendwie so gefühlig, äh, gefühligen Sch**ß hier serviert. Entschuldigung…wir sind bei einer Stiftung! Entschuldigung. #00:27:57-4#
Geraldine Mormin: Alles gut. Alles gut. Danke, dass du das auch so klar sagst. Und vielleicht als letzte Frage von mir, bevor ich dann mal in den Chat gucke. Noch mal genauer Jetzt noch mal so, denn deine Vision so ein bisschen hergeholt. Und vorher sagtest du auch euer Engagement mit den Kartentauschstellen ist ja quasi einfach nur einen Missstand auszugleichen. Also der da ist ja noch nicht mal so, habe ich es verstanden. Ist ja noch nicht mal so ein Schritt ins Plus. Es ist nur so ein Schritt gegen das Minus. Was wäre denn für dich so ein konkreter oder vielleicht auch zwei konkrete Schritte, wo du sagen würdest, das wäre mal eine Maßnahme, Das würde in die Zukunft führen, die du dir auch wünscht. #00:28:35-9#
Matthias Weinzierl: Wo fangen wir da an? Also das grundlegendste Problem ist für die Menschen, die dann hier sind, dass sie keine Aufenthaltsperspektive haben und dass sie, dass sie über lange Zeiträume irgendwie in einem Zwischenstadium festgehalten werden, wo sie nicht wissen, was mit ihnen passiert. Und diesen Unsinn würde ich gerne beendet wissen. Also ich finde es großartig, wenn einfach einen Menschen relativ schnell eine Perspektive ermöglicht wird. Wir brauchen diese unsägliche Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften, die wir gerne mal Lager nennen, weil das irgendwie dem, wie die Dinge sich dann in Realität zeigen, gerechter wird. Also da ist wirklich in jedem Aspekt so viel im Argen, dass man gar nicht mehr wagt, da irgendwie in eine positive Richtung zu denken. Aber es tut einem einfach, wenn man. Also ich bin jetzt in dem Bereich wirklich schon sehr, sehr, sehr lang tätig und man könnte frustriert sein. Aber es ist ja so, wenn man mit den Menschen, die hierher gekommen sind, im engen Kontakt ist, ist es ja nicht so, dass wir was für die machen, sondern wir kämpfen mittlerweile zusammen. Wir sind einfach in dem Fall Genoss*innen und das ist so ein Reichtum, auf den ich nicht verzichten möchte. Das sind meine Genoss*innen oder meine Mitstreiter*innen, Das sind Leute, die es lebenswert machen in diesem Land. Wenn die nicht da wären, dann wäre es verdammt hart hier. Und deswegen ist es auch gar keine Frage. Nur es tut ein mal weh, wenn die Leute, die einem nahestehen, mit denen wir zusammenarbeiten, unter so unglaublich bedrückenden, beschissenen Lebensumständen leben müssen und sich mit so banalen Sachen Tag für Tag auseinandersetzen müssen. Und daran müssen wir was ändern. Und wir müssen. Wir dürfen sie vor allen Dingen nicht in dieser Situation alleine lassen. Und das ist ja das Schlimme an dieser Politik, dass da die Separierung so wunderbar funktioniert: Man steckt die Menschen in Sammelunterkünfte, macht einen Zaun drum, setzt die noch außerhalb der Wohnviertel, also irgendwo am Rande vom Industriegebiet am Stadtrand und sorgt dafür, dass es den Austausch nicht gibt. Meine Erfahrung ist Sobald Geflüchtete, egal welchen Status sie haben und wie schlimm es ist, mit der örtlichen Bevölkerung in einem engen Austausch, wenn es da Kontakte gibt, wenn da etwas entstehen kann, dann haben sie schon eine Chance. Egal ob es Aufenthalt geht, ob das Gesundheitsversorgung, irgendwas, dann haben sie eine Chance. Weil immer irgendjemand eine Idee hat und irgendwie ein kleines Türchen öffnen kann, sei es in Richtung Arbeitsmarkt, sei es in Richtung irgendwie Auszug aus der Unterkunft, was auch immer. Wenn sie isoliert bleiben, haben sie schon verloren. Muss man so hart sagen, dann ist es schon. Kann man sich ja selber vorstellen, wenn man selber fliehen müsste. Und jetzt irgendwo im Wald eingesperrt und keiner kann zu einem Rand, dann sind die Chancen einfach auch nicht da. Deswegen kann ich euch nur alle ermuntern, egal in welchem Bereich ihr tätig sein. Das wäre ein Feld, das ihr noch dazunehmen könnte. Schadet nicht. Also nur Suchtfaktor. Wenn man mal angefangen hat, kann man nicht mehr aufhören. #00:31:23-2#
Geraldine Mormin: Vielen Dank dir Und ich finde auch von allem was du erzählt hast, macht mir auch ein total gutes Gefühl oder gibt mir auch Hoffnung, dass ja, also euer Erfolg mit den Kartentauschstellen, dass er so viele Menschen auch sich beteiligen und da Gutscheine mitnehmen und dafür Bargeld dalassen. Das zeigt ja auch, so geht es mir. Also ich denke manchmal oh Gott, alle sind... Niemand möchte mehr progressive Migrationspolitik. Alle sind gegen irgendwelche vermeintlichen Ausländer*innen. Aber so Aktionen wie eure zeigen ja dann auch, dass das gar nicht stimmt. – Inshallah! - Ja genau, genau. Dann will ich mal in den Chat gucken und ich gehe da einfach mal durch und stell dir Matthias die Fragen. Also sind einige Fragen noch so konkret zu deinen Erfahrungen, nämlich die erste Frage: Weißt du denn was darüber? Erleben geflüchtete Menschen beim Kauf des Gutscheins mit der Bezahlkarte negatives Feedback oder können sie da in Schwierigkeiten geraten? Wenn sie jetzt zum Beispiel wie du vorher als Beispiel hattest bei Lidl einfach einen Gutschein für 50 € kaufen. #00:32:22-8#
Matthias Weinzierl: Also beim Gutschein kaufen mit der Bezahlkarte. Es ist uns nicht bekannt, dass die Leute dadurch Probleme kriegen. Ein ganz normaler Akt. Die Bezahlkarte insgesamt ist natürlich schon weil man mit dieser Karte sich einfach als Geflüchteter outet. Man wird daran erkannt. Das ist natürlich eine Form der Diskriminierung. Wenn ich mit meiner Spardacard irgendwas kaufe, interessiert es niemanden. Mit der Bezahlkarte weiß jeder Aha, da kauft ein Geflüchteter ein. #00:32:47-2#
Geraldine Mormin: Verstehe. Verstehe. Und du hattest auch den Punkt mit den kleineren Supermärkten, dass da. Die Bezahlung hatte ja nicht funktioniert. Da schreibt eine Person. Ich fand einen Punkt mit den kleineren Supermärkten spannend. Siehst du aus deiner Erfahrung heraus Möglichkeiten, hier etwas zu verbessern, diese einzubinden. #00:33:05-0#
Matthias Weinzierl: Also mit den Kleinen. Was ich gemeint habe ist halt wirklich so, wenn die Bezahlkarte bei denen nicht gilt. Also wenn die dann nicht funktioniert, wenn sie die entsprechende Technik nicht haben und dafür nicht zugelassen sind, dann geht es halt nicht. Das muss man dazu sagen, dass das eine Problem und ein Aspekt, den ich auch noch total absurd fand. Also München ist ja eher eine reichere Region und Starnberg ist noch reicher. Und da haben wir aben den Rückmeldungen von geflüchteten Personen, die in Starnberg untergebracht ist und die hat die absurde Situation, dass es dort eben keinen Discounter und sowas gibt, wo sie mit der Bezahlkarte kaufen kann, sondern nur einen teuren Biosupermarkt. Und dies ist quasi gezwungen, vor Ort teure Bioprodukte zu kaufen. Mögen ja lecker und gut sein, aber das doofe ist, sie kann halt dafür weniger Lebensmittel kaufen, wie sie für sich und ihre Familie eigentlich bräuchte. Und das ist auch einen wahnsinnigen Eingriff in die Autonomie einer Person, wenn ich nicht mehr das kaufen kann, was ich möchte und schon gar nicht mehr, zu welchem Preis ich mir das leisten möchte, sondern das bestimmt in dem Fall der Gesetzgeber. Das ist nicht gut. #00:33:57-5#
Geraldine Mormin: Und das heißt, Läden müssen sich für diese Bezahlkarte in irgendeiner Weise registrieren lassen. Das geht nicht mit einem normalen Kartenlesesystem. #00:34:06-1#
Matthias Weinzierl: Die müssen da gelistet sein. Nach welchen Kriterien das erfolgt ist, kann ich dir gar nicht sagen. Und die Bezahlkarte ist teilweise auf den Landkreis beschränkt. Das heißt, ich kann mit der Bezahlkarte nur in meinem Landkreis einkaufen. Das heißt, wenn ich an der Landkreis Grenze bin und der eigentlich große Supermarkt liegt, ist eigentlich fast näher und dann kann ich aber trotzdem dort nicht einkaufen. Unter Umständen. #00:34:27-0#
Geraldine Mormin: Verstehe, Danke dir. Weißt du, was darüber ist? Eine zwei Nächste Frage Gilt das mit der Bezahlkarte auch für geflüchtete Menschen aus der Ukraine? #00:34:36-9#
Matthias Weinzierl: Ähm, da bin ich jetzt exakt überfragt. Also wir hatten tatsächlich schon jemand mit Gutscheinen aus der Ukraine, aber ich glaube, die sind momentan noch nicht betroffen. Das weiß ich aber nicht hundertProzentig. Weiß vielleicht jemand im Chat besser Bescheid? Also mir ist es nicht bekannt, dass die schon auf Bezahl umgestellt sind. Die haben ja ein bisschen einen besseren Status. Deswegen glaube ich, sind die noch nicht betroffen. Das weiß ich aber leider nicht. Da meldet sich jemand, die weiß vielleicht die Caroline ja Hi. #00:35:01-5#
Teilnehmende: Erst mal kurz dazu. Ich bin auch in Niedersachsen und wir hatten das auch schon diskutiert hier und bei den Menschen aus der Ukraine. Die bekommen ja in der Regel 24 Aufenthaltsgesetz, also einen anderen Aufenthaltstitel, Die durchlaufen gar nicht das reguläre Asylverfahren und die Bezahlkarte soll ja erst mal für die Menschen eingesetzt werden, die im regulären Asylverfahren sind, also unter Asylbewerberleistungsgesetz fallen. Deswegen ist das dann noch mal was anderes. #00:35:24-8#
Geraldine Mormin: Vielen Dank für die Ergänzung. Vielen Dank! Sehr schön, wie wir hier das Wissen gemeinsam zusammentragen. Genau eine Frage zu den Herausforderungen. Eine weitere, nämlich Carmen schreibt: Ich weiß, dass es manchmal schwierig ist, für die passenden Gutscheine die Leute zu finden, die sich dann auch, die sich gerne an den der Aktion beteiligen möchten, obwohl ja die Aktion für alle zugänglich ist, aber tendieren wohl eher wohlhabende Personen dazu, daran teilzunehmen. Und konkret heißt es In der Gegend, in der geflüchtete Menschen wohnen, sind vielleicht eher Penny, Lidl und Aldi vorhanden, aber die Menschen, die eben Bargeld bringen möchten und ein Gutschein in Anspruch nehmen möchten, möchten eher Gutscheine für Rewe oder Bioläden erhalten. Wie ordnest du das ein? Wie geht ihr damit um? #00:36:15-0#
Matthias Weinzierl: Na ja, den Widerspruch kann man nicht so ganz auflösen. Also natürlich würden unter den Leuten, die Geld haben, die hätten lieber Gutscheine von Edeka und Rewe. Und die Gutscheine die wir bekommen sind größtenteils dann auch irgendwie von Lidl oder Aldi gar nicht mehr so viel. Hängt ein bisschen darauf an, was in der Nähe der Unterkunft für Supermärkte sind. Wir sind natürlich nicht irgendwie überall gleichmäßig verteilt, sondern das ist..ist aber eigentlich jetzt kein wahnsinnig großes Problem, muss man sagen. Also wenn man beim Kartentausch arbeitet, erfährt man sehr viel über die Einkaufsgewohnheiten von den Mitbürgern. Und dass ich den Spruch so „ich oute mich mal, ich kaufe beim Lidl und ich schäme mich“ oder so, den habe ich schon öfters gehört, aber also da das jetzt schon so lange läuft, können wir sagen Also, das kriegen wir ganz gut hin. Und das ist ja dann auch eine bewusste Entscheidung. Also dann sagen okay, dann machen wir halt den nächsten Großeinkauf halt mal in so einem blöden Discounter, weil es egal ist oder egal ist es ja auch nicht. Also es ist ja total doof, dass wir auf diese Art den Supermärkten oder den Discounterketten so zusätzliche Einnahmen verschaffen. Also die freuen sich wahrscheinlich sogar. Aber was die Aktion betrifft, muss man da ein bisschen über seinen Schatten springen. Und wir haben relativ viele, so eben so eine Hausgemeinschaft, wo jemand dann im Haushalt dann die Gutscheine sammelt, dass man, äh, ich mache das, ich arbeite in der Schule, Ich mache das dann einmal die Woche im Teamraum und dann an die Kolleg*innen und was weiß ich. Und wenn man mal irgendwie für einen Hunderter, so ein Gutschein sich holt und denkt, der nächste Großeinkauf kommt eh. Das können sich die meisten vorstellen und. Also wie gesagt, es läuft eigentlich recht gut und es sind nicht unbedingt die Leute, die viel Geld haben, die bei uns mitmachen. Also es ist schon eher so, dass es völlig verrückt ist, dass gerade eher so eben wir haben in München halt so ein linkes Stinker Netzwerk, sage ich mal, also eben diese Bauwerken Plätze. Wir haben so ein solidarisches Café und ein Hausprojekt und das ist schon so ein bisschen die Basis, das sind die, die, die sich dafür stark machen und immer gucken, dass sie Gutscheine wieder loswerden. Und dann haben wir so ganz absurde Sachen. Also es gibt zum Beispiel die FC Bayern Ultras, Ja, die machen ein Kartentausch in der Fankurve in der Allianz Arena und kassieren da bei den Fußballfans ab. Wir werden dieses Jahr zum Ersten Mal auf irgendwelchen Weihnachtsmärkten irgendwie mit den Gutscheinen präsent sein. Man kann auch mal bei einer Kundgebung gegen die AfD, das haben wir gemacht übers Mikro einen solidarischen Kartentausch mal ankündigen und dann unter den Demonstrant*innen einfach haben wir alle losgeworden. Also wir werden ja kreativ und es funktioniert eigentlich immer besser. Eigentlich eher. #00:38:38-5#
Geraldine Mormin: Ja, super. Genau. Es gab im Chat auch noch den Hinweis aus Hamburg, dass es da alle möglichen von Gutscheinen für alle möglichen Marken gibt und dass man die sogar gezielt in Hamburg vorbestellen kann. #00:38:51-4#
Matthias Weinzierl: Kann man bei uns mittlerweile auch machen. Wir verschicken die auch. Also wir haben dann die taz Redaktion hat uns mal eine größere Stapelgutschein abgenommen, dann haben wir die auch mal nach Berlin geschickt. Also wir gehen uns die Idee nicht aus. Aber es ist halt wirklich so ein kleiner Wettbewerb zwischen den verschiedenen Kartentauschstellen, weil man natürlich jeder, jeder schaut, wie er seine Gutscheine wieder loswerden kann. #00:39:13-5#
Geraldine Mormin: Ja, im Vorgespräch zwischen mir und Carmen hatten wir auch die Erfahrung geteilt, dass es ja auch möglich ist, das in der Familie auch zu tauschen. Also wenn man nicht den Laden in der Nähe hat oder man da nicht einkaufen will, dass auch quasi Familienfeste eine gute Gelegenheit sind, so ein paar Gutscheine loszuwerden, weil sich vielleicht doch jemand aus der Familie sehr darüber freut. Es gibt noch eine Meldung im Chat, eine Frage. Ich lese einfach mal vor. Eine Person schreibt Ich halte die Tauschaktion für sehr unterstützenswert, gleichzeitig aber auch in Anführungszeichen nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“. Mich würde interessieren, wie die sonstigen Aktionsformen genauer aussehen. Stellen die Tauschläden auch eine Möglichkeit da, sich besser mit der migrantischen Community gemeinsam zu organisieren? Ich glaube, das hattest du vorher auch schon ein bisschen angerissen, dass es eben auch ein Ort ist. Matthias In deiner Erfahrung, wo sich Menschen treffen, die sich sonst nicht treffen. Kannst du darüber noch ein bisschen berichten? #00:40:08-9#
Matthias Weinzierl: Also das mit dem Tropfen auf dem heißen Stein würde ich komplett unterschreiben. Also das ist einfach so, das ist wie gesagt, Wir versuchen einen Missstand etwas abzumildern, aber es ist nichts wirklich, was progressiv irgendwie in die richtige Richtung zeigt, sondern es ist wirklich ein Reagieren. Also ich sage mal, es gibt einen Nebeneffekt, den ich gar nicht so unwichtig finde. Also das Netzwerk, das bei uns diesen Kartentausch macht, das ist sowas von divers. Und da arbeiten Gruppen zusammen, die bis vor kurzem sich gegenseitig noch in die Nasenhaare gegangen werden, um es salopp zu sagen. Und das finde ich wahnsinnig gut. Also es sind quasi Unterschiede und Vorbehalte werden einfach mal zur Seite genommen, weil man ein pragmatischen Grund hat, was zusammen zu machen. Und das ist eigentlich wahnsinnig cool. Also das ist ein Effekt. Wir sind weit im bürgerlichen Lager, würde ich mal sagen. Kommen wir mit der Aktion, aber auch bis zu den linken Außenrändern. Und das ist wirklich ein sehr respektvoll und guter Umgang. Während wir hier reden, ist im Nebenraum ist gerade eine größere Zoom-Konferenz, wo es um die um die Praxis von dem Kartentausch geht. Und das funktioniert gut. Wir treffen uns auch regelmäßig und wir erschließen immer neue Regionen. Das ist gut. Wir überlegen auch gerade, was wir juristisch machen können, weil wir haben ja tagtäglich Kontakt mit mindestens 50-60-70 Betroffenen. Wir haben, wir sind an den Einzelfällen und wir würden gerne als nächsten Schritt einfach mal gucken. Es gab ja schon ein paar Eilklagen gegen die Bezahlkarte und vor allem gegen auch diese Limitierung von Bargeld. Und wir überlegen uns jetzt auch wirklich, ob wir nicht gegen die Bezahlkarte generell einfach mal auch den Weg einer Klage dagegen wagen. Es gibt ja schon ein paar. Das finde ich ganz, ganz wichtig. Und dann darüber hinaus geht es halt jetzt. Also es entsteht immer so ein bisschen Beifang, weil man natürlich dann auch die anderen Probleme der Menschen aus den Unterkünften kriegt. Wir kriegen mit, wie groß die Not ist in den verlassenen, oder in den abgelegenen Unterkünften. Die Menschen sind plötzlich in der Nähe von uns und das ist eine ganz gute Basis und wir sehen uns wöchentlich, täglich. Das ist gut so! Also das ist wirklich ein guter Nebeneffekt. Und also wir sagen immer, wir wissen ja nur, wir sind keine Organisation, wir sind kein Verein, sondern wir sind wirklich nur ein Netzwerk, das zusammen eben an diesem Thema arbeitet. Aber wir werden dieses Jahr auch noch. Also wir machen Anfang nächstes Jahr eine Klausur und gucken dann eben auch, wie wir uns in anderen gesellschaftlichen Bereichen irgendwie einsetzen können. Und das, was wir hier erarbeitet haben, unsere Materialien. Wir haben jede Menge Sharepics, und wir haben auch das Konzept. Das stellen wir auch die ganze Zeit. Jeden Tag meldet sich irgendeine Region in Deutschland, sagt, sie wollen das auch machen und die kriegen dann einfach das Material und unser Wissen quasi frei Haus. Und wir freuen uns über jede Nachahmer*in und hoffen, dass wir dadurch einfach ein bisschen Füße auf den Boden bekommen. #00:42:46-8#
Geraldine Mormin: Und dann stelle ich noch mal vielleicht eine meiner letzten Fragen. Ist natürlich so ein bisschen das sehr auch persönlich, aber ich stelle sie mal Matthias und bin mal gespannt, was du antwortest, wenn du aus deinem Engagement, aus deinen Erfahrungen jetzt so in die nächsten Monate guckst Wie geht es dir so? Wenn du also politisch, wenn du in die nächsten Monate, was jetzt auf uns zukommt mit der Wahl und wie schätzt du das ein? Wie blickst du in die Zukunft? Bist du optimistisch? Bist du gar nicht optimistisch? Wie geht es dir? #00:43:21-0#
Matthias Weinzierl: ..Das wird jetzt ein harter Ritt jetzt in den letzten Minuten. Ich bin natürlich nicht optimistisch, ganz im Gegenteil. Also, es ist momentan alles andere als lustig ist egal, wo man hinschaut. Schaut man über den Teich nach in die USA. Schaut man auf die kommende Bundestagswahl, schaut man auf die zurückliegenden Landtagswahlen. Es ist mehr als alarmierend und es ist sehr, sehr, sehr frustrierend und drückend. Fast schon, also. Mir geht es jedenfalls so, es macht es schon nicht einfach, sondern es ist wirklich so dass man Angst hat. Also auch ich habe Angst und es belastet einen. Ich habe mit Leuten zu tun, die sich tatsächlich schon überlegen, wo sie denn dann hin auswandern und wo das alles hingehen soll und die wirklich berechtigte Angst haben. Und ich finde, die einzigste wirklich gute gute Hausmittel gegen Angst ist aktiv zu werden und was zu machen. Und ich hatte mit dem einen Kumpel, der irgendwie bei der taz arbeitet, irgendwie ein längeres Gespräch auch zu so einer Veranstaltung. Und da hat er den schönen Satz gesagt „Jetzt müssen wir, glaube ich, alle eng zusammenstehen“. Und ich glaube, das ist genau. Klingt jetzt wahnsinnig nach Kirchentag, meine ich aber gar nicht so! Ich glaube, dass wir jetzt wirklich uns eng zusammen stellen müssen und uns in diesen Wahnsinn irgendwie gemeinsam gestärkt entgegenstellen und wirklich konstruktiv und pragmatisch zusammenarbeiten und zu gucken, was wir verhindern können, was irgendwie geht. Das, glaube ich, ist das Gebot der Stunde. Und das machen wir aber natürlich auch mit jeder Menge Spaß und Blödsinn und natürlich auch so, dass wir wissen, dass wir es für die richtige Dinge tun. Also ich glaube, das ist auch noch ganz wichtig. Wir dürfen uns nicht verhärmen lassen, Wir dürfen uns nicht verbittern lassen. Egal wie hart diese ganze Situation ist und das ist unglaublich wichtig. Einfach weil nur so und nicht anders. Also ihr sollt jetzt nicht niedergeschlagen aus diesem Treffen rausgehen, sondern ihr sollt euch ermutigt fühlen, selber was zu machen, anstatt ist eh klar was ich will. Und ja, so soll es sein. #00:45:22-3#
Geraldine Mormin: Ja, vielen Dank. Danke dir, Matthias. Ja und ich glaube, es hat mich auch noch eine Nachricht erreicht, um so vielleicht auch noch mit etwas Empowernden abzuschließen. Dass berichtet wurde, dass man aus eigener Erfahrung, dass man auch in solchen Kartentauschsstuben ja auch einfach quasi in Vorkasse gehen kann und einfach viele Gutscheine da mitnehmen kann und die dann auf Familienfeiern oder irgendwelchen privaten Kontexten, Veranstaltungen, die dann quasi verteilen kann und sicher das Geld dann auch per PayPal oder wie auch immer wieder zurückholen kann. Also man kann da seine eigene kleine Kartentauschaktion auch draus machen. Vielleicht als letzter praktischer Tipp und dann kommen schon die Danksagungen in den Chat. Danke für die schönen und offenen Worte und danke an Matthias und an die Organisatorin. Ja, sehr gerne. Vielen Dank Dir, Matthias, wirklich für diese wirklich sehr konkrete Vorstellung dieser sehr konkreten Aktion. Und ich fand es sehr berührend, dass du auch immer wieder betont hast: diese Dinge, die tun. So habe ich dich verstanden, Dein Engagement. Du tust das auch nicht nur für andere Menschen, sondern auch für dich. Weil es dir viel gibt, weil es auch Spaß macht. Und genau vielen Dank dafür. Dein, dein Engagement und deine Kraft. #00:46:37-2#
Carmen Romano: Herzlichen Dank fürs Zuhören, wenn auch Du möchtest, dass diese Visionen Realität werden, müssen diese Inhalte ein breiteres Publikum erreichen. Abonniere deshalb unseren Podcast. Teile den Link zu Folge mit deinen Freund*innen und deiner Familie usw. Jeder Klick hilft! Wenn du weitere Folgen hören möchtest, findest du alle unter. „Es geht auch anders!“ in jedem Podcast App deiner Wahl oder auf Heimatkunde.de der migrationspolitischen Portal der Heinrich Böll Stiftung. Der Link findest du wie immer in den Shownotes und auch live geht es weiter, voraussichtlich ab Mai. Das Programm unserer Live Online Diskussion findest du im Böll.Kalender ebenfalls in den Shownotes. Bis zum nächsten Mal und bleib solidarisch. #00:47:17-0#
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