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Altern in der Migrationsgesellschaft

Eine Facette des demographischen Wandels ist, dass immer mehr Menschen mit Zuwanderungsgeschichte ins Rentenalter kommen. Im „Europäischen Jahr des aktiven Alterns“ beleuchtet das Dossier die Lebenssituation älterer MigrantInnen in Deutschland.

Die Lebenssituation älterer MigrantInnen

Die Gruppe der älteren MigrantInnen wächst kontinuierlich. Wie stellt sich die sozio-ökonomische Situation der Zugewanderten im Alter dar? Finanzielles und soziales Kapital sind wichtige Voraussetzungen für Lebensqualität und gesellschaftliche Partizipation.

Das Konzept des „Aktiven Alterns“ zielt auch darauf, ältere Menschen länger im Berufsleben zu halten. In dieser Hinsicht wird es für ältere MigrantInnen besonders schwer, denn sie sind schon in jüngeren Jahren häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen. Wie kann man dieser (doppelten) strukturellen Benachteiligung entgegenwirken?

Für ein zufriedenes Leben im Alter stellen Familienbeziehungen sicher einen wichtigen Faktor dar. Inwieweit Kinder aus Migrantenfamilien ihre Eltern mehr unterstützen und pflegen als die Kinder Einheimischer, war lange Gegenstand von Spekulationen und Vorannahmen. Hier lohnt sich ein differenzierter Blick. Denn für „Solidarität zwischen Generationen“ brauchen alle Familien – ob mit oder ohne Migrationshintergrund – unterstützende Angebote und Dienste. 

Natürlich empfangen ältere MigrantInnen nicht nur Hilfe, sondern sie helfen auch selbst. Im Familienverbund kümmern sie sich zum Beispiel um die Enkelkinder. Auch jenseits der Familie tragen ältere Zugewanderte mit ihrem freiwilligen Engagement zum gesellschaftlichen Leben bei.

Gesundheitliche Versorgung und kultursensible Altenhilfe

Viele MigrantInnen kamen in einem guten Gesundheitszustand nach Deutschland. Die Belastungen der Migration, schwere körperliche Arbeit und andere Faktoren führen dazu, dass die Zugewanderten mit zunehmendem Alter deutlich öfter als die Einheimischen von gesundheitlichen Problemen betroffen sind. Präventive Maßnahmen speziell für diese Menschen sind nötig (siehe hierzu DOSSIER Migration und Gesundheit ).

Die Zugewanderten der ersten Generation kommen nun zunehmend in ein Alter, in dem sie Dienste der Altenhilfe und Pflege in Anspruch nehmen müssen. Doch MigrantInnen nutzen diese Angebote weniger als deutsche SeniorInnen. Es mag Hemmnisse geben, die auf Sprachproblemen beruhen. Aber auf der anderen Seite müssen sich auch die Einrichtungen und Organisationen fragen, wie sie sich auf eine zunehmend interkulturelle Kundschaft einstellen können.

Bereits 2002 wurde das Memorandum für eine kultursensible Altenhilfe verabschiedet, damals mit dem Schwerpunkt auf der Altenpflege. Zehn Jahre später kann jedoch noch immer nicht von einer kultursensiblen Regelversorgung die Rede sein. Es gibt zwar vermehrt kultursensible ambulante Pflegedienste, aber im stationären Bereich gibt es bislang nur wenige Einrichtungen, die der kulturellen Heterogenität gerecht werden.

Aktives Altern – Projekte von der lokalen bis zur EU-Ebene

Der Faktor Wohnen ist zentral für ein möglichst selbstständiges Leben im Alter. Die Vorstellung, Migrantenfamilien würden ihre alten Familienangehörigen in Mehrgenerationenhaushalten mitversorgen, ist nicht mehr zeitgemäß. Auch hier sind Alternativen gefragt – etwa für PendlerInnen oder auch für Menschen, die mit Älteren ihrer eigenen Community zusammenleben möchten. Wichtig ist auch die Infrastruktur im Wohngebiet. Dabei ergeben sich nicht nur spezielle Bedürfnisse der älteren MigrantInnen, sondern auch Dienstleister etwa im Gesundheitsbereich können sich hier neue Kundengruppen erschließen.

Zahlreiche Angebote der Altenhilfe bieten Beratung, Freizeitaktivitäten und Geselligkeit. Aber ältere Zugewanderte nutzen diese deutlich seltener. Auch hier kann eine interkulturelle Öffnung helfen, Zugangsbarrieren abzubauen und so zu einer besseren Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund zu kommen. Dabei ist es wichtig, die MigrantInnen gleichberechtigt zu behandeln und sie immer wieder nach ihren eigenen Wünschen und Vorstellungen zu befragen.