Schwerpunkt
Drei Jahre nach Hanau
Zwischenbilanz und Konsequenzen
Der rechtsterroristische Anschlag in Hanau, bei dem ein Rassist neun junge Menschen ermordete und danach seine Mutter und sich selbst tötete, jährt sich am 19. Februar 2023 zum dritten Mal. Der Hanauer Anschlag geschah nur wenige Monate nach dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und dem antisemitischen und rassistischen Attentat in Halle. Er löste eine längst überfällige Debatte über die Bedrohung unserer vielfältigen Gesellschaft und unserer Demokratie durch rechte Gewalt aus. Dabei wurde auch immer dringender die Frage gestellt, welche rechten Strukturen und ideologischen Allianzen solche Gewalttaten ermöglichen.
Gleichzeitig gerieten die Sicherheitsbehörden selbst immer wieder in die Kritik, den Rassismus in den eigenen Reihen nicht konsequent genug zu bekämpfen und Fehler aus der Vergangenheit, insbesondere im Umgang mit Angehörigen, Überlebenden und Betroffenen rechter Gewalt, zu wiederholen. Seit 2021 beschäftigt sich ein Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags mit der Frage, ob es vor, während und nach der Tat in Hanau zu Behördenversagen gekommen ist. Angehörige, Überlebende und Unterstützer:innen setzen sich noch immer für Aufklärung, Gerechtigkeit, Konsequenzen und ein würdiges Erinnern an Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov ein.
Die neue Bundesregierung hat sich die Bekämpfung von rechter Gewalt auf die Agenda gesetzt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser bezeichnet Rechtsextremismus als die „größte extremistische Bedrohung unserer Demokratie“ und legte im März 2022 einen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus vor. Darin werden ein ganzheitlicher Ansatz und eine ressortübergreifende Gesamtstrategie für die Bekämpfung von Rechtsextremismus angekündigt. Doch wie steht es um die Umsetzung der bisher geplanten Maßnahmen?
In der Veranstaltung „Drei Jahre nach Hanau“ am 16. Februar 2023 diskutierten wir gemeinsam mit Expert:innen aus Wissenschaft, Politik, Zivilgesellschaft und Behörden über rechte Bedrohungsallianzen, den Umgang mit Opfern, Angehörigen und Betroffenen rechter Gewalt und ziehen eine Zwischenbilanz der politischen Konsequenzen seit Hanau.
Video-Mitschnitt und Podcast
16.02.23 | 16-19:30 Uhr | Heinrich-Böll-Stiftung Berlin
Moderation: Sabine am Orde - Innenpolitische Korrespondentin der taz
Einführung & Begrüßung
Bastian Hermisson – Leitung Bereich Inland, Heinrich-Böll-Stiftung
Mekonnen Mesghena – Leitung Referat Migration & Diversity, Heinrich-Böll-Stiftung
Video-Botschaften aus Hanau
Serpil Temiz Unvar - Gründerin der Bildungsinitiative Ferhat Unvar in Hanau; Mutter von Ferhat Unvar
Said Etris Hashemi - Überlebender und Bruder von Said Nesar Hashemi
Vortrag & Gespräch
Prof. Wilhelm Heitmeyer - Soziologe und Rechtsextremismusforscher, Autor von dem Buch „Rechte Bedrohungsallianzen“
Literarische Beiträge
Nadire Y. Biskin - Schriftstellerin (u.a. "Ein Spiegel für mein Gegenüber")
Esther Dischereit - Schriftstellerin (u.a. "Hab keine Angst, erzähl alles!")
Panel I: Umgang mit Opfern, Angehörigen, Betroffenen
Ibrahim Arslan - Aktivist & Bildungsreferent, Überlebender des Anschlags in Mölln
Esther Dischereit - Schriftstellerin (u.a. "Hab keine Angst, erzähl alles!")
Liisa Yasmin Pärssinen - Leitung von Response Hessen - Beratung für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt
Turgut Yüksel MdL - Integrationspolitischer Sprecher der SPD Landtagsfraktion (Hessen) und Mitglied im Untersuchungsausschuss Hanau
Panel II: Bilanz der politischen Maßnahmen zur Bekämpfung von rechtem Terror und Rechtsextremismus
Misbah Khan MdB - Bündnis 90/Die Grünen, Mitglied im Innenausschuss
Elisabeth Kaiser MdB - SPD, Sprecherin Arbeitsgruppe Strategien gegen Rechtsextremismus
Stephan J. Kramer - Präsident des Amtes für Verfassungsschutz Thüringen
Sicherheit für alle!
Rechten Terror bekämpfen und die offene Gesellschaft schützen